| Hallen-DM

Marius Probst: Ein DM-Finale im Zeichen der Freundschaft

Dass hinter einem Rennen mit erfüllter EM-Norm auch noch mehr als sportlicher Ehrgeiz stecken kann, zeigte bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund Marius Probst (TV Wattenscheid 01), dessen beeindruckender Endspurt zu seinem dritten Hallenmeistertitel über 1.500 Meter auch im Zeichen der Freundschaft stand.
Birte Grote

Trotz eines starken zweiten Platzes über 800 Meter saß Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) nach seinem Zieleinlauf mit hängenden Schultern im Zielbereich. „Ich bin in der Kurve nicht an Marc Reuther vorbeigekommen. Dann ist es hinten raus schwer geworden. Das habe ich selbst verbockt.“ Im Endspurt hatte er zwar den Führenden Marc Reuther (Eintracht Frankfurt) abfangen können, der Sieg und damit das sichere Ticket für die Hallen-EM ging jedoch an Oskar Schwarzer (TV Groß-Gerau), der Christoph Kessler als Drittschnellsten der deutschen Jahresbestenliste damit aus den Nominierungsplätzen für Torun (Polen; 4. bis 7. März) verdrängte.

Diese Situation nahm einen anderen Läufer besonders mit: Marius Probst, der sich zur gleichen Zeit auf sein 1.500-Meter-Rennen vorbereitete. Er hatte in dieser Saison in Erfurt mit 1:46,99 Minuten selbst schon die 800-Meter-Norm geknackt und stand in der Normierungsreihenfolge ebenfalls vor Kessler, mit dem ihn über den Sport hinaus eine enge Freundschaft verbindet.

„Das war eine ganz merkwürdige Gefühlslage vor dem Lauf. Der Start in Torun war irgendwie ein gemeinsames Ziel von uns. Seit 2015 sind wir immer gemeinsam zu internationalen Meisterschaften gefahren, ebenso ins Trainingslager und haben uns immer ein Zimmer geteilt. Das war ein zusätzlicher Ansporn. Ich wusste aber auch, dass es ganz schwer wird, in einem Meisterschaftsrennen die Norm zu unterbieten. Wenn es schlecht laufen würde, würde ich ihn aus der Nominierung kicken. Christoph hat mir auch vor dem Rennen gesagt, dass ich das für uns beide regeln muss.“

Couragierte Aufholjagd in Dortmund

Zwar wurde das Rennen durch Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt), der ebenfalls noch die Norm unterbieten wollte, dann tatsächlich schnell, doch war Tesfaye Probst zwischenzeitlich schon 15 Meter enteilt. „Da habe ich etwas getrödelt. Dann habe ich meinen Coach gehört, der mir zugerufen hat, dass ich das noch draufhabe und es schaffen kann.“

Damit begann eine couragierte Aufholjagd, in der sich Probst auf der letzten Runde Meter für Meter an den Führenden herankämpfte. Mit einem beeindruckenden Schlussspurt konnte er kurz vor der Ziellinie vorbeiziehen und in 3:40,80 Minuten tatsächlich die Norm unterbieten – für sich und auch für Christoph Kessler, der im Ziel zu den ersten Gratulanten gehörte.

„Wenn man merkt, dass man noch rankommen kann, hält dich nichts mehr“, erklärte Marius Probst das Gefühl des Endspurtes, der ihn zu seinem dritten Hallentitel nach 2017 und 2019 führte. „Auch von Christophs Trainer Günther Scheefer habe ich danach eine sehr schöne Nachricht bekommen. Das alles zeigt, wie sehr einen dieser Sport verbindet.“

Rückenprobleme als Ursache für Beschwerden an Achillessehne

Das Happy End für die Freunde war ein vorläufiger Höhepunkt einer erfolgreichen, aber nicht unbeschwerten Hallensaison von Marius Probst. Nach dem starken Wettkampf Anfang Februar in Erfurt folgten Verletzungsprobleme. „Ich habe schon vor dem Rennen in Erfurt meine Achillessehne immer mal wieder gespürt. Während des Rennens habe ich es glücklicherweise ausblenden können, danach wurde es aber schlimmer.“

Trotz viel Physiotherapie und Osteopathie traten die Schmerzen auch beim PSD Bank Indoor Meeting in Dortmund auf. „Ich konnte mich gar nicht mehr nach vorne abdrücken und bin nach 900 Metern ausgestiegen, was eigentlich untypisch für mich ist.“ Ein MRT bestätigte die Vermutung der Osteopathie, dass die Ursache für die Schmerzen nicht in der Achillessehne, sondern im Rücken lag.

Nach drei Tagen Pause, zweimal täglich Rückenmobilisation und fünf Tagen leichtem Training mit lockeren Dauerläufen wurden die Schmerzen weniger. Vier Tage vor den Deutschen Meisterschaften wurde die einzige Tempoeinheit durchgezogen. „Die Schmerzen waren weg, aber ich hatte noch kein gutes Laufgefühl. Immerhin waren die Zeiten schneller als gedacht. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben.“

Finale als Ziel bei Hallen-EM

Für die Hallen-EM hat sich der 25-Jährige das Finale vorgenommen. „Da gibt es mit Jakob Ingebrigtsen natürlich einen, der in einer eigenen Liga läuft und auch dahinter sehr starke Konkurrenz. Aber ich bin eine gute Unterdistanz gelaufen und habe heute gezeigt, dass ich mit meinem Schlussspurt vorne landen kann.“

Außerdem motiviert ihn ein weiterer Aspekt: die starke Leistungsdichte auf der Mittelstrecke.  Zu sechs Normerfüllungen für Torun über 800 Meter kamen fünf über 1.500 Meter und zwei über 3.000 Meter. Diese Konkurrenzsituation spielt auch in Hinblick auf die Olympischen Spiele eine Rolle. Neben dem auf die Mittelstrecke zurückgekehrten Homiyu Tesfaye hat Marius Probst Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) und Timo Benitz (LG farbtex Nordschwarzwald), der auf eine Hallensaison verzichtet hat, besonders auf dem Zettel.

„Ich möchte mich über 1.500 Meter qualifizieren. Ich denke, dass ich das Talent und den nötigen Biss dazu habe“, so Probst. Doch erst einmal möchte Marius Probst mit dem deutschen Laufteam in Torun zeigen, dass mit ihnen zu rechnen ist. „Wir können als junges Team endlich mal wieder unsere Stärke unter Beweis stellen. Wir verstehen uns alle untereinander sehr gut, sind motiviert und werden unser Bestes geben.“

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