Die Leichtathletik für Kinder hat sich im Jahr 2013 grundlegend verändert und ist heute unter dem Begriff „Kinderleichtathletik“ als Teamwettbewerb für Jungen und Mädchen bekannt. Diese stößt seitdem auf der einen Seite auf große Zustimmung und Interesse und auf der anderen Seite auf Ablehnung und Ignoranz, wie verschiedene Umfragen und Forschungsergebnisse bereits zeigten. Das ist kein Zwiespalt, der lediglich das Vereinswesen betrifft, sondern ebenso die Dimensionen der schulischen Leichtathletik. Vielen Lehrerinnen und Lehrern ist auch heute, sieben Jahre nach der Einführung des neuen Konzeptes, noch nicht bewusst, dass sich diesbezüglich eine Änderung vollzogen hat und es wird an altbekanntem Wissen festgehalten. Daher erachten es die Dozentinnen und Dozenten/Lehrbeauftragten des Instituts für Sportwissenschaft und Motologie der Philipps-Universität Marburg im Bereich Leichtathletik als sehr wichtig, ihre Studierenden in das Konzept und Wettkampfwesen der Kinderleichtathletik der umliegenden Vereine einzubinden und ihnen dieses näherzubringen. In den Kreisen Waldeck-Frankenberg und Marburg-Biedenkopf wurde die Kinderleichtathletik von Beginn an positiv angenommen und trifft auf große Zustimmung. Nicht zuletzt dadurch ist es überhaupt möglich, dass Studentinnen und Studenten sinnvoll in das Konzept und das Wettkampfwesen integriert werden können. Daraus resultiert eine Win-win-Situation: „Immer wieder wurde von Vereinsseite betont, wie gerne die Hilfe von Studierenden angenommen wird und wie sehr das die Arbeit des Vereins und deren Helfer entlastet“, betont einer der Studenten in seiner Reflexion. Ein anderer hält fest: „Im Rückblick auf dieses Ereignis, bin ich sehr froh, ein Teil davon gewesen zu sein, denn es bereicherte meine Erfahrungen sehr.“
An der Philipps-Universität studieren Bachelor- und Lehramtsstudentinnen und -studenten Sport und besuchen gemeinsam die Leichtathletik-Seminare, innerhalb derer sie neben einer sportpraktischen Prüfung auch Studienleistungen erbringen müssen. Hinsichtlich des Anspruches auf Individualisierung können sie bezüglich der Studienleistungen aus verschiedenen Möglichkeiten wählen und unter anderem bei einem Kinderleichtathletik-Wettbewerb helfen, zu dem im Anschluss ein Erfahrungsbericht angefertigt wird. Vor allem das Kinderleichtathletik-Fest in Rosenthal, das sich mit fast 200 Kindern jedes Jahr großer Beliebtheit erfreut, bietet aufgrund der großen Teilnehmerzahlen viele Einsatzmöglichkeiten und Einblicke für Studierende. Seit dem Jahr 2018 besteht daher eine Kooperation zwischen dem kleinen Verein in Nordhessen und dem Institut für Sportwissenschaft. In diesem Jahr folgen weitere Kooperationsmöglichkeiten zwischen dem VfL Marburg und der LG Eder in Allendorf. Für die Planung ist es wichtig, dass bereits zu Semesterbeginn eine Entscheidung für die jeweilige Studienleistung getroffen wird, damit sowohl auf Vereinsseite als auch auf universitärer eine reibungslose Planung und Durchführung vonstattengehen kann. Koordiniert wird die Zusammenarbeit durch eine Kontaktperson des Sportinstituts, Janina Müller, und einer für die Organisation verantwortlichen Person des Vereins, Gisela Hoffmann. Da die Kontaktperson der Universität Marburg im benannten Kreis ebenfalls als Trainerin aktiv ist, funktioniert dies sehr unkompliziert.
Im letzten Jahr bekamen die Studierenden vor dem Wettkampf eine kleine Einweisung in das Konzept und das Reglement sowie den Zeitplan und die Teameinteilung. Am Wettkampftag selbst sollten sie etwa eine Stunde vor Beginn vor Ort sein, um gemeinsam mit den anderen Helfern und dem Kampfgericht entsprechende Vorbereitungen zu treffen und für verschiedene Stationen eingeteilt zu werden. In Absprache mit Gisela Hoffmann nahm Janina Müller die Studierenden in Empfang und teilte sie nach ihren Wünschen entsprechenden Stationen zu. Aber nicht nur an den Stationen zum Wurf, Sprung und Lauf konnten die Studierenden ihre Hilfe einbringen, sondern ebenso bereits beim Aufwärmen, im Wettkampfbüro oder als Teamführer/in. „Besonders das Anleiten des Aufwärmprogramms mit der gesamten Gruppe der Wettkampfteilnehmer war ein klasse Gefühl, so viele Kinder zum Sporttreiben zu animieren, hat mir große Freude bereitet“, berichtet eine Studentin.
An den Stationen bzw. für die unterschiedlichen Aufgaben gab es von erfahrenen Kampfrichtern jeweils noch eine kurze Einweisung und offene Fragen konnten geklärt werden. Zudem lagen an jeder Station die entsprechenden Wettkampfkarten aus, sodass man sich auch daran orientieren konnte, denn einige Studentinnen und Studenten hatten nur wenige Vorerfahrungen mit dem Konzept, wie folgendes Zitat deutlich macht: „Mir wurde die Station des Schlagballes zugeordnet, eigentlich eine Station, die ich aus meiner Schulzeit sehr gut kannte. Als ich allerdings an der Wurfstation angekommen bin, musste ich mich erstmal mit dem neuen Punktesystem vertraut machen. Bei der Kinderleichtathletik war es üblich die Leistung in Punkten anstatt in Metern zu rechnen.“ Neben Tätigkeiten, wie Messen oder Dokumentieren, waren die Studierenden vor allem für die Betreuung der Kinder zuständig und sorgten dafür, dass die Wartezeit an den Stationen nicht zu lange wurde oder aber waren sehr bemüht, den Kindern in aller Ruhe den Ablauf und die Regeln zu erläutern sowie die Stationen wieder herzurichten und die Kinder anzufeuern. Ein Student, der beim Biathlon aktiv war, beschreibt seine Erfahrungen folgendermaßen: „Neben der primären Aufgabe, die Kinder einzuweisen und alles wiederaufzubauen, war es uns außerdem sehr wichtig, die Kinder anzufeuern und zu motivieren. Die Kinder hatten dadurch viel mehr Spaß und zeigten dies sofort durch Lachen und große Fröhlichkeit. Das ist ein sehr schönes Gefühl, wenn man den Kindern ein Lachen ins Gesicht zaubern kann.“ Nicht zuletzt durch die tatkräftige Unterstützung der Studierenden konnte der TSV Rosenthal an diesem Tag auf einen erfolgreichen Wettkampf zurückblicken und die 24 Teams der umliegenden Vereine optimal von über 20 studentischen Hilfskräften betreut werden. Auch Gisela Hoffmann hielt fest, dass sie den Studierenden sehr dankbar für ihren Einsatz sei und sich freuen würde, wenn im nächsten Jahr wieder einige helfen könnten. Die Studierenden schlossen ihren Einsatz erfolgreich und mit vielen positiven Eindrücken bezüglich der Kinderleichtathletik ab und festigten diese in den nächsten Tagen durch das Schreiben von Erfahrungsberichten, in denen sie noch einmal bestätigten, wie wertvoll die Zusammenarbeit ist: „Ich bin sehr froh als Kampfrichter am Kinderleichtathletik-Wettkampf teilgenommen zu haben, da ich so einen Einblick bekommen konnte, wie sowohl ein Wettkampf der Leichtathletik im Junioren-Bereich abläuft, als auch die verschiedenen Herangehensweisen, wie Disziplinen den Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen näher gebracht werden.“ Eine Kooperation zwischen Universität und Verein ist somit durchaus sinnvoll und erweist sich für beide Seiten als positiv. Ob die angehenden Lehrkräfte ihre Erfahrungen später in die Praxis umsetzen, bleibt abzuwarten, macht aufgrund der positiven Berichte jedoch viel Hoffnung!
Ein Kinderleichtathletik-Wettbewerb sollte nicht länger als drei Stunden dauern – Dank der vielen studentischen Helferinnen und Helfer war dies ohne Probleme möglich, sodass der Tag mit strahlenden Kinderaugen endete.
Bericht: Janina Müller
08.04.2020