| Interview der Woche

Katharina Trost: „Im EM-Finale von München zu stehen, wäre ein Highlight“

Sie ist eine der auffälligsten Erscheinungen der Olympiasaison. Katharina Trost (LG Stadtwerke München) stellte auf allen ihren Laufstrecken Bestleistungen auf und stand im olympischen Halbfinale über 800 Meter. Nach ihrem 10 Kilometer-Debüt in Tübingen sprach die Mittelstrecklerin mit leichtathletik.de über ihre Saison, das „Wahnsinnserlebnis“ Olympische Spiele in Tokio, ihre Duale Karriere und ihre künftigen Ziele.
Ewald Walker

Katharina Trost, 10 Kilometer im Wettkampf wie hier beim Tübinger Stadtlauf sind für eine Mittelstrecklerin wahrlich eine Langstrecke. Wie ging es Ihnen dabei?

Katharina Trost:

Am Start war ich supernervös, ab der Mitte des Rennens ging es darum, den inneren Schweinehund zu überwinden und sich durchzubeißen. Mit den 37:04 Minuten bin ich ganz zufrieden.

Schauen wir zurück auf die jetzt zu Ende gegangene Saison 2021. Drei Bestleistungen auf den Strecken 800, 1.000 und 1.500 Meter, Olympia-Halbfinale, aber nicht Deutsche Meisterin. Wie lautet Ihre Bilanz?

Katharina Trost:

Ich bin superzufrieden. Auf jeder Strecke Bestzeit, mehr geht ja kaum. Ich hatte gleich im Mai einen coolen Einstieg mit der 1.000 Meter-Bestzeit in Pliezhausen (Anm: 2:38,16 Min.). Dann konnte ich mich von Rennen zu Rennen immer um eine Sekunde steigern. Am Ende stand mit den 1:58,68 Minuten der Leitungssprung in Chorzow, womit ich wirklich stolz auf mich war.

Bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig mussten Sie sich mit Platz zwei hinter Christina Hering zufrieden geben…

Katharina Trost:

Das war dennoch ein gutes Rennen für mich, woraus ich ordentlich Selbstbewusstsein tanken konnten.

Ihr größtes Erlebnis war wohl dennoch Tokio und die Olympischen Spiele…

Katharina Trost:

Das Halbfinale war mein Ziel, das habe ich erreicht, musste aber zittern, um über die Zeit weiterzukommen. Der Vorlauf war ein emotionales Rennen. Ich bin mit Freudentränen ins Halbfinale eingerückt. Über Platz acht im Halbfinale war ich wahnsinnig enttäuscht, ich weiß nicht, warum die letzten 150 Meter so schnell waren.

Wo sehen Sie bei sich sportlich Verbesserungsbedarf?

Katharina Trost:

Ich muss vor allem internationale Rennerfahrung sammeln und auf diesem Weg versuchen, meine Leistung weiter zu steigern.

Wie haben Sie Tokio außerhalb des Stadions erlebt? War die Durchführung der Spiele aus Ihrer Sicht berechtigt?

Katharina Trost:

Wir Athleten haben uns unheimlich lange auf dieses Ereignis vorbereitet, eine Absage wäre ein Tiefpunkt gewesen. Von der Stadt Tokio habe ich praktisch nichts gesehen, wir haben bei allen Kontakten mit Japanern keinerlei Ablehnung erlebt.

Hatten Sie keine Angst vor Corona?

Katharina Trost:

Nein, überhaupt nicht. Wir sind jeden Morgen getestet worden, das gab Sicherheit.

Wenn Katharina Trost irgendwo „um die Ecke kommt“ ist Christina Hering meist auch dabei. Hering und Trost begleiten sich im Training und in den Rennen. Wie darf man sich Ihr Verhältnis vorstellen?

Katharina Trost:

Wir verstehen uns sehr gut, sind aber menschlich sehr verschieden. Ja, wir sind Freundinnen und Konkurrentinnen zugleich.

Gerade hat das Schuljahr begonnen. Dies ist auch für Katharina Trost als Grundschullehrerin ein Einschnitt. Sie beschreiten die duale Karriere. Lässt sich für Sie Beruf und Hochleistungssport verbinden?

Katharina Trost:

Ich habe gerade mein Referendariat an der Grundschule in Puchheim im Westen von München begonnen und unterrichte Sport und Deutsch. Da bin ich wöchentlich insgesamt 28 Stunden im Einsatz. Mit einem guten Zeitmanagement lässt sich dies hinkriegen. Allerdings bin ich auch auf gute Unterstützung von der Schule, Familie und Freunden angewiesen. Mitte Oktober, wenn die Vorbereitung auf die kommende Saison beginnt, ist dann der Härtetest, ob alles passt.

2022 stehen mit der EM in München und der WM in Eugene große Herausforderungen an. Welche Ziele stehen da im Raum?

Katharina Trost:

Das EM-Finale zu Hause in München mit der eigenen Familie auf der Tribüne wäre da natürlich ein Highlight. Im Olympiastadion saß ich schon als siebenjähriges Mädchen bei der EM 2002.

Wie ist denn Katharina Trost zu einer der besten deutschen Mittelstreckenläuferinnen geworden?

Katharina Trost:

Mit sechs Jahren bin ich zur Leichtathletik gekommen, mit 16 war ich deutsche B-Jugend-Vizemeisterin und mit 18 Fünfte bei der U20-EM. Danach bin ich für zwei Jahre in die USA gegangen und war bei der Universiade im Halbfinale. 2019 gewann ich dann in Leipzig mit 23 über 800 Meter meinen ersten deutschen Meistertitel in der Halle.

Sie kommen aus einer sportlichen Familie…

Katharina Trost:

Ja, meine Mutter ist immer noch als Senioren-Leichtathletin erfolgreich unterwegs. Mein Vater war mein Trainer.
 
Warum haben Sie sich gerade für die Leichtathletik entschieden?

Katharina Trost:

Am Anfang habe ich Tennis, Turnen und auch Akrobatik probiert. Ich bin da hängen geblieben, wo ich am meisten Spaß hatte und erfolgreich war – in der Leichtathletik. 

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