| Talent im Porträt

Fabian Olbert – Junge Start-Rakete ärgert die Top-Sprinter

Nachwuchssprinter Fabian Olbert hat diesen Winter über 60 Meter starke Zeiten abgeliefert: Den bayerischen U20-Hallenrekord von Christian Blum deutlich unterboten, die persönliche Jugend-Bestleistung des Deutschen Rekordhalters Julian Reus nur um eine Hundertstel verpasst und Letzteren sogar im Halbfinale von Leipzig geschlagen. Unverkennbar dabei: Sein ganz spezieller Lauf-Stil, der ihn im Sommer zur U20-WM nach Kenia bringen soll.
Pamela Lechner

„Fabian Olbert auf den Spuren von Julian Reus“, „Fabian Olbert nähert sich Reus-Bestleistung“ – lauteten die Schlagzeilen, die der Nachwuchssprinter im Januar am Wochenende der Bayerischen Hallenmeisterschaften produziert hatte. Mit 6,70 und 6,68 Sekunden war der 19-Jährige die 60 Meter in München so schnell gerannt wie seit 2007 kein deutscher U20-Athlet mehr.

Zuletzt war vor 13 Jahren eben Julian Reus (LAC Erfurt Top Team) schneller gewesen, der Deutsche Rekordhalter über 60 und 100 Meter legte die kurze Sprint-Distanz in seinen besten Jugend-Jahren in 6,64 Sekunden zurück. In einer eigenen Liga ist dagegen die deutsche U20-Bestleistung von Sven Matthes aus dem Jahr 1988 mit 6,53 Sekunden.

Der große Auftritt des Fabian Olbert (LG Stadtwerke München) sollte aber erst noch kommen: Bei der Hallen-DM in Leipzig zog er bei seinem Halbfinal-Sieg an Julian Reus vorbei, schlug den Rekordsprinter in neuer Bestzeit von 6,65 Sekunden. „Das war schon ein unglaubliches Gefühl, besonders mit der Zeit“, beschreibt der Kirchheimer. Zur besagten Reus-Jugend-Bestmarke reichte es nur um eine Hundertstel nicht.

Julian Reus als Inspiration

Während die Statistik solch interessante Parallelen möglich macht, hält Fabian Olbert selbst nicht allzu viel davon: „Julian ist auf jeden Fall eine Inspiration für mich, es ist schön, seinen Zeiten immer näher zu kommen, aber es ist nicht so, dass ich mich an anderen Menschen festhalte und mich zu sehr mit ihnen vergleiche.“ Man wisse auch nicht, wie damals die Bedingungen waren. Ein richtiger Vergleich sei nur im selben Rennen möglich.

Im DM-Finale lief es dann weder für Reus noch für Olbert optimal: Der Deutsche Rekordler und Top-Favorit wurde nach einem Fehlstart disqualifiziert, der Youngster war nach zwei Fehlstarts der Konkurrenz durch Wadenkrämpfe gehandicapt – jeder Start kostet Kraft. Vor dem dritten Startschuss hatte er schon überlegt, das Finale abzubrechen. Doch er kämpfte sich durch, ließ wegen der Krämpfe austrudeln – um eine Verletzung zu vermeiden – und wurde bei den Großen immerhin noch Siebter (6,74 sec).

Geplatzt war der Traum von einer noch besseren Zeit und womöglich einer Medaille. Die holte er sich dann am Tag drauf mit der Vereinsstaffel der LG Stadtwerke München in Bronze ab – ein weiterer Team-Erfolg für den Sprinter. Mit einem Teil des Quartetts war er im Vorjahr zum deutschen U20-Rekord gerannt und zudem U20-Staffel-Europameister geworden. „Staffel liegt mir und ich laufe es auch gern, aber die Anspannung ist viel größer. Macht man einen Fehler, sind die anderen auch betroffen.“

Bayerischen Jugend-Rekord von Christian Blum gebrochen

Einzel-Rennen sind Fabian Olbert daher lieber und dort trumpfte er in diesem Winter auf. Den bayerischen U20-Hallenrekord über 60 Meter verbesserte er um acht Hundertstel. Die Marke hatte seit 2006 mit Christian Blum kein Unbekannter gehalten, der Wattenscheider gewann Silber bei der Hallen-EM 2015. Seine eigene Bestleistung aus 2019 schraubte „Fabi“ um eine Zehntel nach oben.

Und das mit seinem ganz eigenen Lauf-Stil. Wer den U18-EM-Fünften und Sechsten der Olympischen Jugendspiele über 100 Meter rennen sieht, dem fällt seine tiefe Armführung auf. „Die Arme sind so ein Ding für sich, da können wir auf jeden Fall noch daran arbeiten. Das ist noch nicht ideal und sieht ziemlich speziell aus“, weiß der Student der Elektrotechnik. Der Start ist seine Stärke. Mittlerweile ist die zweite Renn-Hälfte ebenso konkurrenzfähig, wie eine Lauf-Analyse zeigt.

Seit zehn Jahren den gleichen Trainer

Gelernt hat er all das bei seinem langjährigen Coach Michael Ehrenreich, der ihn schon seit zehn Jahren, als er in der 2. Klasse nach den Bundesjugend-Spielen mit der Leichtathletik begann, betreut. Zuerst beim Kirchheimer SC, dann wechselte der Trainer im November 2016 mitsamt seiner Gruppe zur LG Stadtwerke München. „Wir liegen auf einer Wellenlänge. Wenn wir Fehler finden, können wir das zusammen ausmerzen. Da haben wir uns gut weiterentwickelt“, erzählt der Deutsche Jugend-Hallenmeister über die Zusammenarbeit.

In Kirchheim durchlief er eine Mehrkampf-Ausbildung, war bei den Deutschen Meisterschaften im Blockwettkampf Wurf in der M14 und M15 zweimal in den Top Zwei gemeldet, verpasste eine Medaille aber, weil er über die Hürden flog. Dafür wurde er 2016 Deutscher U16-Meister im Hürdensprint. Und verstand sich anschließend im ersten U18-Jahr als Hürdensprinter („das war schon klar, dass das nichts wird“), bevor er die 100 Meter ausprobierte und sich 2018 überraschend für die U18-EM in Györ (Ungarn) qualifizierte.  

Blonde Haare sind wieder ab

In der abgelaufenen Hallensaison fiel Fabian Olbert nicht nur durch schnelle Rennen auf, sondern auch durch seine zur Hälfte blond gefärbten Haare – das Ergebnis eines Trainingslager-Spaßes an Silvester. Mittlerweile sind die blondierten Haare wieder ab. In der DLV-Jahresbestenliste der Männer sticht er als Siebter und Jüngster der Top Acht weiter heraus. Alle anderen, die wenige Hundertstel schneller waren, sind mindestens zwei Jahre älter.

In seiner Altersklasse ist der 1,73 Meter große Leichtathlet international ganz vorne dabei: Über die 60 Meter liegt der Nachwuchssprinter in der U20-Weltbestenliste auf einem geteilten zweiten Platz. Das motiviert für die Freiluft-Saison, wenn er im Juli bei der U20-WM in Nairobi (Kenia) mitmischen will – am liebsten mit einem Doppel-Start über 100 Meter und mit der 4x100 Meter-Staffel.

„Im Sommer ist viel möglich. Es kommt darauf an, wie gut ich meine Form halten oder sogar noch ausbauen kann. Das ist 2019 nicht ganz so gelaufen wie geplant, ich denke, das schaffen wir dieses Jahr besser“, blickt er voraus. Mit seiner Leistung über die 60 Meter ist eine Steigerung seiner 100 Meter-Bestzeit (10,45 sec) auf jeden Fall drin: „Mein Ziel ist es erstmal unter 10,30 Sekunden zu laufen.“

Hobby-Maler und Wettkampf-Typ

Abseits der Bahn trifft sich Fabian Olbert gerne mit Freunden oder zeichnet: Landschaften, Porträts, Aquarelle, mit Bleistift oder Tusche. Viel Zeit bleibt dafür aber nicht: Freizeit ist als Leistungssportler knapp, das musste er auch im Rahmen seines Studiums feststellen. Das Fach Elektrotechnik (TU München) lässt sich in Regelstudienzeit kaum mit seinen Sprint-Ambitionen vereinbaren. Mit dem OSP und der Laufbahnberatung konnte er deshalb „einen Deal aushandeln“ und das Studium strecken.

Anfang April fliegt der Sprinter mit dem DLV-Nachwuchskader ins Trainingslager nach Kreta (Griechenland). Sein erstes 100 Meter-Rennen wird er am 16. Mai beim BLV-Top-Meeting in Germering bestreiten. Spätestens dann wird es auch höchste Zeit, dass die Saison losgeht, denn Wettkämpfe machen ihm deutlich mehr Spaß als Training. So besteht wieder die Chance, weitere Medaillen zu gewinnen.

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