| Nachwuchs

Ein atemberaubender Sommer für Kevin Brucha

Kevin Brucha kann auf eine ereignisreiche Sommersaison zurückblicken. Sowohl bei der U23- als auch bei der U20-DM gewann der Weitspringer Silber, bei der U20-EM sprang er in Europas Spitze. Der 19-Jährige hat sich für die Zukunft hohe Ziele gesteckt.
Sandra Arm

Wenn Kevin Brucha (LC Jena) auf seine Sommersaison zurückblickt, fällt ihm spontan das Wort atemberaubend ein. Es sind Momente, die bleiben. Vor allem die von unglaublichen Tagen. Der Weitspringer buchte Last Minute das Ticket für die U20-Europameisterschaften in Tallinn (Estland) und wurde dort mit einer Bestweite von 7,65 Metern Vierter. Bei den nationalen Meisterschaften der U23 und U20 holte er jeweils Silber. Dieser Sommer lässt ihn nun von Großem träumen.

Der silberne Schlusspunkt folgte bei den Deutschen Jugendmeisterschaften der U18 und der U20 in Rostock. An der Küste war eine Medaille das Ziel. Hinter dem U20-Europameister Oliver Koletzko (Wiesbadener LV) war der Kampf um die weiteren Medaillen offen. Kevin Brucha, Roman Zöllner (Schweriner SC) und Till Steinforth (SV Halle) waren die Kandidaten. Für den Jenaer wurde es mit 7,44 Meter Silber.

„Ich hätte gerne meine Bestweite aus Tallinn nochmals bestätigt. Die U20-EM war für mich einfach das Highlight als Sportler. Ich habe gemerkt, man ist danach nicht mehr zu 100 Prozent leistungsfähig. Trotzdem bin ich zufrieden, bei der Jugend-DM eine 7,40er-Serie gesprungen zu sein“, sagt Kevin Brucha über seinen Saisonabschluss.

„Ich bin mental und als Mensch gewachsen“

Von einer Küstenstadt zur nächsten. Zuvor erlebte er in Tallinn unvergessliche Tage. Er brauchte nach der Ankunft in der Heimat nochmals einige Tage, um seinen ersten internationalen Einsatz zu verarbeiten und richtig einzuordnen. „Als ich nach der U20-EM zuhause angekommen bin, war ich mit Emotionen überfüllt, ehe ich so langsam das Geschehene realisiert habe. Ich bin der viertbeste Weitspringer, das kann mir keiner mehr nehmen. Ich bin in diesen Tagen mental und als Mensch gewachsen.“

In dieser Zeit verlief nicht alles glatt. Wie beispielsweise vor der Qualifikation, als er beim Warm-Up seine Bauchmuskulatur ein wenig spürte. „Abends habe ich die beste Physiotherapie bekommen, sie hat mich für den nächsten Tag wettkampfbereit gemacht“, berichtet Kevin Brucha. Das DLV-Weitsprungtrio mit Oliver Koletzko, Roman Zöllner und Kevin Brucha präsentierte sich dort trotz ihres Einzelstarts als eingeschworenes Team, das Spaß haben wollte.

Der Jenaer wusste anhand der Startliste, dass er die Qualifikation eröffnen durfte. Schon der erste Sprung saß: 7,61 Meter! Jetzt hieß es noch Daumendrücken für die anderen beiden. Das Trio zog geschlossen ins Finale ein. „Ich war in dem Moment überglücklich. Einerseits, dass ich direkt mit einem großen Q im Finale stand, anderseits, dass wir als Gruppe weitergekommen sind.“

„Die U20-EM hat mir gezeigt, wo es einmal hingehen kann“

Euphorisch und zuversichtlich startete Kevin Brucha ins Finale. Mit seiner Qualifikations-Weite hätte er vorn mitspringen können. Hätte, denn der Wettkampf startete nicht so wie erwartet. 7,24 Meter im ersten Versuch. Der Anlauf zum Brett passte noch nicht. Der zweite Durchgang war zwar vom Brett getroffen, aber ungültig. Nun fand sich der 19-Jährige plötzlich am Ende des Feldes wieder. Das Grübeln begann. Einiges schoss ihm dabei durch den Kopf. Vornehmlich Worte seines Trainers. „In dem Augenblick habe ich mir vor Augen geführt, was mir mein Trainer Rico May mit auf den Weg gegeben hat. Das ich an mentaler Stärke gewachsen bin.“

Mental stark zeigte er sich dann in der dritten Runde: 7,65 Meter! Und plötzlicher Vierter. Der Sprung verlief nicht ganz schmerzfrei. „Ich habe mir die Ferse leicht angestaucht.“ Er ließ die nächsten zwei Runden aus. Im sechsten Durchgang standen nochmals 7,43 Meter im Protokoll. Und das ohne Brett. „Der Wettkampf hat mir gezeigt, wo es einmal hingehen kann, wenn ich das Brett optimal treffe.“ Der vierte Platz blieb. Danach begann die Nachrichtenflut. Zwei Tage habe er gebraucht, um alle Nachrichten zu lesen und zu beantworten. „Ich habe mich über jede einzelne sehr gefreut.“

Gefreut hat er sich zudem über neue Freundschaften, beispielsweise mit den französischen Springern. Mit ihnen unternahm das deutsche Trio an den „freien“ Tagen etwas. Aber erst nachdem die anderen Athleten aus dem deutschen Team kräftig von der Tribüne aus unterstützt wurden.

Olympische Spiele 2024 als großes Ziel

Aus Tallinn nahm er nicht nur neue Freundschaften mit. Er ist gewachsen. Innerlich. Sein erster internationaler Start gab neues Selbstvertrauen – und eine Erkenntnis verbunden mit einem großen Traum. „Ich habe mich entschieden, meinen sportlichen Weg profimäßiger zu gehen. Für einen Athleten ist es das Größte, bei den Olympischen Spielen zu starten. Es wäre gelogen, wenn die nächsten Olympischen Spiele in Paris nicht mein Ziel wären. Dafür muss im Vorfeld alles glatt laufen“, setzt er sich ein klares sportliches Ziel.

Zu früh für ihn kommen die Europameisterschaften in München im nächsten Jahr. Im Blickpunkt hat er mehr die U23-Europameisterschaften 2023 – und dann die Olympischen Spiele in Paris. Auf diesem Weg muss er nun kleinere Abstriche machen. Wie beim Lehramtsstudium, welches er zum Wintersemester in Jena in Teilzeit beginnen wird.

„Ich schaue dabei von Jahr zu Jahr wie es sportlich läuft und entscheide dann, ob weiter Teilzeit oder Vollzeit besser ist.“ Jetzt genießt Kevin Brucha aber erstmal eine sportliche Auszeit bis Anfang September. Mit Füße hochlegen und ausruhen wird es allerdings nichts. „Ich werde mich trotzdem bewegen müssen. Ich werde ein paar Ausdauerläufe machen und an meinem Manko, der Stabilisation, arbeiten.“ Schließlich soll der Sommer 2022 ebenso atemberaubend werden, wie der in diesem Jahr.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024