| Interview

Corinna Schwab: "Manchmal kann ich nicht mehr sitzen, weil das Training so hart war"

Sie ist Deutschlands größte Hoffnung über 400 Meter: Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz) hat eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich und ist in dieser Saison mit deutscher Hallen-Bestleistung über 300 Meter (36,49 sec) sowie persönlicher Hallen-Bestleistung über 400 Meter (51,68 sec) auf dem nächsten Level angekommen. Im Interview mit Sports Illustrated, das wir Ihnen auch auf leichtathletik.de präsentieren dürfen, berichtet sie über ihren inneren Antrieb, extrem harte Arbeit und die nächsten Ziele.
Sports Illustrated / Dirk Adam

Quelle: Sports Illustrated

Corinna Schwab, die 400 Meter gelten als die vielleicht härteste Strecke der Leichtathletik. Woher kommen dieser Ehrgeiz und die Lust sich zu quälen?

Corina Schwab:

In meiner Familie war Leistungssport nie ein Thema. Dieser Ehrgeiz steckt in mir. Ich möchte gerne Grenzen verschieben und ich will wissen, zu was ich im Sport in der Lage bin. Ich sehe, was die 400-Meter-Läuferinnen international rennen und ich will probieren, wie schnell ich als Deutsche ohne Doping laufen kann. Was ist möglich? Das versuche ich jeden Tag herauszufinden. Letzte Saison wollte ich die 52-Sekunden-Marke knacken. Dieses Jahr sind es die 51 Sekunden. Ich hasse es zu verlieren. Deswegen gebe ich alles für meinen Sport.

Wie sieht Ihr Trainingsprogramm aus?

Corina Schwab:

Ich trainiere einmal am Tag, indem ich zwei Einheiten zusammenlege. Dann kann es schon mal vorkommen, dass ich fünf Stunden in der Halle oder draußen bin. Wenn ich viele Dinge auf meinem Trainingsplan habe, kann das sehr lange dauern. Die größte Rolle spielen dabei der Speed und die Schnellkraft. Ich gehe dabei fast immer ins Laktat. Mir tut eigentlich immer fast alles weh. Ich kann manchmal nicht liegen oder sitzen, weil das Training so hart war.

Sie sind in Ostrava 51,68 Sekunden in der Halle gelaufen. Wie fühlt es sich an, wenn Sie immer schneller werden?

Corinna Schwab:

Die Zeiten werden besser, aber man muss den Weg weiter Schritt für Schritt verfolgen. Man kann nicht erwarten, dass man in der nächsten Woche eine Sekunde schneller läuft. Jede Zehntelsekunde, jede Hundertstelsekunde muss man sich hart erarbeiten. Aber jetzt bin ich auf einmal vorne dabei und kann einem Rennen meinen Stempel aufdrücken. Das ist ein cooles Gefühl.

Die 400 Meter sind die längste Sprintstrecke in der Leichtathletik. Spielt Taktik über diese Distanz eine Rolle?

Corinna Schwab:

Ich gebe in jedem Rennen sofort Vollgas. Ich bin ein absoluter Wettkampftyp. Aber ich muss weiter Erfahrungen sammeln, das habe ich beim Hallenrennen in Karlsruhe gemerkt. Da habe ich ein paar taktische Fehler gemacht, dann wird es in der Halle schwierig. Aber ich bin jung und hole mir diese Erfahrung von Rennen zu Rennen. Ich bin ein Sprintertyp. Deswegen gilt bei mir ansonsten die Devise "Feuer frei".

Bei den Frauen sind die 50 Sekunden eine Art Schallmauer über die 400 Meter. Können Sie diese Marke knacken?

Corinna Schwab:

Das ist schwer zu sagen. Unter 50 Sekunden zu laufen, das ist natürlich eine Hausnummer. Das ist noch einmal eine andere Welt, wo sich die absoluten Topathletinnen bewegen. Aber man sieht immer wieder, dass es möglich ist und es europäische Athletinnen schaffen können. Man muss herausfinden, wie es geht. Da sind wir auf dem besten Weg.

Dieses Jahr finden in München die European Championships statt. Haben Sie eine Medaillenchance über 400 Meter?

Corinna Schwab:

Dieser Wettkampf ist etwas Besonderes. Ich war 2018 in Berlin dabei. Das war ein tolles Erlebnis, als Jugendliche dabei zu sein. Jetzt kann ich ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Ich freue mich auf die Spiele im Olympiapark. So eine Heim-EM hat viel Feuer und viele Emotionen drin. Eine Medaille zu holen, dieses Ziel ist ambitioniert. Aber ich werde mir keine Grenzen setzen.

Wie kommen Sie als Leichtathletin finanziell um die Runden?

Corinna Schwab:

Man verdient als Leichtathletin kein großes Geld. Ich muss mir alles hart erarbeiten. Es ist nicht so, dass man entspannt zu Hause sitzt und das ganze Geld aufs Konto fließt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass ich bereits jetzt für mein Leben nach dem Sport vorsorge und Wirtschaftswissenschaft studiere. Aber ich habe tolle private Sponsoren, die wirklich Gold wert sind. Und jetzt habe ich auch einen coolen Ausrüster bekommen.

Sind Sie wie viele andere Sportler bei Social Media aktiv?

Corinna Schwab:

In unserer Gesellschaft kommt man ohne Social Media nicht mehr aus. Aber ich bin nicht der Typ dafür, dass ich mein komplettes Leben bei Social Media preisgeben möchte. Es macht schon Spaß, aber ich setze mich deswegen nicht unter Druck. Ich will mir auch nichts aufzwingen lassen und keine Postings absetzen, die ich nicht möchte. Ich denke, nur wenn man sich wohl fühlt, rennt man auch schnell. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Quelle: Sports Illustrated

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024