| PSD Bank Meeting

Armand Duplantis – Ein Himmelsstürmer greift nach den Sternen

Er ist gerade 20 Jahre alt geworden und trotzdem schon der kompletteste Stabhochspringer der Welt. Was Armand Duplantis beim PSD Bank Meeting in Düsseldorf zeigte, war außergewöhnlich. Obwohl es mit dem Weltrekord (noch) nicht klappen wollte.
Martin Neumann

Um kurz nach 21 Uhr hielt es die Zuschauer beim PSD Bank Meeting in Düsseldorf nicht mehr auf ihren Sitzen. Sie spürten, dass an diesem Dienstagabend etwas Besonderes möglich war. Ein Stabhochsprung-Weltrekord! So spielend einfach war Armand Duplantis in seinem ersten Wettkampf nach WM-Silber am 1. Oktober in Doha (Katar) wenige Minuten zuvor im zweiten Versuch über die „magischen“ 6,00 Meter geflogen. Da schien noch deutlich mehr möglich.

Und der 20-jährige Schwede überlegte nicht lange. Er ließ als letzter Teilnehmer im Wettbewerb die Latte auf 6,17 Meter legen. Einen Zentimeter höher als die Weltrekordmarke von Renaud Lavillenie (Frankreich) aus dem Jahr 2014. Keine Zwischenhöhe, beispielsweise die neue Bestleistung von 6,06 Metern. Nein: Der Weltrekord sollte es sein. Hier, an diesem Abend in Düsseldorf.

Der Ellenbogen verhindert den Weltrekord

Der zweite Versuch: Nach 18 Schritten Anlauf schraubt sich Armand Duplantis in der Düsseldorfer Leichtathletik-Halle in die Luft, überwindet die Latte mit Beinen und Rumpf. Seine Mutter Helena in der ersten Zuschauerreihe an der Stabhochsprunganlage hat wie die restlichen 2.000 Fans und der Europameister selbst schon den Jubelschrei auf den Lippen.

Doch der 20-Jährige hat den rechten Arm zu dicht am Körper und touchiert mit dem Ellenbogen leicht die Latte. Diese Berührung reicht aus. Die Latte fällt. Die Sprünge eins und drei über 6,17 Meter waren ebenfalls gut, aber längst nicht so knapp wie der zweite. Für viele Beobachter war es einer der schönsten Sprünge in der Stabhochsprung-Geschichte. „Bessere Sprünge habe ich selbst noch nicht gesehen, da ich beim Weltrekord von Renaud Lavillenie nicht dabei war“, zollte der mehrmalige Deutsche Meister Tobias Scherbarth dem jungen Höhenjäger Respekt. Gleichzeitig wäre es der erste Stabhochsprung-Weltrekord in Deutschland seit 28 Jahren gewesen. Am 21. Februar 1992 hatte Sergey Bubka (Ukraine) die Bestmarke in Berlin auf 6,13 Meter gesteigert.

Erstmals in der Halle über 6,00 Meter

„Ich habe gespürt, dass es möglich war. Der zweite Sprung war so gut, wie ich es nur hätte erwarten können“, erzählte Armand Duplantis nach der verdienten Ehrenrunde in der Mixed-Zone. Klar wusste der Schwede um seine bestechende Form. Aber dass er gleich beim Saisoneinstand erstmals in seiner Karriere in der Halle 6,00 Meter meistern und anschließend vielversprechende Weltrekord-Versuche abliefern würde, hätte er wohl selbst nicht für möglich gehalten. „Das Training lief wirklich gut. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass beim ersten Wettkampf gleich alles zusammenpasst“, sagte der Schwede, dessen Vater und Trainer Greg Duplantis (PB: 5,80 m) selbst ein Weltklasse-Stabhochspringer war.

Den „Familien-Rekord“ hat der Überflieger übrigens schon im zarten Stabhochsprung-Alter von 17 Jahren übertroffen. Man darf fast sicher sein: Es wird nicht der letzte Rekord vor Armand Duplantis gewesen sein. Er bringt ein Übermaß an Talent mit, verbindet Schnelligkeit, Athletik und turnerische Fähigkeiten zu einem idealen Gesamtpaket. Mit einer Größe von 1,81 Metern und 79 Kilogramm Körpergewicht weist er eine ähnliche Statur auf wie Stabhochsprung-Legende Sergey Bubka mit seinen 35 Weltrekorden.

Erinnerungen an die Höhenflüge bei der EM 2018

Die Fixierung auf den Weltrekord ist für den Europameister aber nicht alles entscheidend. „Es geht darum, einfacher sechs Meter zu springen als in der Vergangenheit“, sagte Armand Duplantis nach dem vierten Sechs-Meter-Wettkampf seiner Karriere. Außerdem möchte er häufiger das „Fliegen erleben“. Das sei ihm bisher nur zweimal gelungen: „Das war 2018 in Berlin und heute Abend. Deutschland hat wohl etwas Besonderes“, erklärte der Ausnahme-Springer. Bei der EM vor anderthalb Jahren im Berliner Olympiastadion hatte der damals 18-Jährige mit 6,05 Metern seine noch immer gültige Bestmarke aufgestellt.

Dass selbst 6,20 oder 6,25 Meter für Armand Duplantis keine Grenze sein müssen, hat er am Dienstagabend eindrucksvoll bewiesen. Sein größter Konkurrent – und irgendwie auch größer Fan – Sam Kendricks (USA) fand in Düsseldorf nur lobende Worte für den Überflieger. „Das könnte sein Jahr werden“, rief der zweimalige Weltmeister ins Hallen-Mikrofon und animierte die Zuschauer, den Schweden bei den Weltrekord-Versuchen zu unterstützen. Beim PSD Bank Meeting klappte es noch nicht mit dem Sprung in die Rekordbücher. Doch weitere Versuche werden für Armand Duplantis folgen. Da darf man sich nach seiner Düsseldorfer Flugshow sicher sein.

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