Fredericks und Feofanova setzen die Glanzlichter
Je oller, um so doller! Frankie Fredericks ist nicht klein zu kriegen. Mit fast 35 Jahren, in einem Alter, in dem andere Sprinter ihre Spikes längst in die Ecke gepfeffert haben, mischt er noch immer putzmunter in der Weltspitze mit. In Lille, im französischen Norden, zeigte Fredericks, der Altmeister, den jungen Hüpfern, was Sache ist.
Feovanova springt neuen Europarekord in Lille (Foto: Chai)
Sie alle mussten Fersengeld zahlen, denn der Mann aus Namibia, der früher als Fußballspieler angefangen hat, gewährte ihnen keine Chance. Mit einem Doppelsieg auf beiden Sprintstrecken meldete er sich eindrucksvoll zurück. Nachdem Frankie Fredericks, der bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 und in Atlanta 1996 vier Mal Silber eingesammelt hat, im „Stadium Villeneuve d’Ascq“ bereits die 100 Meter in 10,14 Sekunden gewonnen hatte, holte er auf der doppelt so langen Distanz zum großen Paukenschlag aus. In 20,07 Sekunden trommelte der nimmermüde „Oldie“ über den Kunststoff, stellte einen neuen Stadionrekord auf und lief die zweitbeste Zeit in dieser Saison. Schneller war bisher nur Shawn Crawford aus den USA. „Ich möchte gesund bleiben, alles andere kommt von selbst“, erzählte ein strahlender Fredericks hinterher im Ziel, „denn die beiden letzten Jahre waren fürchterlich.“ Fortwährende Verletzungsprobleme, insbesondere mit der lädierten Achillessehne, die sogar operiert wurde, hatten ihn immer wieder in seinem Tatendrang gestoppt.Überfliegerin Svetlana Feofanova ist wieder da
Viel, viel jünger als Frankie Fredericks ist Svetlana Feofanova, die Überfliegerin aus Russland. Scheibchenweise wie einst ihr berühmter Landsmann, der Sputnik Sergej Bubka, steigert sie die Rekorde. Mit ihren 52 Kilo, die sich auf 1,63 Meter Körpergröße verteilen, flog sie gleich im ersten Versuch über 4,76 Meter. Das war neuer Europarekord! Den Alten hatte sie bei der WM in Edmonton mit 4,75 Meter aufgestellt. Dabei war es ihr erster Freiluftstart in dieser Saison. Svetlana Feofanova, in der ewigen Bestenliste die Nr. 2 hinter der US-Amerikanerin Stacy Dragila (4,81 m), hat ein hohes Ziel vor Augen: „Ich möchte als erste Frau der Welt die fünf Meter überspringen.“ Mit 21 Jahren gehört ihr die Zukunft.
In Lille gelang ihr bereits der fünfte Europarekord. Am 11. Juni 2001 hatte Svetlana Feofanova, die früher Gymnastik gemacht hat, ihre Rekordjagd begonnen. An dem Tag flog sie in Athen über 4,57 Meter. Allein die Polin Monika Pyrek hatte sie am 1. Juli 2001 kurzzeitig von der „pole position“ in Europa geworfen. Aber nur acht Tage später schlug Feofanova in Nizza zurück, als sie locker die 4,62 Meter packte. Die deutschen Stabhochspringerinnen waren chancenlos gegen die übermächtige Konkurrentin. Dennoch lieferten sie einmal mehr eine rundum gelungene Vorstellung. Yvonne Buschbaum stellte ihre ausgezeichnete Form erneut unter Beweis. Als Zweite in diesem stark besetzten Wettbewerb erreichte sie gute 4,51 Meter. Carolin Hingst wurde Vierte mit 4,41 Meter und Sabine Schulte Sechste mit 4,31 Meter.
Ivonne Teichmann nähert sich der Norm
Prima in Schuss war auch Ivonne Teichmann, die sich Schritt für Schritt der EM-Norm von blanken zwei Minuten nähert. Hinter der Kubanerin Zulia Calatayud (1:59,22 min) und der Französin Elisabeth Grousselle (2:00,07) lief sie mit 2:00,16 Minuten so flott wie noch nie in diesem Sommer. Hochkarätig besetzt war auch der Hochsprung-Wettbewerb in Lille, wo die Russischen den totalen Erfolg feierten. Yelena Sivushenko und Viktoriya Seryogina flogen beide über 1,97 Meter hinweg und unterstrichen nachhaltig ihre EM-Ambitionen. Wegen der geringeren Fehlversuche setzte sich Sivushenko vor Seryogina durch. Olga Kaliturina komplettierte mit 1,94 Meter die ausgezeichnete Bilanz.
Susanne Keil weiter im Aufwind
Die Frankfurterin Susanne Keil schleuderte den Hammer auf 67,76 Meter und freute sich über eine neue DLV-Jahresbestleistung. Dennoch blieb ihr lediglich der undankbare vierte Platz, weil die Weißrussin Olga Tsander (69,92 m), die Französin Manuela Montebrun (69,71 m) und die kubanische Weltmeisterin Yipsi Moreno (68,58 m) noch weiter warfen.
Nach Pleiten, Pech & Pannen in den vergangenen Wochen und Monaten, als ihn hartnäckige Verletzungsprobleme im Winter aus der Bahn geworfen hatte, kehrte Stéphane Diagana erfolgreich zurück. Mit 48,85 Sekunden blieb er zwar deutlich über seinem Europarekord (47,37 sec). Gleichwohl war der Ex-Weltmeister mit seinem Einstand über die 400 Meter Hürden zufrieden. „Darauf lässt sich aufbauen“, meinte er, „doch es gibt noch viel zu tun.“ Bis zur EM bleiben dem 32-jährigen Franzosen einige Wochen, um weiter an seiner Form zu feilen.
Patricia Girard im zweiten Frühling
Die Hürdensprinterinnen wollen in München ebenfalls für Furore sorgen. Patricia Girard, die Altmeisterin, die schon 1996 in Atlanta Bronze einkassiert hat, erlebt momentan ihren zweiten Frühling. Mit 34 Jahren sauste sie in 12,87 Sekunden über die Bahn, riss dabei keine einzige Hürde um und siegte dank ihrer ausgefeilten Technik vor Linda Ferga (12,99 sec) und Haydy Aron (13,07 sec).
Wilson Boit Kipketer, einer der erfolgreichen Hindernisläufer aus Kenia, lief mit 8:04,49 Minuten die schnellste Zeit in diesem Sommer und verdrängte den marokkanischen Weltrekordler Brahim Boulami von der Spitze.