| Ernährung

Du bist, was du isst – Mit Alexandra Wester

Lowcarb, alkalisch, vegan, paleo und so weiter und so fort: Ernährung ist ein großes Thema. Erst Recht unter Leistungssportlern, die in der Ernährung ein wichtiges Element sehen, um mit ihrem Körper Höchstleistungen vollbringen zu können. Dabei ist die Ernährung so individuell wie die Athleten selber. Wir sind daher auf die Suche gegangen mit der Frage: Wie ernähren sich Deutschlands Top-Leichtathleten? Herausgekommen sind ganz unterschiedliche Antworten von Athleten, die die für sie individuell passende Ernährung gefunden haben. Heute: Weitspringerin Alexandra Wester (ASV Köln).
Alexandra Wester/Alexandra Dersch

„Essen war mir schon immer wichtig, sodass ich mich gefühlt auch schon immer damit beschäftigt habe. Und gerade als Leistungssportlerin liegt mir das Thema so am Herzen, denn durch die Ernährung können wir noch so viel ausreizen und Potenzial ausschöpfen. Gerade in meiner Disziplin, dem Sprung, wird immer sehr auf das Gewicht geschaut. Und gerade bei jungen Mädchen kann das direkt nach hinten losgehen und mehr schaden als nützen. Denn wie sehr Ernährung Einfluss auf unseren Körper hat, auf unsere Gesundheit, das hat mir zuletzt meine eigene Verletzung eindrucksvoll und nachhaltig gezeigt.

Meinen ersten Backapfel habe ich als Achtjährige zu Weihnachten zubereitet. Ich weiß heute noch, wie stolz ich war. Nach und nach habe ich immer mehr ausprobiert und mich als Jugendliche schon um unser Mittagessen zuhause gekümmert. Da lag mein Fokus aber eher darauf, dass es schnell ging und lecker war. Durch meine Mutter habe ich nach und nach auch Einblicke in die afrikanische Küche bekommen.

Mit der Gesamtheit meiner Ernährung habe ich mich ab etwa 15 Jahren beschäftigt. Mein damaliger Verein, der USC Mainz, hat mir damals eine Ernährungsberaterin zur Seite gestellt, die mir grundlegende Tipps gegeben hat, etwas verstärkt auf Gemüse zu achten und den ein oder anderen Besuch im Fast-Food-Restaurant doch besser zu lassen. Mit der Zeit kam ich durch Kaderlehrgänge in Kontakt mit vielen verschiedenen Ernährungsberatern, die alle unterschiedliche Ansätze hatten. Während der eine von einem hohen Fleischkonsum abgeraten hat, war für den anderen Fleisch in der Ernährung das Non-Plus-Ultra. Ich habe versucht, mich davon nicht verwirren zu lassen, sondern jeweils das für mich Passende herausgepickt. Sprich: Ich habe vielfältig und bunt gegessen.

Doch irgendwann bin ich dann über die vegane Ernährung und auf die basische Ernährung auf den Ernährungscoach Dr. Sebi gestoßen. Vegan – das war zu dem Zeitpunkt ein Hype. Hypes interessieren mich eigentlich nicht, aber ich bin aufgeschlossen und interessiert an Ernährung, also lese ich mich gerne in Sachen ein. Wenn ich neben dem Training meinen Körper durch die Ernährung zu Höchstleistungen bringen kann, dann ist das ein Tool, das ich nicht ungenutzt lassen möchte.

Ich habe mich immer mehr auf die basische Ernährungsform eingelassen und gemerkt: Achtzig Prozent der Produkte, die in unseren Supermärkten stehen, sind Gift. Viel zu viel Zucker, viel zu verarbeitet, viel zu sehr in ihrer ursprünglichen Form verändert. Denn die Grundidee der basischen Ernährung ist, möglichst nur Lebensmittel zu sich zu nehmen, die nie manipuliert, nie gekreuzt wurden und so ihre Nährstoffe nicht verloren haben. Beispielsweise Quinoa, Wildreis oder Teff. Alles Lebensmittel, die heute als „Superfood“ deklariert werden und eben deshalb so super sind, weil sie nie gekreuzt wurden. Bei manchen Produkten musste ich tatsächlich erstmal suchen, wo ich sie bekomme. Neben Biomärkten findet man mich inzwischen viel in Asia-Shops.

Ich habe festgestellt, dass ich durch die basische Ernährung viel schneller satt werde. Was für mich auch Sinn macht: Die reinen Produkte, sprich Produkte, die nie gekreuzt oder verändert wurden, haben einfach von sich aus viel mehr Nährstoffe. Das bedeutet: Du wirst schneller satt. Und isst daher automatisch weniger. Und hast trotzdem alles, was du brauchst. Und das ist der Trick. So nimmst du ab, ohne an Kraft zu verlieren.

Wie sinnvoll diese basische Ernährung ist, die eben auch eine alternativmedizinische Ernährungslehre ist, habe ich zuletzt nach meiner schweren Fußverletzung im letzten Jahr gemerkt. Ich wurde am Fuß operiert, doch die Probleme wurden und wurden nicht besser. Auch Wochen nach der OP konnte ich meinen Fuß nicht bewegen. Die Wunde wurde immer wieder ausgespült, ich war fast täglich beim Arzt, aber die Entzündung verschwand einfach nicht. Die Ärzte hatten irgendwann auch keinen Rat mehr. Sogar Hauttransplantation und Gelenkspülungen standen zur Debatte. Dann habe ich für mich beschlossen: Ich zieh diese basische Ernährung jetzt zwei Wochen lang ganz strikt durch. Sprich: kein Fleisch, keine Milch, keinen Fisch, nur basisches Gemüse und Obst, also Süßkartoffeln statt Kartoffeln, Limette statt Zitrone. Ich habe mich da streng an die Liste nach Dr. Sebi gehalten. Diese zwei Wochen waren nicht einfach, vor allem nicht, wenn ich abends mit Freunden etwas essen gehen wollte. Aber ich habe es durchgezogen. Und siehe da: Nach zwei Wochen war die Entzündung raus aus dem Fuß. Was für eine Befreiung.

Auch heute esse ich noch so basisch wie möglich. Ich möchte aber auch am sozialen Leben teilnehmen, und dort ist es schwierig, diese Ernährung ganz konsequent durchzuziehen. Heute esse ich also auch ab und an Fleisch, auch wenn es sauer ist. Es ist dafür aber sehr energetisch. Grundsätzlich esse ich in Bio-Qualität. Auf meinem Plan stehen Lebensmittel wie Kichererbsen, Wildreis, Quinoa, Buchweizen, Chiasamen, Mandelbutter, Walnussbutter, Nüsse, am liebsten brasilianische, und Gemüse. Wenn ich Fleisch esse, dann Hähnchen oder Pute.

Dafür faste ich einen Tag im Monat aber auch und ernähre mich dann nur von Smoothies oder Säften. Das reinigt das ganze System und ist gerade wichtig, wenn man Fleisch isst. Den Fastentag lege ich immer in Regenerationswochen ein. Außerdem achte ich darauf, dass ich nach 20 Uhr nichts mehr zu mir nehme, maximal noch einen Tee. Der Körper bekommt so die Chance, sich zu regenerieren, wozu er keine Chance hat, wenn er sonst mit der Verdauung beschäftigt ist.

Letztens war ich in China und habe mich dort etwas mit dem Taoismus beschäftigt und für mich mitgenommen: Es ist wichtig die richtige Balance zu finden. Überall. Aber eben auch in der Ernährung. Und so gibt es auch bei mir Cheat-Days. Auch mal mit Süßigkeiten. Keine Frage. Ich bin ein Mensch und will am Leben teilhaben. Ernährung soll schließlich Spaß machen und ich habe sehr viel Spaß daran.“

Ein typischer Essensplan in der Aufbauphase von Alexandra Wester

Frühstück Brot aus Reismehl und Buchweizenmehl mit Walnussbutter und Tahini. Darauf kommen zuckerfreie Marmelade und Nüsse. Und dazu gibt es noch ein Stück Obst, wie Kiwi, Papaya oder Erdbeeren.
Snack Zum Training nehme ich mir immer entweder eine Banane oder einen Apfel mit. Entweder esse ich das Obst dann schon während des Trainings oder kurz danach.
Mittagessen Hier koche ich gerne Wildreis oder Quinoa mit Kichererbsen und Süßkartoffeln, Paprika, Kochbanane, Guacamole, Kokosmilch und Fleisch. Denn wenn ich Fleisch esse, dann mittags.
Snack Nüsse mit Datteln oder Bananenbrot mit Nüssen, oder Obst
Abendessen Oft gibt es hier die Reste des Mittagsessens, dann aber ohne Fleisch. Oder ich koche zweimal am Tag. Dann gerne gebackenen Auflauf mit Aubergine und Jamwurzeln. Die sind Kartoffeln ähnlich, sind aber eben keine Kartoffeln, denn die enthalten viel zu viel Stärke.

Ihr Lieblingsrezept zum Frühstück, ein Chia-Kokos-Porridge, verrät Alexandra Wester auf unserem Instagram-Kanal.

Das sagt Prof. Dr. Anja Carlsohn,
Professorin für Ernährungswissenschaft/Ökotrophologie an der HAW Hamburg und
Leiterin der AG Sporternährung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB):

Alexandra Wester gehört zu den Athleten, die das große Potenzial einer gesunden, an die individuellen Bedürfnisse und Bedarfe angepassten Ernährung erkannt haben und bewusst nutzen. Als Vorteile stellen sich bei ihr eine langjährige, kritische Reflexion der eigenen Ernährung sowie eine hohe Ernährungskompetenz (z.B. mindestens einmal täglich aus frischen Zutaten kochen) dar. Mit einer ausgeprägten Ernährungs- und Zubereitungskompetenz und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem machen sich Athleten unabhängig von nicht immer optimalen Angeboten der Außerhaus-Verpflegung an Trainings- und Wettkampfstätte.

Die von ihr praktizierte Ernährung entspricht im Prinzip den wissenschaftlich fundierten Ernährungsempfehlungen, sich überwiegend pflanzlich zu ernähren, mit tierischen Lebensmitteln zu ergänzen und dabei möglichst auf frische naturbelassene (Grund-)Nahrungsmittel zurückzugreifen, die nährstoffschonend zubereitet werden. Hauptsache ist, dass die Grundlagen einer gesundheitsförderlichen Sporternährung berücksichtigt und im Sinne einer individualisierten, periodisierten Sporternährung angepasst werden.

Bezogen auf die scheinbar ständig wechselnden Ernährungsempfehlungen kann ich Athleten nur dringend empfehlen, kritisch zu prüfen, von wem sie ernährungsbezogen beraten werden. Ernährungsberater im Spitzensport sollten über eine einschlägige berufliche Qualifikation verfügen (z.B. Diätassistent, Oecotrophologe, Ernährungswissenschaftler oder Ernährungsmediziner). Entsprechende Experten findet ihr übrigens unter „Ernährungsberater finden“ auf der DOSB-Webseite Sporternährung.

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