| Hintergrund

Carolina Krafzik und die Liebe zu den Langhürden

Bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig verteidigte Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen) erfolgreich ihren Titel. „Der Wechsel von den 100 Meter Hürden auf die 400 Meter Hürden war die beste Entscheidung meiner Karriere“, erzählt die 25-Jährige gegenüber leichtathletik.de
Martin Neumann

Zwei Sindelfinger Leichtathletinnen strahlten bei den Deutschen Meisterschaften mit der Sonne am stahlblauen Braunschweiger Himmel um die Wette. Denn die Trainingspartnerinnen Carolina Krafzik (Gold in 55,90 sec) und Lisa Sophie Hartmann (Bronze mit Bestzeit von 57,27 sec) hatten wenige Augenblicke zuvor das „Medaillen-Double“ für den VfL Sindelfingen über 400 Meter Hürden im Eintracht-Stadion perfekt gemacht.

Für die Deutsche Meisterin war es bei den Wettkämpfen die erfolgreiche Titelverteidigung nach ihrem Gold-Coup vor Jahresfrist im Berliner Olympiastadion. Damals hatte sie sich sensationell für die WM in Doha (Katar) qualifiziert und ein neues – kaum zu erwartendes – Kapitel in ihrer Karriere aufgeschlagen. Sogar die längst geplanten Urlaubsreisen mussten abgesagt werden.

„Beste Entscheidung meiner Karriere“

„Der Wechsel von den 100 Meter Hürden auf die 400 Meter Hürden war die beste Entscheidung meiner Karriere. Auch wenn ich einige Zeit gebraucht habe, um mich an die Strecke zu gewöhnen“, blickt die 25-Jährige zurück. Allerdings galt der Fokus von Carolina Krafzik schon kurze Zeit nach ihrem Titelgewinn bereits wieder der sportlichen Zukunft.

Die aufgrund der Corona-Pandemie auf 2021 verschobenen Olympischen Spiele sind ihr großes Ziel. Dafür sind 55,40 Sekunden als Norm gefordert, 24 Hundertstel schneller als ihre Bestzeit vom DM-Triumph 2019. „Ich traue mir die Zeit zu. Allerdings brauche ich dafür eine gute Vorbereitung und mehr Rennen als in diesem Jahr. Denn ich werde erfahrungsgemäß von Wettkampf zu Wettkampf schneller“, sagt die Deutsche Meisterin.

Keine weiteren Rennen mehr in dieser Saison

Um optimal in das Olympiajahr zu starten, bestreitet der Schützling von Trainer-Legende Werner Späth in dieser Saison keine weiteren Rennen mehr. Stattdessen beginnt im September die schweißtreibende Vorbereitung für die Grundschul-Referendarin. „Eigentlich kam mir die Olympia-Verschiebung gelegen, da ich im Winter verletzt war und keine Wettkämpfe bestreiten konnte“, sagt Carolina Krafzik. Ein Knochenödem im Fuß durchkreuzte wichtige Trainingswochen und ihre Hallensaison.

Wer das DM-Finale in Braunschweig erlebte, sah eine Viertelmeilerin voller Energie und Kampfgeist. Die WM-Halbfinalistin zog ihren geplanten Rhythmus durch und hielt auch ihre größte Konkurrentin Djamila Böhm (ART Düsseldorf; 56,64 sec) klar auf Distanz. Die Zielgerade ist ohnehin eine Stärke von Carolina Krafzik, die im Frühjahr noch – unfreiwillig – weiter ausgebaut wurde. „Durch den Corona-Lockdown haben wir viele lange Läufe im Wald absolviert und so die Ausdauer gestärkt“, so die Deutsche Meisterin.

Um wenigstens ein wenig „Hürden-Feeling“ zu bekommen, stellte sie sich einige 76,2 Zentimeter hohe Hindernisse in die Garage. So konnte rudimentär an der Technik gefeilt werden. „Doch natürlich war ich froh, als wir wieder ganz normal auf der Laufbahn trainieren konnten“, erzählt Carolina Krafzik. Das war nach einigen Wochen zunächst am Olympiastützpunkt in Stuttgart möglich und später wieder auf der heimischen Anlage in Sindelfingen.

Carolina Krafzik über Jackie Baumann: „Ich ziehe meinen Hut“

Das Ziel der Olympia-Teilnahme hat sich ihre ehemalige Konkurrentin Jackie Baumann (LAV Stadtwerke Tübingen) schon vor vier Jahren in Rio de Janeiro (Brasilien) erfüllt. Doch trotz neuer Bestzeiten über 400 Meter (52,83 sec) und 400 Meter Hürden (55,53 sec) in den vergangenen Wochen wird Carolina Krafzik nicht mehr auf die ein Jahr jüngere Athletin treffen. Die zweimalige Deutsche Meisterin beendete vor zwei Wochen überraschend ihre Karriere. „Mir ist der Spaß am Wettkampf-Sport abhandengekommen“, erklärte Jackie Baumann.

Carolina Krafzik hat Verständnis für diese Entscheidung. Auch wenn ihr nun die schärfste nationale Rivalin auf der Laufbahn fehlt. Und gleichwertige Konkurrenz ist eben ein wichtiger Faktor für die eigene Leistungsentwicklung. „Für mich war das Karriereende von Jackie total überraschend. Ich hatte mich auf das DM-Duell gefreut, es wäre ein schöner Lauf geworden. Es war eine sehr mutige Entscheidung, ich ziehe davor meinen Hut“, sagt Carolina Krafzik. Jackie Baumann hatte noch 2019 nach dem DM-Finale in Berlin die Leistung der Sindelfingerin trotz Niederlage mit einem Lachen und dem positiv gemeinten Ausspruch „Du Tier“ geadelt.

Das Rennen in Berlin war 2019 der Durchbruch der nun zweimaligen Deutschen Meisterin. „Da habe ich meine Strecke endgültig gefunden“, sagt Carolina Krafzik. Eine Strecke, die sie 2021 zum verspäteten Highlight Olympische Spiele führen könnte. Einen weiteren Schritt Richtung Tokio (Japan) hat Carolina Krafzik mit ihrem starken Rennen in Braunschweig in jedem Fall getan.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024