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Yemisi Ogunleye: Mit dem Drehstoß folgt der nächste Leistungsschritt

Eine Umstellung zur Drehstoßtechnik hat sich für Kugelstoß-Talent Yemisi Ogunleye in diesem Jahr mehr als ausgezahlt. Probleme mit dem Knie sind passé, die Kraftwerte gestiegen und das Wichtigste: die Kugel fliegt konstant weiter als noch vor einem Jahr. Ein Leistungssprung, der sie in die Spitze der deutschen Kugelstoßerinnen katapultierte.
Jane Sichting

Die Drehung macht's – oder treffender formuliert: die Drehung macht den Unterschied. Im Falle von Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) ist es der Unterschied in der Technik und damit einhergehend ein erster deutlicher Unterschied in der Weite. Vier der sechs besten Stöße der 21-Jährigen stammen aus dem Jahr 2020, im Vergleich zu ihrem zuvor einzigen 17-Meter-Stoß hat sie noch mal 30 Zentimeter draufgepackt. „Die Umstellung war auf jeden Fall die richtige Entscheidung und hat sich bereits jetzt ausgezahlt. Ich bin damit sehr zufrieden“, sagt sie und strahlt über das ganze Gesicht.

Mit ihrer Bestleistung von 17,36 Metern, die sie Mitte August in Halle (Saale) erzielt hatte, liegt sie in der aktuellen Bestenliste des DLV auf Rang drei. Eine Position, die Ogunleye bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig mit der Bronzemedaille untermauerte. Dabei war die 1,85 Meter große Athletin bereits in jungen Jahren erfolgreich. Schon 2015 trug sie als Deutsche U18-Meisterin das Nationaltrikot und wurde Siebte der U18-WM. Zwei Jahre später wurde sie Sechste der U20-EM und belegte national Platz drei. Nach einem fünften Platz bei der U23-DM 2019 folgte in diesem Jahr erstmals Bronze in der Frauenkonkurrenz. „Ein bisschen habe ich damit geliebäugelt und mir vor dem Wettkampf gesagt, dass ich ohne eine Medaille nicht nach Hause fahre“, verrät sie.

Das Knie gibt die Technik vor

Doch wie kam es zur Umstellung der Technik von der Angleitbewegung hin zur Drehstoßtechnik? In Deutschland wurden die größten Weiten in der Spitze zuletzt noch mit dem Angleiten erzielt. In der Jugend aber setzen bereits jetzt die besten Athleten auf den Drehstoß, denn der Erfolg ist hier weniger von der körperlichen Konstitution, zum Beispiel der Körpergröße, abhängig. Dies war für Ogunleye jedoch weniger Anlass, sich in den komplexeren und schwerer zu kontrollierenden Bewegungsablauf einzuüben. Vielmehr war es ein kaputtes rechtes Knie.

„Ich hatte bereits zwei Knie-OPs und beim Angleiten immer Probleme“, erzählt sie. „Um das rechte Knie zu entlasten, das beim Angleiten einer besonders hohen Belastung ausgesetzt ist, haben wir es einfach mit der Drehstoßtechnik probiert. Und es hat funktioniert, die Drehbewegung liegt mir wesentlich mehr.“ Profitiert hat sie beim Erlernen dieser Technik auch von ihrer Vergangenheit als Mehrkämpferin und den Erfahrungen aus dem Diskuswurf. Dies sei zwar nicht komplett die gleiche Bewegung, habe aber geholfen, Drehbewegung und abschließendes Stoßen der Kugel leichter zu koordinieren.

Zwischenziel: Technik festigen

„Natürlich ist die neue Technik sehr anspruchsvoll und mir gelingt es noch nicht in jedem Wettkampf, sie sauber umzusetzen. Aber gerade diese Herausforderung hat mich im Training extrem motiviert“, sagt Ogunleye. Zudem habe sie deutliche Fortschritte im Krafttraining gemacht: „Weil ich jetzt keine Probleme mehr mit meinem Knie habe, kann ich viel intensiver trainieren und zum Beispiel Kniebeugen mit größeren Gewichten absolvieren“. Ihre Leistungssteigerung führt die Mannheimerin somit nicht allein auf die Technik zurück.

Und doch ist es erstaunlich, dass der Leistungssprung ausgerechnet im Jahr von Corona kam. Zumal Mannheim einer der letzten Olympiastützpunkte war, der nach der Zwangsschließung für Kaderathleten wieder geöffnet wurde. „Im ersten Monat war alles komplett dicht, danach gab es erste Lockerungen“, erzählt sie. Trainiert habe sie während der Zeit dennoch, wenn auch eher alternativ. Erst „als die U23-DM abgesagt wurde, war ich schon etwas traurig“, gibt sie zu. Ihrer Motivation tat dies hingegen keinen Abbruch. Und umso mehr freute sie sich, dass es noch eine Late Season gab. „Einfach Wettkämpfe bestreiten, das ist die Hauptsache. Und für mich auch wichtig, um die Drehstoßtechnik auch unter Wettkampf-Bedingungen zu festigen.“

"Wirklich lustige Truppe"

Infolge der Schließung der Trainingsanlagen in Mannheim auf sich allein gestellt zu sein, war für die Perspektivkader-Athletin allerdings nicht neu. „Seitdem Shanice Craft aus Mannheim weg ist, trainiere ich immer alleine“, sagt sie. „Klar ist das etwas anderes, wenn du keine Trainingsgruppe um dich hast. Da fehlen zum Beispiel kleine Wettkämpfe im Training“, sagt Oguleye. Dennoch sieht sie auch die Vorteile: „Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Trainerin Iris Manke-Reimers. Und weil ich alleine bin, kann sie sich viel stärker auf mich fokussieren.“ Wenn Konditionstraining auf dem Plan steht, „schließe ich mich gern auch mal den Läufern an und jogge mit ihnen zusammen eine Runde“, lacht sie. Geselligkeit findet sie zudem in Trainingslagern mit der Nationalmannschaft: „Da sind wir eine wirklich lustige Truppe.“

Ihren letzten Wettkampf in diesem Sommer absolvierte Yemisi Ogunleye vergangenes Wochenende in Thum. „Das war noch einmal ein kleiner Zusatz nach den Deutschen“, erzählt sie. „Jetzt habe ich erst einmal Urlaub und danach geht es in die Vorbereitung der neuen Saison“. Gespannt sei sie bereits jetzt auf das nächste Jahr: „2021 wird mein erstes Jahr bei den Aktiven sein. Da hoffe ich, dass ich gut reinkomme“, sagt sie. Eine klare Zielstellung hat sie für sich auch schon definiert: „Ich möchte gern an meine Leistungen anknüpfen und 17,50 Meter stoßen.“ Eine Weite, die sie bei Deutschen Meisterschaften durchaus wieder auf das Treppchen führen könnte.

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