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Mit Liebe zur Vielseitigkeit: Frank Neuer und sein Engagement für die Leichtathletik

© privat
Das Wettkampfgeschehen der Sommersaison ist bereits in vollem Gange, viele Athletinnen und Athleten reisen von Meeting zu Meeting, von Meisterschaft zu Meisterschaft. Damit dies möglich ist, braucht es vor allem all die fleißigen Helfer im Hintergrund. Stellvertretend stellen wir einen von ihnen heute wieder etwas näher vor: Frank Neuer.
Jane Sichting

In der Leichtathletik-Familie ist Frank Neuer den Meisten in seiner Rolle als Kampfrichter bekannt – sowohl regional als auch international. Dabei kommt der Berliner vielmehr aus dem organisatorischen Bereich, den er im Anschluss an seine eigene aktive Zeit als Athlet für sich entdeckt hatte.

Bereits in der 3. Klasse schickte ihn eine Lehrerin, der sein Talent im Weitsprung aufgefallen war, zum Leichtathletiktraining in einen örtlichen Verein. Und da Frank Neuer ohnehin nicht der größte Fan von Mannschaftssportarten war und es ihn auch nicht wie seine Mitschüler zum Fußball zog, ist er einfach dabeigeblieben.

Leichtathletik ist abwechslungsreich und nie monoton

Mit leistungsorientiertem Training schaffte es der Berliner dann als Hürdenläufer immerhin bis zu Deutschen und den Norddeutschen Meisterschaften. Was ihn an der Leichtathletik bis heute fasziniert, ist zum einen der Zusammenhalt in der Gruppe, obwohl jeder auf sich selbst gestellt und ein Einzelkämpfer ist, und zum anderen die Vielfältigkeit.

„Hier geht es nicht nur um die eine Sache, etwa einem Ball hinterherzulaufen. In der Leichtathletik passiert Vieles parallel, sie ist sehr abwechslungsreich“, sagt Frank Neuer. Und das bezieht sich für ihn nicht nur auf den Sport selbst, sondern auch auf seine ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Je komplexer das Event, desto faszinierender die Organisation

Als sich seine Trainingsgruppe damals aufgelöst hatte, wechselte Frank Neuer den Verein und engagierte sich fortan vor allem im organisatorischen Bereich, etwa im Wettkampfbüro. Bis heute sieht er das auch als sein Steckenpferd an und er hat großen Spaß daran, Veranstaltungen zu organisieren. 

Inzwischen gehört er auch international immer wieder zum festen Organisationsteam, erlebte unter anderem die beiden Heim-Europameisterschaften in Berlin 2018 und in München 2022 von der Pike auf hautnah mit und ist auch beim Berliner ISTAF mit dabei.

„Es ist faszinierend, wie und dass am Ende alles funktioniert, auch wenn die Organisation noch so komplex ist – etwa bei internationalen Veranstaltungen. Je höher das Event, desto komplexer die Organisation und das ganze Drumherum“, schwärmt er.

Professionalität im Ehrenamt

Wovon er immer wieder beeindruckt ist, sind all die Freiwilligen, die sich in ihrer Freizeit für den Sport engagieren: „Bei einer Veranstaltung wie der EM bist du auf einen unheimlich großen Stamm an Ehrenamtlichen angewiesen. Und trotzdem ist es eine hochprofessionelle Veranstaltung, bei der es um viel Geld und Fernsehrechte geht.“ 

Als Beispiel nennt er unter anderem das Platzbau-Team, welches zum Teil vom einen auf den anderen Tag das gesamte Stadion umbauen muss und auch zwischen den Früh- und Abendsessions beeindruckende Arbeit leistet. Oder auch all die Kampfrichter, zu denen er ebenfalls gehört.

Denn obwohl er es für sich selbst nie in Betracht gezogen hat, sich zum Kampfrichter ausbilden zu lassen, ist er seit Anfang des Jahres einer nur 25 Referees, die neu in das World Athletics Referee Gold Level berufen worden sind. Das ist die höchste internationale Stufe, die ein Kampfrichter erreichen kann. 

Quereinstieg in das Kampfrichterwesen

Rückblickend sagt Frank Neuer, dass er im Kampfrichterwesen eher ein Quereinsteiger war und sich fast schon aus der Not heraus vor der WM 2009 in Berlin dazu hat überreden lassen, an einer damals vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) gestarteten Offensive für einen sogenannten NTO-Kader teilzunehmen. Die Abkürzung steht für „Nationale Technische Offizielle“ und bezeichnet Kampfrichter, die deutschlandweit eingesetzt werden können. 

„Jeder Landesverband sollte damals vier Personen schicken. Und weil es hieß, dass dies nicht nur Kampfrichter, sondern auch Leute aus dem organisatorischen Bereich sein können, habe ich mich locken lassen“, erinnert sich der heute 50-Jährige. Schließlich sei er etwas enttäuscht gewesen, als es dann doch nur um das Kampfrichterwesen ging und er die Regelkunde lernen musste. 

Aufstieg zum WA Gold Referee

Doch spätestens mit der folgenden schriftlichen und mündlichen Prüfung war sein Ehrgeiz geweckt. Denn während er sich immer mehr in die vielfältigen Regeln und deren Interpretation vertiefte, merkte er, dass ihm auch das sehr viel Spaß bereitet und es ein spannendes Gebiet ist, das er so gar nicht auf dem Schirm hatte.

Über die Jahre hinweg absolvierte Frank Neuer regelmäßig die fälligen Auffrischungskurse, stieg vor der EM 2018 in das Panel der Internationalen Technischen Offiziellen (ITO) des europäischen Leichtathletikverbandes auf und wurde im Zuge einer Umstrukturierung beim Weltverband schließlich von European Athletics für die höchste Kampfrichter-Ebene vorgeschlagen. Seit Anfang des Jahres gehört er nach erfolgreicher Prüfung zum erlesenen Kreis der World Athletics Referee Gold.

Zwischen Vertrautheit und Vertrauen

Abgehoben ist er deswegen aber keinesfalls. Anstatt sich nur noch die erstklassigen Events in attraktiven Ländern herauszupicken, bleibt er dem Ehrenamt auf Vereinsebene – hier sogar zusätzlich noch als Schatzmeister des VfV Spandau 1922 – weiterhin treu und weiß auch die Vorteile beider Welten entsprechend zu schätzen. 

„National kennst du nicht nur viele Leute aus allen möglichen Bereichen, sondern auch das ganze Drumherum. Das ist alles etwas vertrauter“, sagt er. Und weiter: „International ist das anders, da kennst du, wenn du Pech hast, noch gar keinen. Dann kommst du in ein Kampfrichter-Team, in dem du dich darauf verlassen musst, dass dieses Team funktioniert. Das ist schon herausfordernder, da du die Leute nicht kennst und das Vertraute fehlt.“

Die Belohnung für die Investition

Was ihn bis heute dazu antreibt, neben seiner beruflichen Tätigkeit – Frank Neuer ist technischer Angestellter im Bereich Maschinenbau an der TU Berlin – unzählige Stunden im Ehrenamt für die Leichtathletik zu investieren, ist in erster Linie der Spaß an der Tätigkeit sowie das große Interesse sowohl an der Organisation als auch am Kampfrichterwesen mit der umfangreichen Regelkunde.

Neben einer gewissen Neutralität und der sogenannten „Schiedsrichterehre“ sieht er als Voraussetzung für sein Engagement vor allem, dass ihm der Sport am Herzen liegt. „Der Vorteil am Ehrenamt ist, dass du die Möglichkeit hast, international ganz dicht an die Athleten ranzukommen. Wenn du Zeit investierst und Spaß daran hast, hast du zum einen die Chance, große Events hautnah mitzuerleben – die du als Athlet vielleicht nie erreicht hättest –, und zum anderen bist du am Puls der Zeit und bekommst richtig intensiv etwas von der Veranstaltung mit“, sagt er über seine Motivation.

Gefühl des Zusammenseins und neue Perspektiven

Zudem betont er, dass die Leichtathletik ohne das Ehrenamt nicht funktioniert und kein Wettkampf ohne Kampfrichter durchgeführt werden kann. „Wir brauchen die Leute“, sagt er. Und erzählt stolz, wie sehr er es schätzt, dass sich auch ehemalige Top-Athleten wie die Weitsprung-Ikone Heike Drechsler oder Kugelstoßer Ralf Bartels zum Kampfrichter ausbilden ließen, um etwa bei der EM 2018 in Berlin die Sandgrube zu haken oder 2022 bei der EM in München bei den langen Wurfdisziplinen wie Diskus, Hammer und Speer die Rückhol-Fahrzeuge für die Wurfgeräte zu steuern.

„Als ich mit den beiden gesprochen hatte, haben beide davon geschwärmt, wie viel Spaß das macht, dabei zu sein und ein solches Event mal aus einer anderen Perspektive zu sehen und das Feeling und Zusammensein mitzuerleben“, erzählt Frank Neuer.

Bei der EM in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) wird der Berliner in diesem Jahr genauso wenig dabei sein wie bei den Olympischen Spielen in Paris (Frankreich) im August. Traurig ist er darüber aber nicht, vielmehr freut er sich auf die U18-EM in Banská Bystrica (Slowakei) sowie auf das ISTAF Berlin und 2025 auf seine Aufgabe als Wettkampfleiter – auch „Technical Deligate“ genannt – beim European Throwing Cup auf Zypern, für den er vom europäischen Leichtathletikverband eingesetzt wird. 

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