50 Jahre Volkslauf in Hamburg
13. September 1963 - 13. September 2013
Unter dem Vorsitz Herman Seiffarts, als dritter Vorsitzender des Hamburger Leichtathletik Verbandes nach dem Krieg, startet auch in Hamburg der Volkslauf seinen furiosen Erfolg im breitensportlichen Bereich.
Anfänglich als reine Vereinsveranstaltung vermutlich unter Sebastian Wilhelm vom SV St. Georg als zuständigen HLV-Verbandsfunktionär, beginnt der Volkslauf in Hamburg. Einen Volkslaufwart in heutigen Sinn gab es erst seit 1970 mit Horst Tissier, laut dem Hamburger Abendblatt 1971 "ein Mann mit viel Humor, dröhnendem Lachen und mit Vorliebe für gute Zigarren bzw. dem Handball tief verbunden".
1. Volkslauf in Hamburg 1967
Tissier organisierte den ersten offiziellen Volkslauf in Hamburg im Herbst 1967 für den SC-Poppenbüttel. Bei der ersten Auflage des "1. Internationaler Volkslauf Rund um den Kupferteich" über 10 Kilometer kamen erstaunliche 1.800 Teilnehmer und begründeten damit den Laufboom in Hamburg. Unterstützt von 250 Helfern des Deutschen Roten Kreuzes, Erbsensuppe satt aus der Feldküche, mit einer mechanischen Stempeluhr und einer handgeschriebenen Ergebnisliste nach einer Stunde. Sieben Deutsche Mark (DM) waren für die Teilnahme an dem 10 Kilometer-Lauf zu entrichten. Wie Frau Tissier bekundete, beschwerten sich einige Läufer, warum sie denn für die Teilnahme überhaupt Geld zahlen sollten.
Tissier zeichnete für viele weitere Veranstaltungen in den Anfängen des Volkslaufes verantwortlich, u.a. auch einen Lauf über die Köhlbrandbrücke und zur Eröffnung durch den Neuen Elbtunnel. Tissier war bis 1985 Landes-Volkslaufwart (er verstarb leider 1992), seine Frau meinte, Horst wäre dann "manchmal" sonntagmorgens zu Hause gewesen. Prägend war auch für den Sohn von Horst Tissier diese Zeit. Der Junior kann keine Erbsensuppe mehr sehen, gab's doch damals allerorten diese zu Mittag als Läuferverpflegung, und die Familie half ständig bei den Veranstaltungen mit. Ein Schicksal, das seine Nachfolger teilten. Germund Raywood vom Walddörfer SV folgte dann auf Horst Tissier.
Gründung des Hanse-Marathons 1986
Germund Raywood amtierte sechs Jahre bis 1991, in seine Amtszeit fiel die Gründung des "Hanse-Marathon Hamburg", es etablierten sich 31 Volkslaufveranstaltungen mit ca. 13.000 Teilnehmern im Jahr. 1992 wurde Germund Raywood dann von Wolfgang Timm (damals SV Polizei) abgelöst. Unter Timm (HSV) verdoppelte sich die Zahl der Veranstaltungen im Gebiet des Hamburger Leichtathletik-Verbandes auf 64 Veranstaltungen. Der "Hanse-Marathon Hamburg" wird zur zweitgrößten Marathonveranstaltung in Deutschland und steigt in die Top Ten der Welt auf. Wolfgang Timm trat dann 2009 nach 18 Jahren zurück und übergab den Stab an Jürgen Meins (TSV Wandsetal). Jürgen Meins ist bis heute (2013) im Amt und leitet die Geschicke des Volkslaufes und die der Lauftreffs in Hamburg.
Auch unter Meins zeichnet sich eine weitere Zunahme an Veranstaltungen in Hamburg ab, ebenso die Zahl der Lauftreff's die für die Zuführung der Teilnehmer an Hamburger Laufveranstaltungen enormen Anteil haben.Wie unter allen Landesverbands-Volkslaufwarten ist auch heute ein Kommen und Gehen von Veranstaltungen zu registrieren, ohne allerdings gravierende Einbrüche bei den Teilnahmen an den Veranstaltungen erkennen zu können. Zu betrachten ist aber auch eine schleichende Alterung der Volksläufer mit leicht rückläufigen Teilnahme-Zahlen über alle Veranstaltungen. Der demographische Wandel zeigt hier seine Zähne.
Wie in der übrigen Republik ist auch in Hamburg mit seiner Metropolregion ein abfallendes Leistungsniveau zu besichtigen. Zugänge aus jüngeren Jahrgängen liegen in ihren Leistungen deutlich hinter früheren Läufer-Jahrgängen zurück. Trotzdem differenziert sich der Sport in Hamburg immer weiter, mit seinen 780 Vereinen auch nicht wirklich verwunderlich. Hamburg muss aber als Lauf-(Sport)hochburg angesehen werden. Es gibt keine verkehrsfreie Fläche, die nicht mit Sport belegt ist. Im Winter etwas träger, aber im Frühling-Sommer-Herbst kreucht und fleucht es überall.
99. Ausgabe der Alsterstaffel in 2012
Belegt ist mit der 99. Ausgabe der Alsterstaffel (2012), deren Teilnehmer sich aus allen Hamburger Vereinen und freien Sporttreibenden organisiert und sich wohl als echter erster "Volkslauf" in Hamburg bezeichnen ließe, eine lange Tradition im Laufbereich. Der Bergedorfer Crosslauf mit seiner 48. Veranstaltung in 2013 (TSG-Bergedorf), der erste Lauf um den Kupferteich vor 46 Jahren (1967) und nun die 39. Ausgabe des Süderelbe-Marathon/Halbmarathon in 2013, ausgerichtet von der LG-Hausbruch-Neugraben-Fischbek (LG HNF) sind die ältesten Hamburger Veranstaltungen.
Die LG HNF war auch der erste Veranstalter, der eine Winterserie etabliert hat. Von 8 Uhr bis 12 Uhr konnten auf einer 10 Kilometer langen Waldlaufstrecke beliebig viele Runden gedreht werden. Einmal monatlich von Oktober bis Februar wurden so Kilometer gesammelt und mit Urkunden und Pokal belohnt. Der fließende Übergang von Vereins- zu Volkslaufveranstaltungen mit vermischter Teilnehmer-Klientel (Vereinsstarter/Volksläufer) ist damit auch schwer mit einem Datum zu benennen. Hamburg war in vielen Dingen Vorreiter und immer auch auf der Höhe der Zeit.
Von anfänglich circa 1.800 Teilnehmern am ersten Volkslauf in Hamburg bis heute fast 70.000 Teilnehmern an Hamburger Lauf-Veranstaltungen spannt sich ein breiter Bogen an Aktivität im sportlichen Bereich in Hamburg. Es darf behauptet werden, dass mit dem ersten Volkslauf in Hamburg ein Grundstein für den heutigen Fitness-Boom in Hamburg gelegt wurde. Auch hat sich bundesweit eine breite Palette an kommerziellen Angeboten für die laufende Klientel gebildet, die alle Ambitionen an Anleitung und Utensilien befriedigt.
Was früher schon auch Motivation zu einer gesunden Lebensführung mit Sport war, ist heute ein gesellschaftliches Thema mit breiter Wirkung auf das Gesundheitswesen. Gerade in Hamburg ist Sport ein großes Thema. Die 780 Vereine bewegen die Hansestadt Hamburg auf allen motorischen Feldern.
Dekadenstrategie der Hamburger Bürgerschaft
Die Hamburger Bürgerschaft hat 2012 mit der Dekadenstrategie für den Sport einen weit in die Zukunft weisenden Beschluss gefasst, der sich bereits in der Umsetzung befindet und die Freie und Hansestadt Hamburg zur Sportstadt macht, getragen von den Bürgern und Ämtern und beispielgebend für die restlichen Bundesländer ist.
Autor: Wolfgang Timm (Hamburger Leichtathletik Verband-Vorsitzender Breitensport, DLV-Berater Volkslauf und Sprecher der Landes-Volkslaufwarte)