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David Storl: Zwischen Aufholjagd und Zukunftsplanung

David Storl hat zwischen 2007 und 2019 19 internationale Medaillen gewonnen. Nach einem verkorksten WM-Jahr und Verletzungsrückschlägen kommt ihm die Olympia-Verschiebung entgegen. Doch dem Kugelstoßer fehlt die Wettkampf-Praxis.
dpa/sb

Energisch wuchtet er die Kugel aus dem Ring. David Storl (SC DHfK Leipzig) sieht topfit aus und versprüht beim Training in der Testhalle des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) Leipzig enorm gute Laune. Dank einer Ausnahmeregelung vom sächsischen Innenministerium darf er weiter trainieren. Daran ändert auch die Olympia-Absage und Verschiebung von einem Jahr nichts.

"Für uns ist es die Grundlage, dass es vielleicht im Sommer wieder zu irgendwelchen Wettkämpfen kommen kann. Wenn wir uns zu Hause mit ein bisschen Stabi-Training und Fahrradfahren die Zeit vertreiben, dann können wir es auch lassen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Für ihn sei es "wichtig, dass ein bissel Routine bleibt, dass wir in den Kraftraum gehen und Kugelstoßen können. Es ist ja kein Freizeitsport wie Laufen gehen oder Fahrrad fahren".

Olympia-Verschiebung eher Vorteil als Nachteil

Nach dem verkorksten WM-Jahr will der Routinier vom SC DHfK Leipzig wieder angreifen. Immerhin ist die Lücke zur Weltspitze derzeit groß. "Es ist enorm wichtig, gerade für mich in meiner Situation. Ich hatte letztes Jahr keine Wettkämpfe mit einem relevanten Ergebnis erzielt. Ich war seit April verletzt", sagte Deutschlands erster und zugleich jüngster Kugelstoß-Weltmeister, der 2011 in Daegu (Südkorea) und 2013 in Moskau (Russland) WM-Gold holte: "Wenn jetzt der nächste Sommer dahingeht, ohne dass ich einen Wettkampf mache und kein zufriedenstellendes Ergebnis erreiche, dann schlägt sich das schon ein bissl auf das Gemüt aus. Und man verliert zudem auch die Wettkampfroutine."

Laut Trainer Wilko Schaa ist der gebürtige Rochlitzer "mit seinen 29 Jahren im besten Werfer-Alter. Daher gehen wir die nächsten Ziele sehr intensiv an", sagte Schaa, der der von 2009 bis 2017 am IAT tätig war. Die Olympia-Verschiebung ist für den einstigen Sportwissenschaftler "eher ein Vor- statt ein Nachteil". So sieht es auch sein Schützling: "Aber der Vorteil geht jetzt wieder flöten, wenn gar keine Wettkämpfe stattfinden. Ich brauche ein paar Wettkämpfe auf hohem Niveau, um mich wieder rein zu finden in die ganzen Abläufe", sagte Storl.

Ideal sei die Tokio-Verschiebung für den gesamten Trainingsprozess, "weil ich im Dezember erst wieder richtig mit der Vorbereitung anfangen konnte. Und da ist es einfach besser, wenn man über zwölf Monate Zeit hat, sich auf Olympische Spiele vorzubereiten, als wenn man das innerhalb von sechs Monaten bewerkstelligen muss". Umschreiben muss sein Coach die Trainingspläne aufgrund der Verletzungsmisere zuletzt ohnehin. "Wir haben aber jetzt mehr Zeit, um sein Level hochzuschieben und auch hochzuhalten", betonte der 37 Jahre alte Coach und hofft auf die Wettkämpfe im Sommer: "Die unmittelbare Wettkampfvorbereitung ziehen wir jetzt durch."

Alle Pläne durcheinandergewirbelt

Nachdem die für den August 2021 in Eugene (USA) geplante Leichtathletik-WM ins Jahr 2022 verschoben wurde, hofft das Duo auf Wettkampfpraxis. Nachdem Storl im Februar in Lodz mit 20,03 Meter die 20er-Marke geknackt hat, müssen bis Tokio 2021 weitere Quantensprünge folgen. Immerhin steht seine Freiluft-Bestleistung bei 22,20 Meter. Und Olympiasieger Ryan Crouser aus den USA stieß mit der Drehtechnik die Kugel in dieser Saison schon 22,60 Meter weit.

Neben den sportlichen Herausforderungen muss sich Familienvater Storl neben Hausaufgaben seines älteren Kindes aktuell auch um seine Berufspläne kümmern. Die Corona-Krise "wirbelt alles durcheinander. Es fängt ja schon damit an, wenn es eine späte Sommersaison gibt, kommen ja schon die Urlaubs- und Regenerationszeiten mit der Vorbereitungszeit durcheinander".

Zudem war 2021 als nacholympisches Jahr schon verplant: "Man macht nach Olympia einfach mal ein paar andere Dinge, ob das eine Weiterbildung bei der Bundespolizei gewesen wäre oder ein längeres Dienstpraktikum – das muss jetzt alles geklärt werden. Wir müssen erstmal checken wie das alles überhaupt abläuft", sagte er und setzt bei allen Widrigkeiten Prioritäten: "Die Vorbereitungen auf Olympia stehen weiter im Vordergrund."

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