| Ernährung

Du bist, was du isst – Mit Kristin Pudenz

Lowcarb, alkalisch, vegan, paleo und so weiter und so fort: Ernährung ist ein großes Thema. Erst Recht unter Leistungssportlern, die in der Ernährung ein wichtiges Element sehen, um mit ihrem Körper Höchstleistungen vollbringen zu können. Dabei ist die Ernährung so individuell wie die Athleten selber. Wir sind daher auf die Suche gegangen mit der Frage: Wie ernähren sich Deutschlands Top-Leichtathleten? Herausgekommen sind ganz unterschiedliche Antworten von Athleten, die die für sie individuell passende Ernährung gefunden haben. Heute: Heute: Diskuswerferin Kristin Pudenz (SC Potsdam).
Kristin Pudenz/Alexandra Dersch

„Ernährung – das war für mich lange Zeit überhaupt kein Thema. Ein Käsebrötchen auf die Hand auf dem Weg vom Training nach Hause, Nudeln zu Mittag, ab und an mal ein Gläschen Wein abends auf dem Sofa mit meinem Freund: Ich habe gegessen, wann und auf was ich eben gerade so Lust hatte. Hauptsache es ging schnell und war lecker.

Ich bin halt Diskuswerferin, da schadet etwas Masse ja auch nicht. Dachte ich. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass meine Kraftwerte im Vergleich zu den anderen starken deutschen Werferinnen schlechter sind. Dass ich also mehr über die Schnelligkeit kommen muss. Sprich: Ich musste passive Masse loswerden. Anfang des Jahres habe ich daher Kontakt zu Uwe von Renteln aufgenommen, der mich nun in meiner Ernährung berät.

Der Grundgedanke war, Gewicht zu verlieren, ohne dabei Kraft einzubüßen. Die Umstellung hätte ich alleine nicht geschafft. Ich brauchte da einen Ansprechpartner, der mich motiviert und der mir einen groben Plan vorgibt. So haben wir uns erstmal über meine bisherige Ernährung ausgetauscht und haben dann einen ersten Plan erstellt, der meine Ernährungsumstellung eingeleitet hat und mich nach und nach zu meiner heutigen Ernährung geführt hat. Eine Umstellung, die mir zunächst etwas Sorge bereitet hat, da ich dachte, dass ich sicherlich Hunger haben werde, aber dem ist glücklicherweise überhaupt nicht so. Und dennoch habe ich von Anfang des Jahres bis zum Saisonhöhepunkt in Doha acht Kilo verloren, ohne Muskelmasse abzubauen.

Ein Gewichtsverlust, der sich auch unmittelbar in der Leistung gezeigt hat. Ich bin leichter, schneller und der Diskus fliegt einfach weiter. Das letzte Jahr war das beste meiner bisherigen Karriere. Ich habe meine Bestleistung um knapp zwei Meter gesteigert, bin zum ersten Mal in meinem Leben deutsche Meisterin geworden und stand im Finale der WM. Ob sich dieses neue Bewusstsein für Ernährung gelohnt hat? Definitiv.

Konkret habe ich in meiner Ernährung inzwischen verinnerlicht, dass ich Kohlenhydrate und Fette trenne. Früher habe ich zum Frühstück etwa gerne Quark mit Müsli gegessen. Heute esse ich Rührei oder Tomate mit Mozzarella. Mittags gibt es nun statt Nudeln etwa Gemüse mit Hühnchen. Zudem achte ich darauf, dass ich in der Regel so viel wie möglich selbst zubereite, etwa auch meinen Milchreis. Da weiß ich, was drin ist. Und in der Summe funktioniert das gut für mich.

Neben der Gewichtsabnahme habe ich auch positiv an mir festgestellt, dass ich insgesamt deutlich energetischer geworden bin. Am Ende eines Trainingslagers, zum Beispiel, bin ich heute bei Weitem nicht mehr so platt, wie es noch im letzten Jahr war. Das gibt auch meinem Kopf ein gutes Gefühl.

Während ich früher keinen richtigen Draht zur Ernährung hatte, hat sich das heute grundlegend geändert. Vor der Umstellung war ich eigentlich jeden Tag einkaufen und habe dort einfach mitgenommen, auf was ich gerade so Lust hatte. Heute schreibe ich mir einen genauen Plan und gehe danach einkaufen. Das spart mir sogar Zeit und ich bin nicht in der Versuchung etwas einzupacken, was ich gar nicht essen wollte. Ich bin deutlich kreativer geworden beim Essen, probiere heute gerne neue Rezepte aus und lasse mich inspirieren. Ich will einfach wissen, was in meinem Essen drin ist, und daher fällt auch das Bestellen von Essen flach, dabei habe ich das früher gerne gemacht.

Aber, und das finde ich auch gut und macht es mir auch einfacher: Es gibt auch immer ein Motivationsessen pro Woche. In der Regel lege ich das auf den Samstagabend. Motivationsessen – das heißt, dass ich da zum Beispiel mit Freunden essen gehen kann, und sei es auch mal eine Pizza. Essen soll mir Spaß machen, ich will mich zu nichts zwingen, und dieses Essen macht es mir auch einfacher, den Rest der Woche noch aufmerksamer drauf zu achten.

Auch Naschen erlaube ich mir ab und an, auch wenn es nicht auf meinem Plan steht. Das ist auch okay. Da habe ich vielleicht auch das Glück, dass ich eben Diskuswerferin bin.“

Ein typischer Essensplan in der Aufbauphase von Kristin Pudenz

Frühstück Eiweißshake mit Wasser
Mittagessen Kohlenhydrate wie Kartoffel, Reis, Couscous oder Quinoa mit Gemüse. Wenn Nudeln, dann Linsennudeln.
Snack Eiweißshake, Quark, Obst oder Milchreis
Abendessen Ohne Kohlenhydrate. Dafür aber mit Fleisch oder Fisch, das esse ich nur einmal am Tag. Etwa mit Salat oder in einer Gemüsepfanne.
Abendsnack Eine Stunde bevor ich schlafen gehe, trinke ich einen Eiweißshake, der von seiner Zusammensetzung extra für den Abend gedacht ist. Meine Muskulatur regeneriert damit deutlich besser, ich habe weniger Muskelkater am Morgen.

  Ihr Lieblingsrezept, eine Zucchini-Lasagne, verrät Kristin Pudenz exklusiv auf unserem Instagram-Kanal.

Das sagt Prof. Dr. Anja Carlsohn,
Professorin für Ernährungswissenschaft/Ökotrophologie an der HAW Hamburg und
Leiterin der AG Sporternährung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB):

Die Ernährungserfahrungen von Kristin Pudenz sind ein schönes Beispiel dafür, dass auch Athleten aus „schweren“ Disziplinen von einer gesunden und ausgewogenen Ernährung profitieren. Eine sportgerechte Ernährung bietet über das Gewichtsmanagement hinausgehend so viel Potenzial zur Unterstützung der Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Leistungsentwicklung.

Der bevorzugte Verzehr selbstzubereiteter Speisen und eine deutliche Einschränkung von Fastfood-Konsum zeigt offensichtlich positive Effekte. Gegen ein Quark mit Müsli und Früchten gäbe es übrigens gar nichts einzuwenden, wenn es gut schmeckt, nur sollte es nicht gerade die Vollfett-Variante sein.

Wünschenswert wäre, dass Kristin es mit zunehmender Ernährungserfahrung schafft, sich aus natürlichen hochwertigen Lebensmitteln eigene eiweißreiche Shakes zuzubereiten, anstatt auf kommerzielle Produkte zurückzugreifen, bei denen sie nicht zu 100 Prozent sicher sein kann, was drinsteckt. Auch wenn kommerzielle Eiweißshakes eine Art Convenientprodukt sein können – selbst zubereitete Eiweißshakes sind ebenfalls superleicht und schnell gemixt und in der Regel geschmacklich attraktiver und abwechslungsreicher. Zudem braucht man sich dann als Athlet keine Gedanken über potenzielle dopingrelevante Verunreinigungen zu machen.

Beim Fleischwarenkonsum würde ich noch etwas genauer hinschauen. Einmal täglich ist aufgrund der Kanzerogenitätseinstufung der WHO (rotes Fleisch: wahrscheinlich kanzerogen; Fleischwaren wie Wurst: überzeugend kanzerogen) in Hinblick auf die Gesundheit einfach zu viel.

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