| Disziplin-Check

KUGELSTOSSEN FRAUEN | Mehrfach große Steigerungen und einmal großes Pech

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainerinnen und Bundestrainern der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: das Kugelstoßen der Frauen.
Jan-Henner Reitze

Das ist passiert in 2021

In kaum einer Disziplin war im Olympia-Jahr im DLV so viel Bewegung wie im Kugelstoßen der Frauen. Bestleistungen purzelten, aber auch Freud und Leid lagen nah beieinander. Allen voran bei der besten Athletin der vergangenen Jahre Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge). Gleich beim Wettkampf-Comeback Ende Januar landete ihre Kugel bei 19,11 Metern. Diese Weite sollte die 35-Jährige allerdings das gesamte Jahr nicht mehr übertreffen.

Bei der Hallen-EM in Torun (Polen) sicherte sich die Mutter von Zwillingen mit dem sechsten Versuch Bronze und damit die elfte Medaille ihrer erfolgreichen Karriere bei einer großen Meisterschaft. Nach neuen Verletzungssorgen ging dann im Sommer alles schief, was schiefgehen konnte. Der Wettkampfstart beim Diamond League-Meeting in Gateshead (Großbritannien) brachte eine mäßige Weite und Corona-Quarantäne. Der Knoten wollte nicht mehr platzen. Und die Olympischen Spiele endeten in der Qualifikation.

Ein rundum gelungenes Jahr und endlich die lang ersehnte Steigerung in Richtung der 19 Meter legte Sara Gambetta (SV Halle) hin. Auf Bestleistung und Platz sechs bei der Hallen-EM folgten der Freiluft-Titel bei den Deutschen Meisterschaften und Rang acht in Tokio (Japan). Die fünf größten Weiten der früheren Siebenkämpferin stammen alle aus diesem Sommer, die allergrößte (18,88 m) vom Saisonhöhepunkt im Olympiafinale. So soll es sein.

Im Kampf um den dritten Olympia-Startplatz setzte sich Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge) dank der Verbesserung auf 18,51 Meter durch. Sie  zog damit im Vergleich zu den Vorjahren national an einigen Konkurrentinnen vorbei. Dabei steigerten diese sich ebenfalls.

Die frühere U18-Weltmeisterin Julia Ritter (TV Wattenscheid 01) kratzte mit 18,35 Metern an der Olympia-Norm (18,50 m). Alina Kenzel (VfL Waiblingen) konnte diese Vorgabe mit 18,69 Metern sogar übertreffen, allerdings erst nach dem Ende des Nominierungszeitraums. Mit einem zwischenzeitlichen Umstiegsversuch auf die Drehstoßtechnik hatte die 24-Jährige in der Halle viel riskiert. Mit Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) übertraf sogar noch eine sechste Athletin in der Freiluft-Saison die 18-Meter-Marke. Das hat es seit dem Jahr 1996 im DLV nicht mehr gegeben.

Mit Lea Riedel (VfL Sindelfingen) steht schon das nächste Talent in den Startlöchern. Bei der U23-EM explodierte die 22-Jährige geradezu und sicherte sich Silber (17,86 m). Und auch der U20-Nachwuchs gehört zur internationalen Spitze. Die erst 17-jährige Nina Ndubuisi (SG Schorndorf 1846) setzte mit Bronze und 15,71 Metern bei der U20-EM die Medaillen-Tradition des DLV in dieser Disziplin fort.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-EM Bronze Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) 6. Sara Gambetta (SV Halle)
U20-EM Bronze Nina Ndubuisi (SG Schorndorf 1846) 6. Jacqueline Gippner (SC Potsdam)
U23-EM Silber Lea Riedel (VfL Sindelfingen) 7. Selina Dantzler (LG Stadtwerke München), 8. Hanna Meinikmann (TV Wattenscheid 01)
Olympische Spiele - 8. Platz Sara Gambetta (SV Halle)

Unser "Ass des Jahres"

Sara Gambetta (SV Halle)

Deutsche Meisterin Freiluft (18,31 m)
Sechste Hallen-EM (18,34 m)
Achte Olympia (18,88 m)

Unser "Talent des Jahres"

Nina Ndubuisi (SG Schorndorf 1846)

Bronze U20-EM (15,71 m)
Deutsche U18-Meisterin (18,59 m; 3-Kilo-Kugel)
Nr. 1 der Welt in der U18 und U20

Die deutschen Top Ten 2021

Kugelstoßen Frauen

Weite Name Jahrgang Verein
18,88 m Sara Gambetta 1993 SV Halle
18,69 m Alina Kenzel 1997 VfL Waiblingen
18,63 m Christina Schwanitz 1985 LV 90 Erzgebirge
18,51 m Katharina Maisch 1998 LV 90 Erzgebirge
18,35 m Julia Ritter 1998 TV Wattenscheid
18,13 m Yemisi Ogunleye 1998 MTG Mannheim
17,86 m Lea Riedel 1999 VfL Sindelfingen
17,15 m Sarah Schmidt 1997 LV 90 Erzgebirge
16,56 m Jule Steuer 2000 SC Magdeburg
16,58 m Hanna Meinikmann 1999 TV Wattenscheid 01

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: Kugelstoßen Frauen

Jahr >18,00 m Top 3 Top 5 Top 10
2005 4 19,68 19,16 18,03
2006 2 18,80 18,25 17,26
2007 3 19,30 18,50 17,57
2008 5 19,42 19,06 17,57
2009 4 19,58 18,93 17,61
2010 4 19,28 18,82 17,63
2011 3 18,92 18,35 17,21
2012 4 19,20 18,67 17,58
2013 3 19,18 18,50 17,43
2014 1 18,60 18,04 17,02
2015 2 18,73 18,15 17,43
2016 2 18,71 18,32 17,67
2017 1 17,90 17,71 17,14
2018 3 18,90 17,94 17,59
2019 3 18,65 18,30 17,45
2020 1 17,82 17,36 16,30
2021 6 18,73 18,61 17,92

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 20,06 (N. Kleinert) 21,09 (Ostabchuk/BLR) 1,03 21,09 (Ostabchuk/BLR) 1,03
2006 19,64 (P. Lammert) 20,56 (Ostabchuk/BLR) 0,92 20,56 (Ostabchuk/BLR) 0,92
2007 20,04 (P. Lammert) 20,48 (Ostabchuk/BLR) 0,44 20,54 (Vili/NZL) 0,50
2008 19,89 (N. Kleinert) 20,98 (Ostabchuk/BLR) 1,09 20,98 (Ostabchuk/BLR) 1,09
2009 20,20 (N. Kleinert) 20,20 (N. Kleinert) 0,00 21,07 (Vili/NZL) 0,87
2010 19,64 (N. Kleinert) 20,95 (Ostabchuk/BLR) 1,29 20,95 (Ostabchuk/BLR) 1,29
2011 19,26 (N. Kleinert) 20,94 (Ostabchuk/BLR) 1,68 21,24 (Vili/NZL) 1,98
2012 19,67 (N. Kleinert) 20,22 (Kolodko/RUS) 0,62 21,11 (Adams/NZL) 1,48
2013 20,41 (C. Schwanitz) 20,41 (C. Schwanitz) 0,00 20,90 (Adams/NZL) 0,49
2014 20,22 (C. Schwanitz) 20,22 (C. Schwanitz) 0,00 20,59 (Adams/NZL) 0,37
2015 20,77 (C. Schwanitz) 20,77 (C. Schwanitz) 0,00 20,77 (C. Schwanitz) 0,00
2016 20,17 (C. Schwanitz) 20,17 (C. Schwanitz) 0,00 20,63 (Carter/USA) 0,46
2017 18,46 (S. Gambetta) 19,63 (Marton/HUN) 1,17 20,11 (Gong/CHN) 1,65
2018 20,06 (Schwanitz) 20,06 (Schwanitz) 0,00 20,38 (Gong/CHN) 0,32
2019 19,37 (Schwanitz) 19,37 (Schwanitz) 0,00 20,31 (Gong/CHN) 0,94
2020 18,14 (Ritter) 19,53 (Dongmo/POR) 1,39 19,53 (Dongmo/POR) 1,39
2021 18,88 (Gambetta) 19,75 (Dongmo/POR) 0,97 20,58 (Gong/CHN) 1,70

Das fällt auf:

  • Die 18 Meter als Schwelle zur internationalen Spitze haben mit sechs DLV-Athletinnen in diesem Jahr so viele Athetlinnen übertroffen wie seit 25 Jahren nicht mehr.
  • Christina Schwanitz holte ihre elfte Medaille bei WM- oder Europameisterschaften, erlebte aber einen Sommer zum Abhaken.
  • Sara Gambetta wurde mit dem nächsten Schritt nach vorne für langjährige Trainingsarbeit belohnt.
  • Eine Reihe junger Athletinnen im Alter unter 25 Jahren drängt nach vorn und spornt sich im Kampf um internationale Startgelegenheiten gegenseitig an. Ein vielversprechende Ausgangslage für die kommenden Jahre.
  • In der internationalen Spitze gehen die Leistungen in den vergangenen Jahren recht weit auseinander. Internationale Titel auf Weltniveau werden mit Weiten jenseits der 20 Meter vergeben, für Endkampfteilnahmen sind keine 19 Meter nötig.
  • Als erste Athletin in einer technischen Disziplin überhaupt holte Valerie Adams bei ihren vierten Olympischen Spielen mit Bronze ihre vierte Medaille.

leichtathletik.TV-Clips

Kugelstoßen

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Marathon/Straße folgt im Dezember
Hochsprung Frauen
Hochsprung Männer
Weitsprung Frauen
Weitsprung Männer
Dreisprung Frauen
Dreisprung Männer
Stabhochsprung Frauen
Stabhochsprung Männer

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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