Floé Kühnert - Der karibischen Sonne entgegen
Gleich zu Beginn der Freiluftsaison machte Stabhochspringerin Floé Kühnert eine weite Reise. Es ging zum Grand-Prix-Meeting nach Doha, in die Hauptstadt von Katar. Bei ihrer Rückkehr einige Tage später stand die Leverkusenerin mit leeren Händen da. Der Wettkampf hatte einen Salto Nullo gebracht, anschließend verschwanden ihre Stäbe aus dem Hotel. Schlechter hätte die Saison für die 18-Jährige nicht beginnen können.
Floe Kühnert hatte in den letzten Wochen allen Grund zum Strahlen (Foto: Gantenberg)
Doch inzwischen ist viel passiert. Kühnert hat mehrere ausgezeichnete Wettkämpfe gemacht. Ihre Bestleistung steht mittlerweile bei 4,41 Metern, die Stäbe sind auch wieder da und die zweite große Reise des Jahres 2002 trat sie jetzt als Favoritin an: "Von der Junioren-WM auf Jamaika möchte ich eine Medaille heimbringen", sagt die von Leszek Klima betreute Athletin. Wenn alles optimal läuft, könnte die Plakette gar aus Gold sein. Ein großes Paket als Überraschung
Es war in der Woche vor den Deutschen Jugendmeisterschaften in Mönchengladbach, als Floé Kühnert in die Leverkusener Leichtathletikhalle kam und ein großes Paket entdeckte. Darin waren ihre in Doha abhanden gekommenen Stäbe. "Das war eine schöne Überraschung so kurz vor den Meisterschaften", berichtete Kühnert in Mönchengladbach. Dort sprang sie erstmals wieder mit den alten Stäben und stellte anschließend fest: "Es war ungewohnt, mit ihnen zu springen. Sie sind viel weicher als die, mit denen ich in den vergangenen Wochen gesprungen bin." Trotzdem seien ihr die alten, wieder aufgetauchten Arbeitsgeräte lieber. Mit ihnen wird Kühnert auf Jamaika versuchen, die angestrebte Medaille zu holen.
Dass sie das Zeug dazu hat, unterstrich die Athletin des TSV Bayer 04 Leverkusen bei der DLV-Junioren-Gala in Mannheim. Dort steigerte sie sich auf die schon erwähnten 4,41 Meter. Anschließend entbrannte eine Diskussion, ob es sich bei der Höhe um einen Juniorinnen-Weltrekord handelt. Doch Kühnert ließ das kalt: "Darüber habe ich nicht nachgedacht." Ähnlich gelassen sieht es auch Trainer Leszek Klima, der darauf verweist, dass sein Schützling noch ein zweites Jahr bei den Juniorinnen hat. Und in dieser Zeit - da ist sich der Coach sicher - klappt es auch mit dem Rekord. Der wird nach IAAF-Angaben von der Russin Jelena Isinbayewa gehalten, stammt aus dem Februar 2001 und steht bei 4,47 Metern.
An die fünf Meter sind drin!
"Floé fällt schon seit vielen Jahren als Talent auf", sagt Stabhochsprung-Bundestrainer Herbert Czingon. Weiter erklärt er: "Im vergangenen Jahr ist sie wegen einer schweren Krankheit vielen ein wenig aus dem Blickfeld geraten. Jetzt hat sie sich eindrucksvoll wieder nach vorn geschoben." Gleichzeitig schaute Czingon voraus: "Kühnert gehört zu denen, die eines Tages an die fünf Meter springen können."
Darauf arbeitet Kühnert eifrig hin. Im nächsten Jahr wird sie in Leverkusen ihr Abitur machen und möchte sich anschließend ganz dem Sport widmen. "Ich will austesten, wie weit ich kommen kann." Danach plant sie ein Medizin-Studium. Zusammen mit dem älteren Bruder Nico, der wie die Schwester Stabhochspringer ist. Überhaupt: Die ganze Familie hat sich der Disziplin verschrieben. Die älteste Schwester Kathrin machte den Anfang, es folgten Nico und Floé. Die Eltern sind bei den Wettkämpfen ebenfalls regelmäßig dabei. Und auch die Jüngste, Kim Kühnert, ist mittlerweile Stabhochspringerin. Mit 3,70 Metern gehört die 14-jährige zu den weltweit besten Springerinnen ihres Alters und schickt sich an, in die Fußstapfen von Floé zu treten.
Kopf- und kampfstark in den Wettkampf
Die wurde 1999 als 15-jährige in Bydgoszcz/Polen U18-Vize-Weltmeisterin. Es war der erste große Erfolg, dem jetzt auf Jamaika ein weiterer folgen soll. Die Stärke seiner Schwester, so erzählt Nico Kühnert, sei, dass sie kopf- und kampfstark ist. "Das zeichnet sie aus." Von einer weiteren Eigenschaft der Floé Kühnert berichtet Trainer Klima. Sie sei "ziemlich stur", sagte er der Süddeutschen Zeitung, die ihrem Kühnert-Porträt daraufhin die Überschrift "Mit sturer Perfektion zum Gold" verpasste.
Was der Wettkampf tatsächlich bringt, wird sich kommenden Donnerstag zeigen. Dann steht in Kingston das Stabhochsprung-Finale der Juniorinnen an, an dessen Ende die Leverkusenerin gern der karibischen Sonne ganz nah wäre: als am höchsten springende Teilnehmerin.