| Das Geheimnis der Langeweile

Langeweile aushalten – Kreativität neu entdecken

Einfach mal nichts zu und den Gedanken freien Lauf lassen. Gar nicht so einfach. Aber doch so lohnenswert! Warum Langeweile und Leerlauf die Quelle für wertvolle Inspirationen sind.
Prof. Dr. Kristin Behrens

Unser heutiger Lebensalltag ist geprägt durch viele kleine Ablenkungsmanöver. Wir nutzen digitale Techniken, um uns nahtlos mit etwas zu beschäftigen. Dabei hat der Leerlauf im Kopf einen großen Nutzen, denn wir sind nicht darauf programmiert, ständig „angeschaltet“ zu sein. Die permanente Überstimulation unseres Gehirns wirkt sich negativ auf unsere Gesundheit aus. Das kann zu einem erhöhten Stress-Level, verminderter Konzentrationsfähigkeit und Kreativität bis hin zur Digital-Sucht führen. Die Lösung ist „Langeweile aushalten“, alles auf „0“ stellen und den Gedanken einfach freien Lauf lassen. Am besten gelingt Langeweile, wenn wir uns eine Auszeit von Menschen, Aktivitäten und Technologie gönnen.

Den meisten Menschen fällt es schwer abzuschalten und Nichts zu tun. Denn Langeweile ist ein „als unangenehmes, lästig empfundenes Gefühl des Nicht-ausgefüllt-Seins, der Eintönigkeit, Ödheit, das aus Mangel an Abwechslung, Anregung, Unterhaltung, an interessanter, reizvoller Beschäftigung entsteht“. Häufig empfinden wir diese Momente sogar als unproduktiv. Nervosität und Unruhe machen sich bemerkbar und Langweile fühlt sich zunächst nicht nach Erholung an.

Dass die Langeweile „unser größter Feind“ ist, hat schon Voltaire gesagt. Wissenschaftler der Universität von Virginia und der Harvard Universität (beide USA) haben dies eindrucksvoll mit einer Studie bewiesen. Sie ließen Studierende für bis zu 15 Minuten in einem Raum sitzen, ohne dass diese sich durch irgendetwas ablenken durften. Nur eine Möglichkeit hatten die Probanden: Sie konnten sich selbst einen schmerzhaften Elektroschock zufügen. Mehr als zwei Drittel drückten in der langweiligen Viertelstunde mindestens einmal auf den Knopf.

Aus Langeweile entstehen positive Impulse

Langfristig wirkt sich Entschleunigung positiv auf Produktivität, Kreativität und die Reduktion des Stress-Levels aus. Langeweile kann Menschen auch dazu inspirieren, nach neuen Wegen und Lösungen zu suchen, altruistisch und einfühlsam zu sein und sich auf prosoziale Aufgaben einzulassen.

Pluspunkte für die Langeweile:

  • Mehr Kreativität: Langeweile ist keine Zeitverschwendung – ganz im Gegenteil! Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass unser Gehirn diese kleinen Auszeiten braucht, um neue Gedanken zu fassen und kreativer zu denken. Insbesondere Tagträume aktivieren Gehirnregionen, die für Vorstellungskraft und Kreativität zuständig sind.
  • Mehr Konzentration: Weniger ist manchmal mehr und hilft dabei, sich wieder besser fokussieren zu können und Dinge zu hinterfragen. Diese bewussten Pausen können sich positiv auf Schlaf, Diät-Erfolg und emotionale Stabilität auswirken, die wiederum im engen Zusammenhang mit der Konzentrationsfähigkeit stehen.
  • Mehr miteinander: Langeweile kann Menschen auch dazu motivieren, sich auf soziale Aufgaben einzulassen. Diese Wirkung zeigt sich weit über die Dauer der langweiligen Aktivität hinaus. „Aus Langeweile sehnen sich die Menschen nach anderen und zielgerichteten Aktivitäten, und als Folge davon wenden sie sich anspruchsvolleren und sinnvolleren Handlungen zu und wenden sich dem zu, was sie als wirklich sinnvoll im Leben empfinden", so Forscher der University of Limerick (Irland).
  • Mehr DU: Langeweile lässt die Gedanken wandern und macht uns altruistischer, introspektiver und hilft bei der autobiografischen Planung. Dadurch wird der Weg frei für ganz neue Denkansätze, die sich plötzlich besser entfalten können. In diesen Ruhephasen können wir uns intensiv mit unserem eigenen Leben und neuen Zielen auseinandersetzen. Daraus kann Motivation entstehen etwas Neues zu lernen oder zu entdecken. Gleichermaßen kann durch diese Reflektion Langeweile als Verstärker dienen, um zum Beispiel eine unbefriedigende Situation zu ändern.

Tipps für Kids

„Mama wie lange brauchen wir noch?“ oder „…ich habe nichts zum Spielen. Was soll ich machen?“. Für viele Eltern ist es unerklärlich, dass sich ihre Kinder langweilen, denn das Kinderzimmer ist voll mit Spielzeug. Doch gerade das wird zum Problem. Der Überfluss an Spielmöglichkeiten nimmt den Kindern jegliche Kreativität. Die Motivation sich selber etwas einfallen zu lassen, ist gering. Gleiches gilt für durchstrukturierte Tagesabläufe, die keinerlei Raum für Kids lassen, sich alleine zu beschäftigen.

Experimentieren und das Entdecken eigener Stärken und persönlichen Interessen ist dadurch minimiert. Zusätzlich werden kreative Räume und jede Form des gedanklichen „Leerlaufs“ durch digitale Anwendungen gefüllt – der Kopf steht niemals still! Deshalb Smartphone und Spielkonsole zur Seite legen und Langeweile aufkommen lassen, um sich kreativ zu fordern und neue Bewegungs- und Spielmöglichkeiten zu entdecken!
 

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#TrueAthletes@Home
 

Quellen:

  • Mann, S.  (2016). The Science Of Boredom: The Upside (And Downside) Of Downtime. ISBN-13: 9781472135995.
  • Elpidorou, A. (2018). The good of boredom, Philosophical Psychology, 31:3, 323-351, DOI: 10.1080/09515089.2017.1346240
  • Mann, S. & Cadman, R. (2014) Does Being Bored Make Us More Creative?, Creativity Research Journal,26:2, 165-173, DOI: 10.1080/10400419.2014.901073
  • Wijnand A. P. van Tilburg & Eric R. Igou (2017). Can boredom help? Increased prosocial intentions in response to boredom, Self and Identity, 16:1, 82-96, DOI: 10.1080/15298868.2016.1218925

 

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