| Bilanz

Das Marathon-Jahr der Frauen: Zehn unter 2:20, Deborah Schöneborn national überraschend Nr. 1

Aufgrund der Corona-Pandemie konnten im Jahr 2020 längst nicht alle deutschen Marathonläuferinnen zeigen, was sie drauf haben – dennoch gab ein der Breite und an der Spitze starke Zeiten. Internationale setzte Peres Jepchirchir mit einer mächtigen Steigerung in Valencia das i-Tüpfelchen und stellte damit auch ein wenig Weltrekordlerin Brigid Kosgei in den Schatten.
Jörg Wenig

Trotz Corona-Pandemie und der damit verbundenen sehr geringen Anzahl von Startmöglichkeiten gab es auch bei den Frauen 2020 eine Reihe von außerordentlichen Leistungen. Ebenso wie bei den Männern wurde die schnellste Zeit des Jahres am 6. Dezember in Valencia gelaufen: Peres Jepchirchir gewann das Rennen in hochklassigen 2:17:16 Stunden und sortierte sich damit in der Liste der schnellsten je gelaufenen Zeiten auf Rang fünf ein. Ihre kenianische Landsfrau Brigid Kosgei gewann den in der absoluten Spitze am besten besetzten Marathon in London mit 2:18:58 Studnen. Für den deutschen Höhepunkt über die klassische Distanz sorgte überraschend Deborah Schöneborn. Die Berlinerin steigerte sich in ihrem zweiten Marathon um fast fünf Minuten und erzielte mit 2:26:55 in Valencia die schnellste Zeit einer deutschen Läuferin im Jahr 2020.

Wie bei den Männern dominieren auch bei den Frauen die Ergebnisse aus Valencia die Jahresweltbestenliste. Sechs der schnellsten zehn Zeiten stammen von dem Rennen in Spanien, das am Nikolaustag bei sehr guten Wetterbedingungen als reiner Elitelauf stattfand. Alle sechs Läuferinnen blieben dabei unter 2:20 Stunden, was ein Novum ist bezüglich eines einzelnen Rennens. Der in den letzten Jahren mit Hilfe eines entsprechenden Etats stark aufstrebende Valencia-Marathon verzeichnete auch bei den Frauen zum ersten Mal die schnellste Zeit des Jahres in der Welt. Zeiten unter 2:20 Stunden wurden 2020 aber auch in Tokio, London und Dubai gelaufen.

Enorme Steigerung von Peres Jepchirchir

Peres Jepchirchir, die im Oktober bereits den Halbmarathon-WM-Titel gewonnen hatte, steigerte sich bei ihrem zweiten internationalen Marathonrennen enorm: Im japanischen Saitama war sie ein Jahr zuvor 2:23:50 Stunden gelaufen, nun rannte die Kenianerin mit 2:17:16 Stunden gut sechseinhalb Minuten schneller. Da die Kenianer ihre Marathon-Olympia-Teams inklusive Reserve-Läufer bereits vor rund einem Jahr nominiert hatten, dürfte Jepchirchir keine Chance mehr haben, im Sommer bei den Spielen in Japan starten zu können.

Nominiert ist unter anderen Brigid Kosgei. Die Weltrekordlerin (2:14:06 h) zeigte im Oktober beim London-Marathon eine Leistung, die mit der von Jepchirchir sicher vergleichbar ist. Denn ohne die sehr unangenehmen, nasskalten und windigen Bedingungen in der britischen Metropole wäre Kosgei wohl deutlich schneller gewesen als 2:18:58 Stunden. So ist Lonah Salpeter die einzige andere Läuferin, die im vergangenen Jahr unter 2:18 Stunden lief. Die aus Kenia stammende Athletin, die seit Jahren in Israel lebt und dort auch erst mit dem Laufsport begann, gewann im März in Tokio mit 2:17:45 Stunden. Damit ist sie die zweitschnellste Europäerin aller Zeiten hinter Paula Radcliffe (Großbritannien; 2:15:25 h).

Melat Kejeta ausgebremst

Der mögliche Vorstoß in Weltklasse-Bereiche ließ sich für Melat Kejeta (Laufteam Kassel) nicht realisieren. Nach einem positiven Corona-Test musste sie nach ihrer sensationellen Silbermedaille bei der Halbmarathon-WM auf den Start beim Valencia-Marathon verzichten. Aufgrund ihres deutschen Halbmarathon-Rekordes von 65:18 Minuten, erzielt im Oktober in Gdynia (Polen), schien eine Zeit von klar unter 2:20 Stunden und die Verbesserung des deutschen Marathon-Rekordes von Irina Mikitenko (2:19:19 h) realistisch.

So steht eine andere Läuferin überraschend an der Spitze der deutschen Jahresbestenliste: Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin). Im Oktober 2019 war sie in Köln ihr Marathon-Debüt in 2:31:18 Stunden gelaufen, nun steigerte sie sich in Valencia auf 2:26:55 Stunden. Damit steht die Berlinerin in der europäischen Jahresrangliste sogar auf Platz drei und hat sehr gute Chancen, für den olympischen Marathon nominiert zu werden (der Qualifikationszeitraum endet Ende Mai). Ein überzeugendes Debüt lief in Valencia ihre Zwillingsschwester Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin), die mit 2:28:42 Stunden nun im Rennen um die drei olympischen Startplätze auf Rang fünf liegt und sicherlich im Frühjahr noch einen Qualifikations-Versuch starten wird.

Zwei weitere Athletinnen liefen 2020 kurz vor der Corona-Pandemie Zeiten von unter 2:29 Stunden: Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) rannte im Januar in Osaka (Japan) 2:28:48 Stunden und Anja Scherl (LG Telis Finanz Regensburg) erreichte im Februar in Sevilla 2:28:25 Stunden. Obwohl weder Melat Kejeta noch Fabienne Königstein (MTG Mannheim), Laura Hottenrott (TV Wattenscheid 01) sowie Anna und Lisa Hahner (SCC Events Pro Team Berlin) im vergangenen Jahr einen Marathon liefen, gab es somit vier Läuferinnen mit Ergebnissen von unter 2:29 Stunden. Das ist angesichts der Pandemie-Situation eine sehr gute Entwicklung, die 2021 noch fortgesetzt werden kann.

Die Jahres-Bestenlisten 2020

INTERNATIONAL

Zeit Athletin Nation Ort
2:17:16 Peres Jepchirchir KEN Valencia, 6.12.
2:17:45 Lonah Salpeter ISR Tokio, 1.3.
2:18:35 Birhane Dibaba ETH Tokio, 1.3.
2:18:40 Joyciline Jepkosgei KEN Valencia, 6.12.
2:18:58 Brigid Kosgei KEN London, 4.10.
2:19:38 Worknesh Degefa ETH Dubai, 24.1.
2:19:52 Helalia Johannes NAM Valencia, 6.12.
2:19:54 Zeineba Yimer ETH Valencia, 6.12.
2:19:56 Degitu Azimeraw ETH Valencia, 6.12.
2:19:56 Tigist Girma ETH Valencia, 6.12.
2:20:05 Ruth Aga ETH Valencia, 6.12.
2:20:11 Gutemi Imana ETH Dubai, 24.1.
2:20:29 Mao Ichiyama JPN Nagoya, 8.3.
2:20:30 Sutume Kebede ETH Tokio, 1.3.
2:20:32 Sara Hall USA Chandler/USA, 20.12.

DEUTSCHLAND

Zeit Athletin Verein Ort
2:26:55 Deborah Schöneborn LG Nord Berlin  Valencia, 6.12.
2:28:25 Anja Scherl  LG Telis Finanz Regensburg Sevilla, 23.2.
2:28:42 Rabea Schöneborn LG Nord Berlin Valencia, 6.12.
2:28:48 Katharina Steinruck Eintracht Frankfurt Osaka, 26.1.
2:39:19 Anke Esser TSV Bayer 04 Leverkusen Nagoya, 8.3.

 Ewige deutsche Bestenliste

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024