Till Helmke - Mit Willensstärke Richtung Athen 2004
Sprinter haben’s nicht leicht in Deutschland. Gibt es mal einen, der auch international vorne mitmischt, wie in der Vergangenheit Tim Goebel, spricht man schnell vom neuen Sprintstar; läuft’s mal nicht, beziehungsweise langsamer, lassen Hohn und Spott für die von manchen als nicht besonders trainingsfleißig angesehenen Sprinter nicht lange auf sich warten. Wirft man einen Blick in die aktuellen Bestenlisten, so fällt ein Name auf, der sich nahtlos einreiht in die Rubrik „große deutsche Sprinthoffnungen“: Till Helmke ist gerade mal 18 Jahre alt – und dennoch über 200 Meter mit 20,81 Sekunden aktuell auf Rang 1 bei den Männern zu finden.
Jubelnd ins Ziel mit Blick 2004 - Till Helmke (Foto: Kiefner)
Schon früh sorgte der Hesse für Schlagzeilen: 1999 lief er über 75 Meter Deutschen Schülerrekord. Dies war nicht nur Beleg für sein außergewöhnliches Talent, sondern auch erstes herausragendes Ergebnis einer seit vier Jahren hervorragend funktionierenden Trainer-Athlet-Beziehung. Denn im Herbst 1998 hatte Helmke seinen Heimatverein, die LG Rosbach-Rodheim, Richtung TSV Friedberg-Fauerbach verlassen. In Friedberg bemüht sich seitdem Trainerin Sieglinde Weber, aus dem Rohdiamanten Helmke einen fertigen Sprinter zu formen – und das mit nachhaltigem Erfolg, denn unter ihrer Anleitung hat sich Till Helmke, der fünf- bis sechsmal wöchentlich trainiert, von Jahr zu Jahr verbessert. „Sie geht sehr auf mich ein“, schwärmt Helmke von seinem Coach, „und behandelt mich als Sprinter wie ein rohes Ei. Wenn ich es mit anderen Sprintern vergleiche, trainiert Sieglinde Weber schon ein wenig anders als andere Trainer: Sie baut mich eher sehr sachte und behutsam auf.“ Geduld war gefragt
Allerdings mußte der heute 18jährige auch mit Rückschlägen fertig werden: In 2000 mißglückte der Start ins erste Jugendjahr. Eine langwierige Verletzung machte schnelles Laufen unmöglich, statt dessen mußte Till regelmäßig zur physiotherapeutischen Behandlung. Ans Aufhören hat er trotzdem nie gedacht. „Ich hoffte von Woche zu Woche, daß es bergauf gehen würde.“ Einiges an Geduld wurde dem Nachwuchssprinter jedoch abverlangt – erst im Sommer 2001 lief wieder alles planmäßig: Till Helmke wurde in Braunschweig zweifacher Deutscher B-Jugendmeister über 100 und 200 Meter und anschließend vom DLV für die U18-Weltmeisterschaften nominiert, wo er über 200 Meter das Finale erreichte. Nach fast einem Jahr Abstinenz vom Wettkampfgeschehen zweifellos eine erstaunliche Leistungsentwicklung; und es ist sicherlich eine der besonderen Stärken des Friedbergers, mit Rückschlägen wie solch einer langwierigen Verletzung richtig umgehen zu können. Ansonsten charakterisiert er sich selbst als „willensstark, dadurch kriegt man einiges hin im Sprint. Und ich bin sehr selbstbewußt; auch das braucht man als Sprinter, um weiterzukommen.“
Und Till Helmke kam weiter – in diesem Jahr nachhaltiger als jemals zuvor. In der Hallensaison erreichte er erstmals Zeiten, mit denen er sich für einen Einsatz in der Nationalstaffel auch über den Junioren-Bereich hinaus empfahl: Am Ende der Hallensaison war Helmke nicht nur zweifacher Sprintmeister der Jugend, sondern rangierte über 60 und 200 Meter auch unter den ersten Zehn der deutschen Männerbestenliste.
Youngster zeigt der Männerklasse, wo’s lang geht
Aber damit nicht genug: Die Sommersaison eröffnete der Oberstufenschüler mit einem Paukenschlag: An Pfingsten sprintete er die 200 Meter in 20,81 Sekunden – schneller war in diesem Jahr in Deutschland noch keiner, auch nicht in der Männerklasse.
Gerade wegen dieser Fabelzeit wurden Helmkes weitere Starts von den DLV-Verantwortlichen mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Beim JWM-Test in Jena Ende Mai mußte der Friedberger wegen muskulärer Probleme zurückziehen. Und als ihm 14 Tage darauf bei den Hessischen Jugendmeisterschaften im heimischen Friedberg über 200 Meter das gleiche passierte und er das Rennen nach 50 Metern abbrach, regten sich auch kritische Stimmen im DLV, ob dieser Start denn unbedingt notwendig gewesen sei.
Doch Helmke und Trainerin Sieglinde Weber ließen sich nicht beirren. Es ist die Stärke dieses Duos, ihren Weg unbeirrt zu gehen – und der Erfolg gab und gibt ihnen Recht. In Mönchengladbach bei den Deutschen Jugendmeisterschaften löste Till endgültig das Ticket zur Junioren-Weltmeisterschaft nach Jamaika, als er die 100 Meter in glänzenden 10,47 Sekunden und die 200 Meter in 21,29 Sekunden gewann.
In Kingston ins Finale!?
Nun kann er es sich in Kingston sogar aussuchen, ob er über beide Sprintstrecken an den Start geht. „Zu 90% konzentriere ich mich auf die 200 Meter.“ Seine Ziele für die JWM hat Helmke hoch angesetzt: „Ich möchte schon das Finale erreichen.“
Und auch die weiteren Ziele hat Till Helmke für sich bereits definiert. „Nach der JWM werde ich noch bei den Süddeutschen und den Deutschen Juniorenmeisterschaften starten.“
Und langfristig? In 2004 macht der 18jährige erst mal sein Abitur. In diesem Jahr soll sich auch sein großer Wunsch erfüllen – die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Athen. „Einen Platz in der Sprintstaffel zu bekommen, sollte möglich sein.“
Einen Wechsel zu einem Großverein hält Helmke nicht für notwendig, um seine Ziele mit der ihm eigenen Konsequenz anzugehen. „Ich habe vor, in Friedberg zu bleiben.“ Was sollte Till Helmke auch für einen Grund haben, sich angesichts seiner sich ständig fortsetzenden Erfolgsgeschichte verändern zu wollen.
Till Helmke schildert gemeinsam mit Hürdenläufer Lars Birger Hense exklusiv auf leichtathletik.de seine Eindrücke von der Junioren-WM in Jamaika