| Neue Meisterin

Alexandra Plaza – Alles kann, nichts muss

Sieben DLV-Athletinnen und Athleten haben bei der Hallen-DM in Dortmund ihre ersten Titel auf nationaler Ebene gewonnen, einige von ihnen überraschten damit sich, favorisierte Konkurrenz und die Zuschauer, die coronabedingt wieder „nur“ per Livestream dabei sein konnten. Wir stellen sie vor, heute Hochspringerin Alexandra Plaza (LT DSHS Köln).
Jan-Henner Reitze

Alexandra Plaza
LT DSHS Köln

Bestleistung:

Hochsprung: 1,88 Meter (2012)

Erfolge:

Vierte U20-WM 2012
Deutsche Hallenmeisterin 2021

Sport ist schon immer der Dreh- und Angelpunkt im Leben von Alexandra Plaza. Doch so natürlich ihr dies auch gegeben ist, so unbegrenzt bleiben ihre Möglichkeiten, den Alltag um diesen Mittelpunkt herum auszugestalten: Der Sprung über 1,88 Meter im Alter von erst 17 Jahren als Vierte der U20-WM sprach für eine Karriere im Hochleistungssport. Die Kölnerin hätte diesen Weg auch gern eingeschlagen und ordnete diesem Ziel zeitweise alles unter. Doch weitere Fortschritte blieben aus, stattdessen häuften sich Verletzungen, das Training wurde mehr und mehr zum Kampf. Der Spaß blieb auf der Strecke.

Die heute 26-Jährige zog die Notbremse, erklärte das Kapitel Leistungssport 2017 für beendet und widmete sich der beruflichen Laufbahn. Der Sport blieb das Zentrum und anders als beim Versuch, den Anschluss an die Weltspitze im Hochsprung zu schaffen, lief alles wie am Schnürchen. Mittlerweile als Geschäftsführerin eines Fitnessstudios ist der Traumjob gefunden. Und auch die alte Liebe Hochsprung ist längst neu entfacht.

Die Vielseitigkeit des Trainings für diese Disziplin führte Alexandra Plaza zurück an die Anlage. Ohne Druck, dafür wieder mit Spaß bildet der Hochsprung heute einen Ausgleich zum Job, der auch Stress mit sich bringt. Mit 1,87 Metern im vergangenen Sommer und der Einstellung der Hallenbestleistung von 1,86 Metern in diesem Winter ist das frühere Top-Niveau wieder erreicht. Obendrauf gab es in Dortmund auch noch eine Premiere: Erstmals Gold bei der Hallen-DM in der Frauenklasse. Was noch fehlt ist eine neue Bestleistung, die auch gleichzeitig die alleinige Übernahme des Familienrekordes bedeuten würde.

Früher Aufstieg bis ran ans Podium der U20-WM

Sporthalle und Stadion waren schon seit ihrer frühen Kindheit ein zweites Zuhause von Alexandra Plaza. Mit ihrer Mutter, ehemalige Hochspringerin, teilt sie nicht nur die Disziplin, sondern auch die Bestleistung von 1,88 Meter. Ihr Vater war nach der eigenen aktiven Zeit als Hürdenläufer als Trainer tätig. „Seitdem ich laufen konnte, war ich im Kinderturnen und in der Kinderleichtathletik. Oft habe ich danach noch zwei Stunden im Stadion verbracht und zum Beispiel in der Weitsprunggrube Sandburgen gebaut, während mein Vater seine Gruppe trainiert hat“, erzählt die Athletin, deren Stiefvater auch noch Direktor des LT DSHS Köln ist.

Das Training hatte wie selbstverständlich seinen Platz in der Wochenplanung, die sportliche Ausbildung war vielseitig, genauso wie das Talent. So kam ein besonderes Geburtstagsgeschenk zu Stande: Am Tag ihrer ersten Meisterschaft auf nationaler Ebene wurde die junge Athletin 14 Jahre alt und beschenkte sich in Rhede mit Rang drei bei den Deutschen Schülermeisterschaften im Blockmehrkampf Sprint/Sprung.

Besonders groß war schon damals der Spaß am Hochsprung, der noch weiter ausgebaut werden sollte. „Meine damalige Trainerin in Köln Anke Nolte hat deshalb Kontakt zu Hans-Jörg Thomaskamp in Leverkusen aufgenommen“, erzählt die Hochspringerin des LT DSHS Köln. „Als ich mit dem Übergang in die Jugend in die Gruppe von Andreas Gentz aufgestiegen bin, ist er immer einmal die Woche mit mir zum Techniktraining zum heutigen Bundestrainer der Männer gefahren.“ Fachwissen und Austausch der beiden Trainer trugen zu weiteren Steigerungen bei, die früh zu ersten internationalen Starts führten.

In ihrem ersten U18-Jahr nahm Alexandra Plaza 2010 am europäischen Ausscheid für die Olympischen Jugendspiele teil und meisterte mit 1,82 Metern erstmal eine Höhe jenseits der 1,80 Meter, die sie als gerade einmal 15-Jährige auch noch zur U20-WM nach Moncton (Kanada) brachte. Ein Jahr später gelang bei der U18-WM in Lille (Frankreich) der Finaleinzug. Im ersten U20-Jahr dann der schon erwähnte Flug über 1,88 Meter bei der U20-WM in Barcelona (Spanien). Dort gewann übrigens die spätere Zwei-Meter-Springerin Alessia Trost (Italien), Bronze ging an die aktuell weltweit dominierende Hochspringerin und dreimalige Weltmeisterin Mariya Lasitskene. In diese Richtung sollte es auch für die damals 17-Jährige DLV-Athletin gehen, die ihre Bestleistung im Anschluss an ihren bis dato größten Erfolg auch noch bei ihrem ersten Titelgewinn bei der Jugend-DM in Mönchengladbach bestätigte.

Kampf um Karriere wird nicht belohnt

Mit noch mehr Einsatz und Entbehrungen, wie zum Beispiel streng auf das Gewicht zu achten, war die Nachwuchshoffnung bereit, den nächsten Schritt Richtung Weltspitze zu schaffen. Auch dem Druck, für den Erhalt des Kaderstatus vorgegebene Leistungen erbringen zu müssen, wollte sie sich stellen. Doch die Leichtigkeit ging verloren, der Hochsprung als Leistungssport wurde mehr und mehr zum Korsett. „Der Wunsch an Europameisterschaften, Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen teilzunehmen war groß. Doch dann kamen Verletzungen, aus denen ich mich immer wieder rausarbeiten musste. Ich bin auch nicht der Mensch, der von Natur aus mit wenig Gewicht rumläuft. Ich musste aber leicht sein, um als eher kleine Athletin mit 1,76 Metern Körpergröße an große Höhen ranzukommen.“

Etwa mit dem Titel bei der U23-DM 2014 oder der Teilnahme an der U23-EM 2015 wurde die Liste an Erfolgen auch verlängert. Für neue Bestleistungen oder gar die Erfüllung des Olympiatraums im Jahr 2016 reichte es aber nicht. „Ich habe mich ausgebrannt gefühlt.“ Und so war es ein Befreiungsschlag, 2017 das Ende der Karriere zu verkünden.

Vollzeit berufstätig und Hochsprung als Rückzugsort

Endlich konnte Alexandra Plaza sich auch im Fitnessstudio richtig auspowern, ohne darauf achten zu müssen, sich dabei das ein oder andere Kilo mehr an Muskelmasse anzutrainieren. „Ich habe Crossfit und Powerlifting ausprobiert.“ Mit Blick auf die berufliche Zukunft erfolgte der Wechsel vom Studienfach Psychologie zu Sportmanagement. Dafür wollte die Studentin ein Praktikum im Kölner Neptunbad machen, dass sie kurzer Hand gleich als Fitnesstrainerin anstellte.

Damit nahm der berufliche Werdegang seinen Lauf. „Zwei Kollegen haben sich dann mit dem Fitnessstudio Kader1 selbstständig gemacht. Ich bin mitgegangen, weil mich das Konzept interessiert hat. Es geht dort nicht um Wellness, sondern um leistungsorientiertes Training.“ Das war genau ihr Ding. Nachdem sie zuerst Assistenz der Geschäftsführung wurde, bekam sie Anfang dieses Jahres die Leitungsverantwortung komplett übertragen und ist Geschäftsführerin.

Durch den frühzeitigen Aufbau eines Online-Angebots musste trotz Corona keine Kurzarbeit angemeldet werden. „Ich gebe selbst noch einmal die Woche einen Kurs, natürlich beschäftigt mich jetzt auch sehr der operative Bereich“, erzählt die Deutsche Hallenmeisterin über ihren Vollzeit-Job, den sie mittlerweile per Fernstudium im Fach „International Management“ mit theoretischem Wissen unterfüttert. Zeit für ein Präsenzstudium bleibt keine, denn auch der Hochsprung hat mittlerweile wieder einen festen Platz im Alltag zurückbekommen, allerdings in einer anderen Rolle.

Rückkehr führt zu erstem DM-Titel

Nicht nur die geschätzte Vielseitigkeit des Hochsprungs-Trainings fehlte Alexandra Plaza schnell, ihre Disziplin ist für sie auch eine Art Familienmitglied mit dem sie aufgewachsen ist. „Ein Rückzugsort“, sagt sie. Um den Restart zu strukturieren, fand sich schnell Brigitte Kurschilgen, die bis heute die Trainingspläne schreibt und mit Christina Honsel (TV Wattenscheid 01) eine weitere Athletin auf hohem Niveau betreut. Einmal die Woche geht es zum gemeinsamen Techniktraining. Schon 2018 erfolgte die Rückkehr in den Wettkampf, Spaß und Leidenschaft waren von Anfang an wieder voll dabei. Und Stück für Stück ging es auch wieder immer höher hinaus. Einzig die Bestleistung aus dem Jahr 2012 wollte auch nach dem Titelgewinn in Dortmund noch nicht fallen.

In der coronabedingt kurzen Hallensaison fehlte noch etwas die Routine und Sicherheit im Anlauf, gefühlt war sogar noch etwas mehr drin. Und so sind die 1,90 Meter das Ziel für die anstehende Freiluftsaison und damit auch ein neuer Familienrekord.

An der Ordnung ihres Alltags mit dem Hochsprung als ambitioniertes Hobby wird sich nichts ändern. „Wie es jetzt läuft zeigt, dass ich den richtigen Riecher hatte, auch mit meinem Wiedereinstieg“, sagt Alexandra Plaza. „Ich gehe mit Freude ins Training und habe richtig Bock, Wettkämpfe zu bestreiten.“ Sie staunt manchmal über sich selbst, wie weit sie es schon im Job gebracht hat und den vollen Alltag auch noch mit dem Hochsprung-Training ausbalanciert. Das dies so gut klappt, liegt wohl daran, dass die ganz persönliche Ordnung in der Welt mit dem Mittelpunkt Sport gefunden ist.

Video: Alexandra Plaza bezwingt Favoritin Christina Honsel
Video-Interview: Alexandra Plaza: "Training ist bei mir eher an zweiter Stelle"

Das sagt Bundestrainer Tamás Kiss:

Alexandra hat wieder Spaß am Hochsprung und nach ihrem zwischenzeitlichen Rückzug eine gute Entwicklung hingelegt. Für sie ist es eine sehr schöne Sache, dass sie den DM-Titel in der Halle holen konnte. Wenn sie bei 1,90 Meter noch Konkurrenz gehabt hätte, glaube ich auch, dass sie diese Höhe noch hätte springen können. Sie geht ihre Wettkämpfe mit großer Freunde und hochmotiviert an. Es macht Spaß, ihr zuzuschauen. Sie ist auch im Stande, ihre aktuelle Leistungsfähigkeit so gut wie immer umzusetzen und abzurufen.

„Ola“ gehört von der Körpergröße eher zu den kleineren Athletinnen. Sie ist sehr schnellkräftig und dynamisch, was auch ihre Weitsprungbestleistung von 6,22 Metern zeigt. Wenn sie einen guten Tag erwischt, traue ich ihr 1,90 plus zu. Die Konstellation mit Brigitte Kurschilgen als Trainerin und Christina Honsel als Trainings-Kollegin ist eine runde Sache. Sie verstehen sich gut und können sich pushen.

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