| Disziplin-Check

MITTELSTRECKE FRAUEN | Überdurchschnittlich starkes Jahr für DLV-Athletinnen

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports im Jahr 2021 schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainerinnen und Bundestrainern der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: die Mittelstrecke der Frauen.
Nicolas Walter

INTERVIEW MIT DEM LEITENDEN BUNDESTRAINER WERNER KLEIN

Das ist passiert in 2021

Auch wenn ausgerechnet bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan) nicht alles rund lief, so zeigten sich die DLV-Mittelstrecklerinnen im Jahr 2021 dennoch insgesamt in starker Form. Internationaler Höhepunkt war dabei der Gewinn der Bronzemedaille von Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) bei der Hallen-EM im polnischen Torun über 1.500 Meter. Dabei packte die 28-Jährige ihre Sprintqualitäten aus, denn beim Rundengong war sie als Siebte noch weit weg von den Medaillenrängen. Auch Hindernis-Spezialistin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier), die sich zuvor auf dieser Strecke den deutschen Hallentitel geschnappt hatte, erreichte in Torun das Finale und wurde dort Achte.

Weitere internationale Finalplatzierungen kamen 2021 im Aktiven-Bereich zwar nicht mehr hinzu, doch dafür konnte eine ganz Reihe an Athletinnen mit schnellen Zeiten punkten. Über 800 Meter blieben gleich vier Mittelstrecklerinnen unter 2:01,00 Minuten, der WM-Norm des Jahres 2017. So viele waren es seit Einführung des Disziplin-Checks auf leichtathletik.de noch nie. Die drei schnellsten Athletinnen des Jahres blieben sogar unter zwei Minuten, und das teils deutlich.

Katharina Trost (LG Stadtwerke München) rannte in Chorzów (Polen) in 1:58,68 Minuten gar zur besten deutschen 800-Meter-Zeit seit 2015, mit der sie sich für die Olympischen Spiele qualifizierte. Dort lief sie bis ins Halbfinale. Die Deutsche Freiluft-Meisterin Christina Hering (LG Stadtwerke München), die ihr schnellstes Rennen (1:59,78 min) im September absolvierte, kam in Tokio nicht über den Vorlauf hinaus. Dafür stand sie bei der Hallen-EM im Halbfinale, wo Katharina Trost im Vorlauf ausgeschieden war.

Eine starke Entwicklung zeigte zudem Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler): Die 21-Jährige blieb Mitte Juli – leider zu spät für die Olympia-Nominierung – in 1:59,24 Minuten erstmals unter der Zwei-Minuten-Marke. Die deutsche Nummer vier des Jahres Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 2:00,66 min) hatte gleich zu Beginn des Jahres für eine Überraschunge gesorgt: Bei der Hallen-DM ließ sie die arrivierten Kräfte hinter sich, holte sich ihren ersten nationalen Titel und durfte anschließend bei der Hallen-EM ihre internationale Premiere mit dem Halbfinal-Einzug feiern.

Auch über 1.500 Meter waren die DLV-Athletinnen 2021 schnell wie selten. Katharina Trost (4:05,17 min) stieß beim ISTAF auch auf dieser Strecke in die deutsche Spitze vor. Die schnellste Athletin aber war im zweiten Jahr in Folge Hanna Klein: Erst verteidigte sie souverän ihren deutschen Titel, nachdem sie in der Halle noch auf die 3.000 Meter gesetzt hatte, dann lief sie eine Woche später in 4:02,58 Minuten Bestzeit sowie die schnellste deutsche Zeit des Jahres. Doch ausgerechnet beim Jahreshöhepunkt konnte sie ihre Leistung nicht abrufen: Bei den Olympischen Spielen schied sie in 4:14,83 Minuten im Vorlauf aus. Besser machte es dort die Deutsche Meisterin von 2019 Caterina Granz (LG Nord Berlin), die mit Saison-Bestzeit von 4:06,22 Minuten bis ins Olympia-Halbfinale lief.

Im Nachwuchs-Bereich zeigten mehrere Athletinnen ihr Potenzial. Die erst 16-jährige Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg) belegt in der europäischen U18-Jahresbestenliste über 800 Meter (2:05,75 min) den fünften und über 1.500 Meter (4:21,44 min) den vierten Platz. Bei der U20-EM in Tallinn (Estland) sollte es über 1.500 Meter gegen bis zu drei Jahre ältere Konkurrenz jedoch noch nicht für die nächste Runde reichen. Die beiden weiteren DLV-Starterinnen Fabiane Meyer (TSV Westfalia Epe) und Lisa Hausdorf (AG Hamburg West) wurden dort auf dieser Strecke Fünfte und Sechste.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-EM Bronze 1.500 m Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) 8. Platz 1.500 m Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier)
U20-EM  –  5. Platz 1.500 m Fabiane Meyer (TSV Westfalia Epe)
6. Platz 1.500 m Lisa Hausdorf (AG Hamburg West)
U23-EM  –   – 
 
Olympische Spiele  –   – 

Unser "Ass des Jahres"

Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen)

Dritte Hallen-EM 1.500 Meter
Deutsche Meisterin 1.500 Meter
Jahresschnellste 1.500 Meter

Unser "Talent des Jahres"

Fabiane Meyer (TV Westfalia Epe)

U20-Jahresschnellste 1.500 Meter
Deutsche U20-Meisterin 1.500 Meter
Platz fünf U20-EM über 1.500 Meter

Die deutschen Top Ten 2021

800 Meter

Zeit Name Jahrgang Verein
1:58,68 Katharina Trost 1995 LG Stadtwerke München
1:59,24 Majtie Kolberg 1999 LG Kreis Ahrweiler
1:59,78 Christina Hering 1994 LG Stadtwerke München
2:00,66 Tanja Spill 1995 LAV Bayer Uerdingen/Dormagen
2:03,61 Sarah Schmidt 1996 TSV Bayer 04 Leverkusen
2:04,19 Hanna Klein 1993 LAV Stadtwerke Tübingen
2:04,67 Sarah Fleur Schulze 1999 VfL Eintracht Hannover
2:05,15 Jana Reinert 1998 LG Stadtwerke München
2:05,20 Verena Meisl 2001 LG Olympia Dortmund
2:05,28 Tabea Marie Kempe 1997 TSV Bayer 04 Leverkusen

1.500 Meter  

Zeit Name Jahrgang Verein
4:02,58 Hanna Klein 1993 LAV Stadtwerke Tübingen
4:05,17 Katharina Trost 1995 LG Stadtwerke München
4:05,26 Konstanze Klosterhalfen 1997 TSV Bayer 04 Leverkusen
4:06,22 Caterina Granz 1994 LG Nord Berlin
4:07,30 Sara Benfares 2001 LC Rehlingen
4:09,19 Elena Burkard 1992 LG farbtex Nordschwarzwald
4:10,71 Vera Coutellier 1995 ASV Köln
4:11,08 Christina Hering 1994 LG Stadtwerke München
4:15,70 Tanja Spill 1995 LAV Bayer Uerdingen/Dormagen
4:16,37 Majtie Kolberg 1999 LG Kreis Ahrweiler

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 800 Meter

Jahr =/< 2:01,00* Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 1 2:01,88 2:02,55 2:03,71
2006 1 2:02,29 2:02,95 2:04,12
2007 2:02,24 2:03,11 2:04,33
2008 1 2:02,30 2:03,09 2:04,15
2009 1 2:01,98 2:02,56 2:03,72
2010 1 2:01,56 2:02,35 2:03,44
2011 1 2:01,64 2:01,98 2:02,86
2012 1 2:01,58 2:01,94 2:02,56
2013 2:02,72 2:02,86 2:03,40
2014 2:01,82 2:02,34 2:03,00
2015 2 1:59,77 2:00,88 2:02,99
2016 2 2:00,80 2:01,47 2:02,76
2017 1 2:01,17 2:02,35 2:03,66
2018 1 2:01,60 2:01,96 2:03,06
2019 2 2:01,08 2:02,33 2:03,57
2020 2 2:01,12 2:01,88 2:03,20
2021 4 1:59,23 2:00,39 2:02,65

Das deutsche Top-Niveau: 1.500 Meter

Jahr =/< 4:07,50* Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 4:10,87 4:12,95 4:18,09
2006 4:15,14 4:16,91 4:20,16
2007 4:14,40 4:15,99 4:18,84
2008 4:14,40 4:16,26 4:18,79
2009 4:14,51 4:15,21 4:17,33
2010 4:13,85 4:15,15 4:17,26
2011 4:08,49 4:09,97 4:13,77
2012 4 4:05,34 4:06,95 4:10,95
2013 2 4:07,01 4:08,66 4:11,40
2014 1 4:07,23 4:08,41 4:10,53
2015 4:08,81 4:09,27 4:11,50
2016 3 4:07,10 4:07,60 4:10,17
2017 2 4:03,75 4:06,49 4:09,50
2018 4 4:06,25 4:06,68 4:10,15
2019 2 4:04,25 4:07,83 4:12,32
2020 2 4:06,68 4:08,13 4:11,85
2021 5 4:04,34 4:05,30 4:08,96

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 800 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 2:01,00 (Gradzki) 1:56,07 (Adrianova/RUS) 4,93 1:56,07 (Adrianova/RUS) 4,93
2006 2:00,16 (Gradzki) 1:57,07 (Fomenko/RUS) 3,09 1:56,66 (Jepkosgei/KEN) 3,50
2007 2:01,15 (Gradzki) 1:57,62 (Martinez/ESP) 2,53 1:56,04 (Jepkosgei/KEN) 5,11
2008 2:00,51 (Gradzki) 1:56,00 (Adrianova/RUS) 4,51 1:54,01 (Jelimo/KEN) 6,60
2009 2:00,71 (Hartmann) 1:57,86 (Alminova/RUS) 2,85 1:55,45 (Semenya/RSA) 5,26
2010 2:00,72 (Kohlmann) 1:57,56 (Savinova/RUS) 3,16 1:57,34 (Johnson/USA) 3,38
2011 2:00,93 (Hartmann) 1:55,87 (Savinova/RUS) 5,06 1:55,87 (Savinova/RUS) 5,06
2012 2:00,34 (Harrer) 1:56,91 (Savinova/RUS) 3,43 1:56,91 (Savinova/RUS) 3,43
2013 2:02,12 (Kesselring) 1:57,80 (Savinova/RUS) 4,32 1:56,72 (Niyonsaba/BDI) 5,40
2014 2:01,25 (Hering) 1:58,15 (Arzamasova/BLR) 3,10 1:57,67 (Wilson/USA) 3,58
2015 1:58,34 (Kohlmann) 1:57,54 (Arzamasova/BLR) 0,80 1:56,99 (Sum/KEN) 1,35
2016 2:00,37 (Hering) 1:57,37 (Joswik/POL) 3,00 1:55,28 (Semenya/RSA) 5,09
2017 1:59,65 (Klosterhalfen) 1:56,81 (Hassan/NED) 2,84 1:55,16 (Semenya/RSA) 4,49
2018 2:00,48 (Hering) 1:58,83 (Lamote/FRA) 1,65 1:54,25 (Semenya/RSA) 6,23
2019 1:59,41 (Hering) 1:58,42 (Muir/GBR) 0,99 1:54,98 (Semenya/RSA) 4,43
2020 2:00,47 (Hering) 1:58,10 (Hynne/NOR) 2,37 1:57,68 (Kipyegon/KEN) 3,79
2021 1:58,68 (Trost) 1:55,88 (Hodkinson/GBR) 2,80 1:55,04 (Mu/USA) 3,64

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 1.500 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 4:08,81 (Möldner) 3:57,73 (Evdokimova/RUS) 11,08 3:56,79 (Jamal/BRN) 12,02
2006 4:11,23 (Möldner) 3:55,68 (Fomenko/RUS) 15,55 3:55,68 (Fomenko/RUS) 15,55
2007 4:12,31 (Möldner) 4:00,69 (Lishchynska/UKR) 11,62 3:58,75 (Jamal/BRN) 13,56
2008 4:11,96 (Möldner) 4:00,35 (Popescu/ROU) 11,61 3:59,84 (Jamal/BRN) 12,12
2009 4:13,51 (Krebs) 3:58,38 (Alminova/RUS) 15,13 3:56,55 (Jamal/BRN) 16,96
2010 4:11,62 (Krebs) 3:57,65 (Alminova/RUS) 13,97 3:57,65 (Alminova/RUS) 13,97
2011 4:07,70 (Krebs) 4:01,02 (Gorbunova/RUS) 6,68 4:00,06 (Ucency(USA) 7,64
2012 4:04,30 (Harrer) 3:56,62 (Alptekin/TUR) 7,68 3:56,15 (Selsouli/MAR) 8,15
2013 4:05,62 (D. Sujew) 3:56,60 (Aregawi/SWE) 9,02 3:56,60 (Aregawi/SWE) 9,02
2014 4:05,72 (D. Sujew) 3:57,00 (Hassan/NED) 8,72 3:57,00 (Hassan/NED) 8,72
2015 4:07,56 (Kock) 3:56,05 (Hassan/NED) 11,51 3:50,07 (G. Dibaba/ETH) 17,49
2016 4:06,91 (Klosterhalfen) 3:55,22 (Muir/GBR) 11,69 3:55,22 (Muir/GBR) 11,69
2017 3:59,92 (Klosterhalfen) 3:56,17 (Hassan/NED) 3,75 3:56,17 (Hassan/NED) 3,75
2018 4:05,95 (D. Sujew) 3:57,41 (Hassan/NED) 8,54 3:56,68 (G. Dibaba/ETH) 9,27
2019 3:59,02 (Klosterhalfen) 3:51,95 (Hassan/NED) 7,07 3:51,95 (Hassan/NED) 7.07
2020 4:04,90 (Klein) 3:57,40 (Muir/GBR) 7,50 3:57,40 (Muir/GBR) 7,50
2021 4:02,58 (Klein) 3:53,60 (Hassan/NED) 8,98 3:51,07 (Kipyegon/KEN) 11,51

Das fällt auf:

  • Gleich vier Athletinnen blieben in diesem Jahr über 800 Meter unter 2:01,00 Minuten. So viele waren es noch nie zuvor seit Einführung des Disziplin-Checks auf leichtathletik.de im Jahr 2005.
  • Über 1.500 Meter unterboten fünf DLV-Läuferinnen unseren Schwellenwert von 4:07,50 Minuten*. Auch das gab es in unserer bisherigen Dokumentation noch nie.
  • Die Top Drei- und Top Fünf-Werte über 800 Meter sind herausragend, der Top Ten-Schnitt ist der beste seit 2012.
  • Auch die Durchschnittszeiten der nationalen Spitze über 1.500 Meter untermauern teils mit Bestwerten in der Statistik das starke Niveau der DLV-Mittelstrecklerinnen 2021.
  • Erstmals nach drei Jahren heißt die Jahresschnellste über 800 Meter nicht Christina Hering, sondern Katharina Trost. Über 1.500 Meter führt Hanna Klein zum zweiten Mal in Folge den Platz an der Spitze an.
  • Christina Hering gewann zum sechsten Mal in Folge den deutschen Meistertitel über 800 Meter. Ihren Hallen-Titel aus dem Vorjahr konnte sie dagegen nicht verteidigen. Diesmal setzte sich Tanja Spill die Krone auf.
  • Die Bronzemedaille von Hanna Klein ist über 1.500 Meter die zweite deutsche Medaille bei einer Hallen-EM innerhalb von vier Jahren. 2017 hatte Konstanze Klosterhalfen Silber gewonnen.
  • Keely Hodgkinson (Großbritannien) rannte in diesem Jahr über 800 Meter (1:55,88 min) die schnellste Zeit einer Europäerin seit 2011. Dadurch hat sich der Abstand auf die europäische Spitze trotz der guten deutschen Leistungen wieder vergrößert. Der Abstand zur Weltspitze ist dagegen so klein wie seit 2015 nicht mehr. Olympiasiegerin Athing Mu (USA) lief in diesem Jahr am schnellsten (1:55,04 min).
  • Über 1.500 Meter ist der Abstand der besten deutschen Läuferin sowohl auf die europäische als auch auf die Weltspitze wieder angestiegen. Auf dieser Strecke holte Faith Kipyegon (Kenia) ihr zweites Olympia-Gold in Folge.

leichtathletik.TV-Clips zum Sprint

800 Meter | 1.500 Meter

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer

* als Referenzwert dienen die WM-Normen des Jahres 2017

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