| Disziplin-Check

MITTELSTRECKE MÄNNER | Robert Farken auf der Überholspur, Marc Reuther erneut Nummer eins

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports im Jahr 2021 schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainer:innen der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: die Mittelstrecke der Männer.
Nicolas Walter

INTERVIEW MIT DEM LEITENDEN BUNDESTRAINER WERNER KLEIN

Das ist passiert in 2021

Beim Blick auf den Mittelstreckenbereich gab es 2021 starke Parallelen zwischen den Männern und Frauen. Nicht nur konnten die Männer im Vergleich zu den Vorjahren ebenfalls deutlich schnellere Zeiten auf die Bahn zaubern und damit für eine positive Bilanz sorgen. Auch fing das Jahr mit einer Überraschung an.

Bei der Hallen-DM setzten sich nicht etwa die altbekannten Namen durch, sondern ein Athlet vom TV Groß-Gerau. Oskar Schwarzer holte sich den ersten Titel des Jahres und überraschte damit ebenfalls wie bei den Frauen Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen).

Weniger erfolgreich lief das Jahr für Marc Reuther (Eintracht Frankfurt) an. Der 25-Jährige musste sich in Dortmund mit Platz drei zufriedengeben, schied anschließend bei der Hallen-EM im Vorlauf aus – ebenso wie Oskar Schwarzer, Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) erreichte das Halbfinale – und konnte bei der DM in Braunschweig mit Platz fünf auch nicht seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigen. Doch in der zweiten Hälfte des Jahres kam der Frankfurter immer besser in Tritt. Besonders bitter war dabei, dass er die Olympia-Norm lediglich um zwei Hundertstel verpasste. In seinem letzten Wettkampf 2021 konnte er schließlich die schnellste deutsche Zeit des Jahres auf die Bahn legen: 1:44,71 Minuten.

Deutscher Meister wurde erstmals sein Teamkollege Marvin Heinrich, der in 1:45,49 Minuten die zweitschnellste Zeit des Jahres ablieferte. Die drittschnellste Zeit 2021 (1:45,80 min) ging an einen Athleten, der in diesem Jahr anstatt auf die 800 Meter vor allem auf die 1.500-Meter-Distanz setzte und vollends überzeugte. Robert Farken (SC DHfK Leipzig) untermauerte sein starkes Niveau und konnte bei seinem DM-Sieg in 3:34,64 Minuten seine Bestzeit deutlich steigern. Schneller sollte in diesem Jahr niemand mehr laufen.

Zudem lief der 24-Jährige in 2:15,81 Minuten bis auf Platz drei der ewigen deutschen Bestenliste über die selten gelaufene 1.000-Meter-Distanz nach vorne. Bei den Olympischen Spielen in Tokio verabschiedete er sich nach einer mutigen Vorstellung als einziger deutscher Athlet erst im Halbfinale. Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) schied bereits im Vorlauf aus.

Frühzeitig mussten die deutschen 1.500-Meter-Läufer ihre Koffer auch bei der Hallen-EM packen. Sowohl Marius Probst (TV Wattenscheid 01), der sich zuvor den Hallen-DM-Titel gesichert hatte, als auch Homiyu Tesfaye (TSV Pfungstadt) und Karl Bebendorf (Dresdner SC) erreichten nicht die nächste Runde. Trotz dieser mageren Ausbeute bei internationalen Höhepunkten, zeigten die DLV-Läufer in diesem Jahr eine deutliche Steigerung ihres Leistungsniveaus (siehe Statistik).

Im Jugendbereich schaffte es in diesem Jahr ein DLV-Athlet in ein internationales Finale. Moritz Ebbeskotte (LG farbtex Nordschwarzwald), Deutscher U20-Vizemeister, lief bei der U20-EM in Tallinn (Estland) auf der 1.500 Meter-Distanz zum elften Platz. Christoph Schrick (ASC Darmstadt) schied dagegen im Vorlauf aus, konnte sich aber mit dem Deutschen U20-Titel und der schnellsten U20-Zeit (3:46,62 min) des Jahres trösten.

Deutscher U20-Meister über 800 Meter wurde Adrian Engstler (TV Villingen), der sich auch an die Spitze der Jahresbestenliste setzte (1:49,19 min) und damit europaweit auf Rang 23, weltweit auf Platz 57 liegt. Bei der U20-EM schied er im Halbfinale unglücklich nach einer nachträglichen Disqualifikation wegen Einhakens bei einem seiner Konkurrenten aus. Seine gelaufene Zeit von 1:48,60 Minuten konnte somit nicht als Bestzeit gewertet werden.

 

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-EM  –   – 
U20-EM  –   11. Platz 1.500 m Moritz Ebbeskotte (LG farbtex Nordschwarzwald)
U23-EM  –   – 
 
Olympische Spiele  –   – 

Unser "Ass des Jahres"

Robert Farken (SC DHfK Leipzig)

Olympia-Halbfinale 1.500 Meter
Deutscher Meister über 1.500 Meter
Jahresschnellster über 1.500 Meter
Drittschnellster des Jahres über 800 Meter

Unser "Talent des Jahres"

Adrian Engstler (TV Villingen)

Deutscher U20-Meister über 800 Meter
Jahresschnellster über 800 Meter in der U20
Halbfinale U20-EM über 800 Meter
Platz 23 in der europäischen U20-Jahresbestenliste

Die deutschen Top Ten 2021

800 Meter

Zeit Name Jahrgang Verein
1:44,71 Marc Reuther 1996 Eintracht Frankfurt
1:45,49 Marvin Heinrich 1997 Eintracht Frankfurt
1:45,80 Robert Farken 1997 SC DHfK Leipzig
1:45,88 Dennis Biederbick 1997 Eintracht Frankfurt
1:46,57 Christoph Kessler 1995 LG Region Karlsruhe
1:46,90 Christian von Eitzen 1997 Athletics Team Karben
1:47,10 Oskar Schwarzer 1999 TV Groß-Gerau
1:47,69 Marc Tortell 1997 Athletics Team Karben
1:48,05 Lukas Abele 1997 SSC Hanau-Rodenbach
1:48,40 Tim Assmann 2000 TV Villingen

1.500 Meter  

Zeit Name Jahrgang Verein
3:34,64 Robert Farken 1997 SC DHfK Leipzig
3:35,24 Amos Bartelymeyer 1994 Eintracht Frankfurt
3:35,88 Marius Probst 1995 TV Wattenscheid 01
3:37,41 Marc Tortell 1997 Athletics Team Karben
3:37,90 Homiyu Tesfaye 1993 TSV Pfungstadt
3:38,51 Mohamed Mohumed 1999 LG Olympia Dortmund
3:39,83 Lukas Abele 1997 SSC Hanau-Rodenbach
3:40,10 Christoph Kessler 1995 LG Region Karlsruhe
3:40,35 Felix Wammetsberger 1995 LG Region Karlsruhe
3:40,92 Sven Wagner 2001 Königsteiner LV

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 800 Meter

Jahr =/< 1:45,90* Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 1 1:46,60 1:47,13 1:47,81
2006 1 1:46,53 1:46,90 1:47,44
2007 1 1:46,28 1:46,58 1:47,22
2008 2 1:45,82 1:46,23 1:47,13
2009 1 1:46,21 1:46,63 1:47,35
2010 1:46,72 1:47,38 1:48,10
2011 1 1:46,23 1:46,81 1:47,51
2012 1 1:46,02 1:46,45 1:47,04
2013 1 1:45,91 1:46,06 1:46,80
2014 1 1:46,12 1:46,35 1:46,85
2015 1 1:46,50 1:46,94 1:47,50
2016 1:46,40 1:46,51 1:46,77
2017 1 1:46,00 1:46,40 1:47,05
2018 1 1:45,95 1:46,35 1:47,03
2019 1 1:46,47 1:46,96 1:47,47
2020 1 1:46,51 1:47,15 1:47,98
2021 4 1:45,33 1:45,69 1:46,66

Das deutsche Top-Niveau: 1.500 Meter

Jahr =/< 3:36,00* Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 3:40,68 3:40,99 3:41,79
2006 3:38,86 3:39,33 3:40,78
2007 3:37,76 3:38,61 3:40,05
2008 1 3:37,02 3:38,27 3:40,02
2009 2 3:35,77 3:37,52 3:40,04
2010 1 3:36,25 3:37,82 3:39,86
2011 1 3:37,67 3:39,31 3:41,56
2012 2 3:35,59 3:37,42 3:40,05
2013 2 3:35,67 3:36,88 3:39,42
2014 3 3:33,82 3:35,92 3:39,28
2015 3:36,77 3:38,26 3:40,23
2016 1 3:36,21 3:37,02 3:39,14
2017 2 3:35,63 3:37,70 3:40,05
2018 3:36,97 3:38,17 3:39,73
2019 3:37,56 3:38,14 3:39,45
2020 3:38,39 3:38,90 3:40,58
2021 3 3:35,25 3:36,21 3:38,08

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 800 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 1:44,71 (Herms) 1:44,18 (Borzakovskiy/RUS) 0,53 1:43,70 (Bungei/KEN) 1,01
2006 1:45,26 (Herms) 1:43,42 (Borzakovskiy/RUS) 1,84 1:43,09 (Mulaudzi/RSA) 2,17
2007 1:45,89 (Herms) 1:44,37 (Milkevics/LET) 1,52 1:43,74 (Mulaudzi/RSA) 2,15
2008 1:45,66 (Schembera) 1:44,68 (Rimmer/GBR) 0,98 1:42,69 (Kaki/SUD) 2,97
2009 1:45,63 (Schembera) 1:43,59 (Som/NED) 2,04 1:42,01 (Rudisha/KEN) 3,92
2010 1:46,38 (Schembera) 1:44,68 (Rimmer/GBR) 2,49 1:41,01 (Rudisha/KEN) 5,37
2011 1:45,04 (Ludolph) 1:43,30 (Kszczot/POL) 1,74 1:41,33 (Rudisha/KEN) 3,71
2012 1:44,80 (Ludolph) 1:43,74 (López/ESP) 1,06 1:40,91 (Rudisha/KEN) 3,89
2013 1:45,69 (Lange) 1:43,76 (Bosse/FRA) 1,93 1:42,37 (Aman/ETH) 3,32
2014 1:45,79 (Krüger) 1:42,53 (Bosse/FRA) 3,26 1:42,45 (Amos/BOT) 3,34
2015 1:45,48 (Schembera) 1:42,51 (Tuka/BIH) 2,97 1:42,51 (Tuka/BIH) 2,97
2016 1:46,19 (Reuther) 1:43,41 (Bosse/FRA) 2,78 1:42,15 (Rudisha/KEN) 4,04
2017 1:45,22 (Reuther) 1:44,62 (Tuka/BIH) 0,60 1:43,10 (Korir/KEN) 2,12
2018 1:45,42 (Reuther) 1:43,65 (Ordonez/ESP) 1,77 1:42,05 (Korir/KEN) 3,37
2019 1:45,22 (Reuther) 1:43,47 (Tuka/BIH) 1,75 1:41,89 (Amos/BOT) 3,33
2020 1:44,93 (Reuther) 1:44,09 (Rowden/GBR) 0,84 1:43,15 (Brazier/USA) 1,78
2021 1:44,71 (Reuther) 1:43,73 (Dobek/POL) 0,98 1:42,91 (Amos/BOT) 1,80

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 1.500 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 3:40,96 (Haschke) 3:30,80 (Baala/FRA) 9,59 3:29,30 (Lagat/USA) 11,09
2006 3:38,04 (Schlangen) 3:31,00 (Heshko/UKR) 7,04 3:29,02 (Komen/USA) 9,02
2007 3:36,54 (Schlangen) 3:31,01 (Baala/FRA) 5,53 3:30,54 (Webb/USA) 5,00
2008 3:34,99 (Schlangen) 3:32,00 (Baala/FRA) 2,99 3:31,49 (Komen/USA) 3,50
2009 3:33,92 (Eberhard) 3:30,96 (Baala/FRA) 2,96 3:29,47 (Choge/KEN) 4,45
2010 3:34,19 (Schlangen) 3:32,70 (Casado/ESP) 1,49 3:29,27 (Kiplagat/KEN) 4,92
2011 3:35,74 (Schlangen) 3:31,37 (Özbilen/TUR) 4,37 3:30,46 (Kiprop/KEN) 5,28
2012 3:33,64 (Schlangen) 3:33,32 (Özbilen/TUR) 0,32 3:28,88 (Kiprop/KEN) 4,76
2013 3:34,18 (Tesfaye) 3:28,81 (Farah/GBR) 5,37 3:27,72 (Kiprop/KEN) 6,46
2014 3:31,98 (Tesfaye) 3:31,46 (H.Ingebrigtsen) 0,52 3:27,64 (Kiplagat/KEN) 4,34
2015 3:36,05 (Orth) 3:28,93 (Farah/GBR) 7,12 3:26,69 (Kiprop/KEN) 9,36
2016 3:35,05 (Tesfaye) 3:31,74 (Farah/GBR) 3,31 3:29,33 (Kiprop/KEN) 5,72
2017 3:33,47 (Tesfaye) 3:32,48 (F. Ingebrigtsen/NOR) 1,01 3:28,80 (Manangoi/KEN) 4,67
2018 3:36,03 (Tesfaye) 3:30,01 (F. Ingebrigtsen/NOR) 6,02 3:28,41 (Cheruiyot/KEN) 7,62
2019 3:36,29 (Bartelsmeyer) 3:30,16 (J. Ingebrigtsen/NOR) 6,13 3:28,77 (Cheruiyot/KEN) 7,52
2020 3:38,04 (Tortell) 3:28,68 (J. Ingebrigtsen/NOR) 9,36 3:28,45 (Cheruiyot/KEN) 9,59
2021 3:34,64 (Farken) 3:28,32 (J. Ingebrigtsen/NOR) 6,32 3:28,28 (Cheruiyot/KEN) 6,36

Das fällt auf:

  • Gleich vier Athleten blieben in diesem Jahr über 800 Meter unter 1:45,90 Minuten, der Olympia-Norm von 2017. So viele waren es seit Einführung des Disziplin-Checks auf leichtathletik.de noch nie. Über 1.500 Meter blieben drei Athleten unter 3:36,00 Minuten, womit der bisherige Bestwert eingestellt wurde.
  • Die deutschen Mittelstreckler waren in diesem Jahr stark unterwegs: Über 800 Meter sind die Top Drei-Werte, Top Fünf-Werte und Top Zehn-Werte so gut wie noch nie seit Beginn der Analyse. Über 1.500 Meter trifft dies ebenso auf den Top Zehn-Wert zu. Die Top Drei- und Top Fünf-Werte sind dagegen die Zweitbesten seit Start des Disziplin-Checks.
  • Zum sechsten Mal in Folge ist Marc Reuther der Jahresschnellste über 800 Meter (1:44,71 min). Seit 2005 gab es so eine schnelle Zeit in Deutschland nicht mehr. Damals konnte René Herms die gleiche Zeit auf die Bahn bringen. Robert Farken löst über 1.500 Meter dagegen den Vorjahres-Schnellsten Marc Tortell (Team Athletics Karben) an der Spitze ab.
  • Über 1.500 Meter herrscht an der internationalen Spitze Beständigkeit: Zum fünften Mal in Folge trägt der schnellste Europäer den Namen Ingebrigtsen (Norwegen). Nachdem 2017 und 2018 Filip Ingebrigtsen am schnellsten war, konnte sich in diesem Jahr sein Bruder Jakob zum dritten Mal nacheinander die Spitzenposition sichern. Seit 2009 führte zum Jahresabschluss immer ein Kenianer die weltweite Jahresbestenliste an. Timothy Cheruiyot steht in diesem Jahr zum vierten Mal hintereinander an der Spitze.
  • Der Abstand des schnellsten deutschen Läufers in diesem Jahr über 800 Meter (Marc Reuther) auf die weltweite Spitze ist so gering wie lange nicht mehr (1,80 sec). Im vergangenen Jahr war der Wert sogar noch etwas niedriger, doch durch den coronabedingten Ausfall zahlreicher Veranstaltungen hat dieser eine verhältnismäßig geringe Aussagekraft. Über 1.500 Meter ist der Wert (6,36 sec) so gering wie seit 2017 nicht mehr.
  • Olympiasieger über 800 Meter wurde Emanuel Korir (Kenia), über 1.500 Meter Jakob Ingebrigtsen.

leichtathletik.TV-Clips zum Sprint

800 Meter | 1.500 Meter

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen

* als Referenzwert dienen die WM-Normen des Jahres 2017

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