| Interview der Woche

Hanna Klein: „Ich habe noch nicht alles ausgeschöpft“

Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) ist mit einer persönlichen Bestleistung über 1.500 Meter stark in Hallensaison gestartet. Welche Ziele sie sich für die Deutschen Hallen-Meisterschaften sowie die Hallen-EM gesetzt hat und wie sie sich auf den Sommer mit Olympischen Spielen vorbereitet, verrät die 27-Jährige im Interview.
js/alex

Hanna Klein, zunächst die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?

Hanna Klein:

Danke, gut soweit. Ich genieße es, dass endlich mal wieder die Sonne rauskommt und man den blauen Himmel sieht.

Gefreut haben Sie sich sicherlich auch über die persönliche Bestleistung von 4:06,86 Minuten über 1.500 Meter letzte Woche bei Ihrem Rennen in Liévin (Frankreich). Hatte sich die gute Form bereits im Training angedeutet?

Hanna Klein:

Ja, schon. Wir sind gut durch die Wintermonate gekommen und haben uns auch auf die Hallenwettkämpfe spezifisch vorbereitet. Mit der Zeit liegen wir auf der geplanten Marschroute, das hat alles ganz gut funktioniert. Im Rennen hatte ich Glück, dass sich die Britin Melissa Courtney-Bryant als Tempomacherin herausgestellt hatte. Für mich hat sich das Rennen durchweg gut angefühlt und ich bin glücklich, persönliche Bestleistung gelaufen zu sein.

Der Wettkampf im Rahmen der WA Indoor Tour war einer der wenigen, die unter einem strengen Hygienekonzept ausgetragen werden durften. Wie kommen Sie mit den veränderten Rahmenbedingungen aufgrund von Corona im Wettkampfgeschehen zurecht?

Hanna Klein:

Man muss ein bisschen mehr vorausplanen, wann und wo man den PCR-Test macht, kann nicht so verträumt wie sonst reisen und muss auf alle Hygienemaßnahmen achten. Aber ich war froh, dann in dieser Blase zu sein und empfinde es als Privileg, international laufen zu dürfen. Klar fehlt das Publikum, aber die Geräuschkulisse und Stimmung waren in Liévin trotzdem gut.

Am Wochenende stehen die Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund an. Letztes Jahr haben Sie mit den Titeln über 1.500 und 3.000 Meter das Double geholt. Hat das starke Rennen in Liévin bei Ihnen noch einmal zusätzlich den Ehrgeiz geweckt, Ihren Titel auf einer der beiden Strecken zu verteidigen?

Hanna Klein:

Bei Deutschen Meisterschaften möchte man natürlich immer vorne liegen. Ich werde aber über 3.000 Meter an den Start gehen. Das war von Anfang an so geplant, damit ich in der Halle alle Rennen von 800 bis 3.000 Meter mal gelaufen bin. Ich lasse es auf mich zukommen und finde es auch mal schön, im Wettkampf herauszufinden, wo ich momentan stehe.

Weiter geht es dann für Sie mit der Hallen-EM in Torun. Wie wichtig ist es für Sie, dass es dieses Jahr in der Hallensaison einen internationalen Höhepunkt gibt?

Hanna Klein:

Für mich ist solch ein Leistungsabruf nach dem Wintertraining ohne Silvester- und Straßenläufe sehr wichtig, um wieder in das Wettkampfgeschehen hineinzukommen. Denn der Qualifikationszeitraum für Olympia wird im Sommer nur sehr klein sein und es wäre schwierig, nach zehn Monaten ohne Wettkampf wieder an der Startlinie zu stehen und gleich wieder richtig ins Rollen zu kommen. Auch der internationale Vergleich ist als Erfahrung immer sehr wichtig.

Haben Sie sich für die Hallen-EM bestimmte Ziele gesetzt?

Hanna Klein:

Mit 4:06 Minuten weiß ich, dass ich gut drauf bin. Aber es ist schwer vorhersehbar, wer denn überhaupt laufen wird. Von daher kann ich mich nur auf mich konzentriere und hoffe, dass ich gesund bleibe und bis dahin gut trainiere und an meinen Stärken arbeite.

Die 1.500 Meter gelten als ein sehr taktisches Rennen, in dem man vieles falsch, aber auch vieles richtig machen kann. Was reizt Sie daran besonders?

Hanna Klein:

Das Rennen ist einfach nicht vorhersehbar und alle haben an der Startlinie die gleiche Chance. Auch ein starker Läufer kann im falschen Moment mal einen Fehler machen. Das macht es sehr spannend und dieser Nervenkitzel spornt mich eher positiv an, als dass er mich erschrecken würde. Genau das macht unsere Mittelstrecken nicht zuletzt auch für den Zuschauer interessant.

Sie halten sich zu Beginn eines Rennens gern im hinteren Teil des Feldes auf und beobachten zunächst die Konkurrenz. Welchen Vorteil bringt Ihnen das?

Hanna Klein:

Ich habe die Erfahrung, dass mein Endspurt eine Stärke von mir ist, die ich im Rennen gern ausspielen möchte. Dann ist es von Vorteil, erst einmal abzuwarten und einen Überraschungsmoment zu nutzen und mich so schnell wie möglich vom Feld abzusetzen. Das funktioniert aber nur, wenn das Grundtempo nicht zu hoch ist.

Seit der Saison 2019 trainieren Sie bei Isabelle Baumann und konnten seither einige Erfolge feiern. Hat sich das Training aufgrund der Corona-Pandemie für Sie verändert?

Hanna Klein:

Verändert hat sich in diesem Jahr, dass wir das Krafttraining viel konsequenter durchgeführt haben und ich auch meine Umfänge ein bisschen erhöhen konnte. Es haben sich alle Komponenten gut entwickelt, so dass ich jetzt schon einen guten Trend habe und hoffe, dass ich diesen bis in den Sommer mitnehmen und dann noch ein bisschen mehr draufsetzen kann.

Optimal wäre dafür sicherlich wieder ein Höhentrainingslager im Frühjahr. Gibt es da bereits Pläne oder werden Sie coronabedingt darauf verzichten müssen?

Hanna Klein:

Es gibt die Idee, in die USA zu fliegen. Konkrete Pläne und Daten gibt es aber keine, weil alles noch nicht absehbar ist. Im schlechtesten Fall muss ich zu Hause blieben. Aber das hat im Winter auch gut funktioniert. Vielleicht käme dann ein Ortswechsel innerhalb von Deutschland infrage, um keinen Laufkoller zu bekommen, weil man immer die gleichen Runden läuft. (lacht)

Dem aktuellen Stand nach sollen die Olympischen Spiele in diesem Jahr in Tokio stattfinden. Mit welcher Einstellung trainieren Sie darauf hin? Ist es Ihr großes Ziel oder folgen Sie eher dem Gedanken: „Wenn sie stattfinden, umso besser“?

Hanna Klein:

Eher Letzteres – wenn sie stattfinden, umso besser. Denn das ändert nichts an meinem Ziel, schneller zu laufen. Und das muss ich ohnehin, wenn ich mich für die Spiele qualifizieren will. Auch müsste ich mich erst einmal innerhalb der deutschen Konkurrenz durchsetzen und weiß auch nicht, wie es mit dem Ranking läuft. Es wäre schön, dabei sein zu können, denn das wären meine ersten Olympischen Spiele. Wenn nicht, dann muss ich auf 2024 schauen und hoffen, dass dann die Sachlage etwas besser wird.

Käme dann auch ein Start über die 5.000 Meter in Frage? Aktuell sind ja die 1.500 Meter Ihre Paradedisziplin.

Hanna Klein:

Im letzten Jahr lag der Fokus schon auf den 1.500 Metern, auch jetzt in der Halle. Langfristig ist es schon das Ziel, auch eine sehr gute 5.000 zu laufen. Da fehlt es mir aber noch ein bisschen an spezifischem Training und Erfahrung. In den kommenden Jahren macht es vielleicht Sinn, auf die längeren Strecken zu schielen. Momentan würde ich aber gern über die 1.500 Meter schneller laufen und weiß, dass ich da noch nicht alles ausgeschöpft habe.

Dabei wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg. Gibt es etwas, das Sie sich selbst noch für das Jahr 2021 wünschen?

Hanna Klein:

Ich wünsche mir, gesund zu bleiben und einfach mutig zu laufen.

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