Paul Tergat in Prag - Er kam, sah und siegte
Der Gentleman gab sich die Ehre. Paul Tergat, der Mann mit dem ästhetischen Laufstil und den geschliffenen Manieren, weilte wieder in Prag. Dort ist er wohl bekannt. Denn Tergat, 33 Jahre alt, ist Stammgast beim "Mattoni Grand Prix", einem Elite-Rennen, das regelmäßig im September vorm Altstädter Rathaus gestartet wird. Den letzten 10-Kilometer-Test vorm Chicago-Marathon am 13. Oktober beendete er erfolgreich in 28:14 Minuten.
Paul Tergat kann dem Chicago-Marathon optimistisch entgegen blicken
Schon im Herbst 1997 stattete der Kenianer der Moldau-Metropole einen Besuch ab und triumphierte standesgemäß in 28:59 Minuten. Damals plauderte er noch mit einem berühmten Vorläufer vergangener Tage, der mittlerweile verstorben ist: Emil Zatopek, die tschechische Lokomotive, war mit seiner Gattin Dana wenige Tage vor ihrem gemeinsamen Geburtstag Ehrengast bei einer Gala, die im Rahmen des "Mattoni Grand Prix" zu Ehren eines der berühmtesten Ehepaare der Leichtathletik inszeniert wurde.Bereit für Chicago
Paul Tergat, "das beste Pferd" im Rennstall des italienischen Trainer-Gurus Dr. Gabriele Rosa, präsentierte sich auch diesmal in glänzender Verfassung. Auf dem schwierigen, teilweise mit Kopfsteinpflaster-Passagen gespickten Kurs durch die wunderschöne Prager Innenstadt ließ er seinen Konkurrenten nicht den Hauch einer Chance. "Die Form ist gut", erzählte ein blendend aufgelegter Tergat im Ziel, "ich bin bereit für Chicago."
Er fürchtet keinen, auch nicht Khalid Khannouchi, den US-Amerikaner, der ihn in London um zehn Sekunden distanziert hatte. Damals drückte Khannouchi seine eigene Weltbestleistung auf 2:05:38 Stunden. Tergat lief 2:05:48 und steigerte den drei Jahre alten Landesrekord von Moses Tanui (2:06:16 h in Chicago 1999), seinem Freund und Geschäftspartner, der auch zum Fila-Team zählt und nach seinem Sieg beim Wien-Marathon jetzt auch in Berlin als einer der Mitfavoriten gehandelt wird.
Souverän zur flotten Endzeit
Souverän, wie es sich für den fünfmaligen Cross-Weltmeister geziemt, beherrschte Paul Tergat den "Mattoni Grand Prix" in Prag. Mit 28:14 Minuten erreichte er eine flotte Endzeit, doch verpasste er den Streckenrekord von Haile Gebrselassie, der zwölf Monate zuvor in 28:07 vorne lag, um sieben Sekunden. Seine beiden Landsleute Haron Toroitich, der immerhin einen Halbmarathonzeit von 1:00:53 Stunden (Turin 2001) vorweisen kann, und Philip Kipsang Rugut folgten auf den Plätzen zwei (28:23 min) und drei (28:41 min). Robert Stefko, der Slowake, holte sich das vierte Preisgeld in 28:58 Minuten vor dem Tschechen Pavel Faschingbauer, der 29:27 benötigte.
Paul Tergat erklärte hinterher in einem Interview mit dem "East African Standard", dass er prima gerüstet sei für seinen Auftritt in Chicago. Dort erwartet er ein hartes und vor allem flottes Rennen. Selbst eine neue Weltbestzeit sei möglich. Zumal der Kurs schneller sei als der in London.
Erstmal wieder in die Heimat
Nur schade, dass Haile Gebrselassie, sein großer Gegenspieler, der ihn auf der Bahn stets geschlagen hat, nicht live dabei sei. "Er sollte eigentlich in Berlin am Wochenende laufen, doch er hat abgesagt", sagte Tergat, "ich weiß auch nicht genau, warum er sich so entschieden hat." Er selber ist nach seiner Gala-Vorstellung in Prag zurück geflogen in die Heimat, um sich dort in aller Ruhe auf Chicago vorzubereiten.
In den Ngong Hills, eine von Bergwäldern geprägte Hügelkette, die bis auf 2.400 Meter Höhe ansteigt, will sich Tergat den letzten Schliff holen, damit er bereit ist für den großen Showdown mit Khalid Khannouchi. Mit ihm hat er noch eine Rechnung zu begleichen. London lässt grüßen...
Prag (22.9.2002), "Mattoni Grand Prix"
Männer, 10 km
1. Paul Tergat (KEN) 28:14 min
2. Haron Toroitich (KEN) 28:23
3. Phlip Kipsang Rugut (KEN) 28:41
4. Robert Stefko (SLO) 28:58
5. Pavel Faschingbauer (CZE) 29:27
Frauen, 5 km:
1. Aniko Kalovies (HUN) 15:30 min
2. Petra Kaminkova (CZE) 16:00
3. Margaret Okayo (KEN) 16:08
4. Janet Ongera (KEN) 16:29
5. Grazyna Syrek (POL) 16:30