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10,23 Sekunden in Dessau: Julian Reus kann nicht meckern

Die ersten Fans waren bereits beunruhigt, als sich Julian Reus (TV Wattenscheid 01) in diesem Sommer Zeit ließ mit seinen ersten Wettkämpfen. Zumal er auch schon auf die Hallensaison verzichtet hatte. Doch es gibt keinen Anlass zur Sorge: Nach seinen 10,23 Sekunden in Dessau, dem zweitschnellsten 100-Meter-Einstieg seiner Karriere, geht Deutschlands schnellster Sprinter optimistisch in die nächsten Rennen.
Philip Häfner

Es war kühl geworden im Dessauer Paul-Greifzu-Stadion. Julian Reus (TV Wattenscheid 01) wollte deshalb nach seinem Auftritt beim Anhalt-Meeting nicht mehr viel sagen, ihn zog es schnell ins Warme. Doch es brauchte ohnehin nur wenige Sätze, um klar zu machen: Der deutsche Rekordhalter über 100 Meter ist wieder da. Und er ist angriffslustig wie eh und je.

10,23 Sekunden waren ein mehr als ordentliches Resultat für den 29-Jährigen in seinem ersten 100-Meter-Rennen der Saison. Erst einmal – 2014, als er in Clermont (USA) bei deutlich sprinterfreundlicheren Temperaturen 10,21 Sekunden gelaufen war – war er zum Einstieg bei regulären Windbedingungen noch schneller gewesen. „Ich bin zufrieden. Auf diese Zeit lässt sich aufbauen für die nächsten Rennen“, sagte er nach seinem Sieg in Dessau vor Samuel Osewa aus Großbritannien (10,33 sec) und dem Leverkusener Aleixo Platini Menga (10,37 sec). Dessen deutsche Jahresbestzeit hatte Reus bereits im Vorlauf egalisiert, ehe er im Finale noch einmal exakt genauso schnell unterwegs war. „Da kann man nicht meckern“, meinte Reus.

Verletzungsfrei in den Sommer

Die ersten Fans waren bereits beunruhigt, als sich Deutschlands schnellster Sprinter in diesem Sommer Zeit ließ mit seinen ersten Wettkämpfen. Zumal er auch schon auf die Hallensaison verzichtet hatte. Erst beim Meeting in Regensburg vor einer Woche gab Julian Reus erstmals seine Visitenkarte ab – dort lief er allerdings nur über 200 Meter (20,63 sec) und mit der Nationalstaffel (4x100 m; 38,60 sec).

Es war jedoch keine Verletzung, die dafür sorgte, dass der Wattenscheider erst so spät ins Geschehen eingreifen konnte. Eigentlich war das erste Rennen auch schon früher geplant gewesen, doch das dafür vorgesehene Meeting Anfang Mai in den USA fiel aus. Reus musste noch einmal neu seine Wettkampfform aufbauen. Erst jetzt, Mitte Juni, fühlte er sich bereit für die Konkurrenz.

„Der Sprint lebt meiner Meinung nach von qualitativ hochwertigen Einheiten. Und davon habe ich bislang einfach noch nicht genügend absolviert.“ So hatte er im Winter bereits seinen Verzicht auf die Hallensaison begründet. Aufgrund seiner Feldwebel-Ausbildung bei der Bundeswehr hatte Reus fast acht Wochen lang nur eingeschränkt trainieren können. Deshalb konzentrierte er sich lieber gleich auf die Freiluftsaison. Bloß nichts überstürzen: Das galt im Winter ebenso wie jetzt in den ersten Wochen des Sommers.

Nächste Station: Stockholm

Die Norm für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 4. bis 13. August) konnte Reus in Dessau noch nicht erfüllen. 10,12 Sekunden sind gefordert – das hat in diesem Jahr bislang noch kein DLV-Sprinter geschafft. Die nächste Gelegenheit bietet sich bereits am Sonntag: Dann startet Julian Reus in Stockholm (Schweden; 18. Juni) beim Diamond-League-Meeting – zwar nur im B-Lauf, aber dennoch mit starken Gegnern wie dem Jamaikaner Ryan Shields (Bestzeit: 10,16 sec), die ihn zu einer schnellen Zeit treiben sollen.

Es folgt die Team-EM in Lille (Frankreich; 23. bis 25. Juni) mit Starts über 100 Meter und mit der Staffel. Danach steht dann auch schon der nationale Saisonhöhepunkt an: die<link> Deutschen Meisterschaften (8./9. Juli), die in diesem Jahr in Reus‘ Heimatstadt Erfurt ausgetragen werden. „Das wird sicher emotional werden“, sagte er.

Auf der Jagd nach dem Rekord

Dann wird sich zeigen, ob Julian Reus wieder in der Verfassung des Vorjahres ist, als er gleich zweimal den deutschen Rekord über 100 Meter verbessern konnte: Zunächst in Zeulenroda auf 10,03 Sekunden, später in Mannheim sogar auf 10,01 Sekunden. Eine erneute Steigerung – und Reus könnte der erste Deutsche sein, der unter zehn Sekunden bleibt.

„Es ist immer mein Anspruch mich zu verbessern“, sagte er in Dessau. Auf eine konkrete Zeit wollte sich Reus zwar nicht festlegen lassen. Er erklärte jedoch: „Ich habe momentan ein gutes Plateau. Wie schnell ich dann tatsächlich laufen kann, wird sich zeigen. Was kommt, kommt.“

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