| Porträt

Martin Grau und seine Jagd nach der Olympia-Norm

In der Corona-Pandemie wird die Olympia-Qualifikation zur extremen Herausforderung: In einer Handvoll Rennen vor den Tokio-Spielen wird Hindernisläufer Martin Grau (Top Team Thüringen) die Chance haben, die Norm anzugreifen. Gefordert sind 8:22,00 Minuten. Statt eines Höhentrainingslagers in Südafrika läuft die Vorbereitung des WM-Teilnehmers von Doha und einstigen Universiade-Siegers vor der Haustür in Erfurt.
Sandra Arm

Martin Grau will zu den Olympischen Sommerspielen nach Tokio (Japan). Es wären seine ersten Spiele. Für diesen Traum quält und schindet er sich im Training noch einmal mehr. Dieser Tage schloss er den zweiten von drei Belastungsblöcken ab, in denen große Umfänge und zahlreiche Kilometer auf dem Plan stehen. Wöchentlich kam er zuletzt auf 170 Kilometer. Nicht im sonnigen Südafrika. Sondern coronabedingt vor der Haustür.

„Wir wären normalerweise im Januar und jetzt im März ins Trainingslager nach Südafrika geflogen. Ich hätte mich dort vorbereitet. Wir haben nun aber den Ort geändert und absolvieren das Programm in Erfurt“, berichtet der 28-Jährige.

Die Bedingungen sind keinesfalls vergleichbar, und dennoch gut. Als Bundeskaderathlet genießt er die Vorzüge des uneingeschränkten Zugangs zur Hartwig-Gauder-Halle und ins benachbarte Stadion. Anfangs in kleinerer Gruppe mit Heimtrainer Enrico Aßmus sowie den Trainingspartnern Tim Stegemann und Patrick Karl (TV Ochsenfurt), mit den Lockerungen im März stießen dann auch immer häufiger Schulsportgruppen zum Training dazu.

Feilen an der Technik

„Im Lockdown war es schon ungewohnt: Beim Training um dich herum ist alles ruhig und niemand spricht. Das Training in der kleinen Gruppe erwies sich dann als recht vorteilhaft. Wir hatten etwas mehr Platz in der Halle und konnten uns anderweitig ausprobieren. Wir konnten beispielsweise entgegengesetzt der Bahnrichtung laufen“, gewann Martin Grau der Corona-Lage etwas Positives ab.

Neben den großen Laufumfängen rückt stetig das Techniktraining in den Fokus. In der Halle gab es bereits die eine oder andere Technikeinheit über die Hürden, ab März ging es dann in Stadion. „Von der Technik war es noch nicht perfekt, aber wir werden von Woche zu Woche weiter am Feinschliff arbeiten.“ Jetzt folgt aber erst mal eine Ruhewoche. Bevor es dann in den dritten Belastungsblock geht.

Trainingslager in Deutschland?

Auch wenn sich mittlerweile einige Bundeskaderathleten in sonnigeren Gefilden auf die Olympia-Saison vorbereiten, die Hindernisläufer aus Erfurt verzichten auf ein Trainingslager im Ausland. Derweil gibt es die Überlegungen für ein Trainingslager in Bad Blankenburg oder Zinnowitz, anvisiert für Ende März bis Mitte April. „Es wird gerade geprüft, was möglich ist. Für uns wäre es natürlich schön, um mal rauszukommen und was Anderes zu sehen.“

Eventuell vorstellbar wäre ein Höhentrainingslager für Martin Grau zwischen den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig (5./6. Juni) und den Olympischen Spielen. „Mir schwebt St. Moritz vor. Das wäre meine Wunschvorstellung. Darauf hoffe ich ein bisschen.“

Zu diesem Zeitpunkt will er das Olympia-Ticket schon in der Tasche haben. Nämlich mit einer erfüllten Norm, die er so schnell wie möglich abhaken will. Allzu viele Chancen bleiben ihm nicht. Dessen ist sich der gebürtige Höchstädter bewusst. „Das wird eine extreme Gratwanderung. Einerseits ist da nach der Hallensaison die große Lust auf die ersten Hindernisrennen, anderseits weiß man, es gibt nicht so viele Chancen, um die Norm zu laufen.“

Sommer-Fahrplan steht: Saisonstart in Dresden

Während im April der Fokus auf der Wettkampf-Vorbereitung liegt, folgt dann im Mai der scharfe Start. Der Sommer-Fahrplan mit Hindernisrennen über 2.000 und 3.000 Meter steht: DSC-Jugendmeeting (Dresden; 9. Mai), Anhalt Meeting (Dessau; 21. Mai) und Pfingstsportfest Rehlingen (23. Mai).

Anschließend folgt der nationale Höhepunkt mit der DM in Braunschweig. „Bis dahin oder spätestens mit der DM will ich die Gewissheit haben, ob ich die Norm habe oder doch noch einen Wettkampf brauche. Bei der DM will ich versuchen, schnell zu rennen“, sagt Martin Grau, der dort bei Nichterreichen der Norm weitere Bonuspunkte für die World Ranking-Platzierung sammeln kann. Denn eine Olympia-Qualifikation ist auch über die Weltrangliste möglich.

Darauf möchte es Martin Grau aber nicht ankommen lassen. „Ich habe es im Gefühl, dass ich die Zeit von 8:22 Minuten laufen kann. Auf das Ziel arbeite ich hin. Ich denke nicht, dass viele deutsche Hindernisläufer diese Zeit laufen können. Wer sie knackt, ist in Tokio dabei.“ Bei 8:24,29 Minuten steht seit 2014 die Bestzeit des zweimaligen Deutschen Meisters, schneller war seitdem kein deutscher Athlet.

Rückblick: Hallensaison bringt wertvolle Erkenntnisse

In der Hallensaison konnte Martin Grau für die Olympia-Quali keine Punkte sammeln. Dennoch brachten die zwei Rennen über die 3.000 Meter flach wertvolle Erkenntnisse. „Das waren für mich zwei Rennen aus dem vollen Training heraus. Mir ging es darum wieder Wettkampfluft zu schnuppern sowie den Startschuss zu hören“, sagt der Hindernis-Spezialist. Zum Saisoneinstieg stand für ihn die zweitbeste Zeit über diese Strecke mit 7:59,83 Minuten beim Erfurt Indoor auf der Anzeige.

Auf ein ebenso schnelles Rennen hatte er bei der Hallen-DM in Dortmund gehofft. Das Rennen dort verlief langsamer als erwartet und endete mit Platz vier. Auf der Zielgeraden wurde er noch abgefangen. „Es ging einfach nicht mehr von den Beinen. Ich kam nicht schneller voran und musste Nils Voigt vorbeiziehen lassen. Das war schon ein Wermutstropfen“, blickt Martin Grau zurück.

Aber wiederum auch „keine Katastrophe“. Sondern ein Rennen, das ihm die Erkenntnis brachte: „Ich bin auf dem richtigen Weg, ich bin mit den Rennen trotzdem zufrieden.“ Gerade mit Blick in Richtung Freiluftsaison. „Ich weiß, wenn alles passt, dann kann ich im Sommer über die Hindernisse schnell rennen.“ Schließlich hat er ein Ziel und einen Traum vor Augen.

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