| Interview der Woche

Johanna Göring: „Wollte den Wettkampf gegen mich selbst gewinnen“

Für eine der stärksten Leistungen bei der Jugend-Hallen-DM im Sindelfinger Glaspalast hat am Sonntag Johanna Göring gesorgt. Die 16-jährige Hochspringerin vom SV Salamander Kornwestheim überquerte als erste deutsche Jugendliche seit 13 Jahren 1,90 Meter und führt damit auch die Weltjahresbestenliste der U18 an. leichtathletik.de hat nach dem Wettkampf mit Johanna Göring und ihrer Trainerin Jennifer Hartmann, Nachwuchs-Landestrainerin Sprung in Baden-Württemberg, darüber gesprochen, was Johanna sich von Marie-Laurence Jungfleisch und Imke Onnen abschauen kann und wie sie den Leistungssport in ihre Schullaufbahn integriert.
Svenja Sapper

Johanna Göring, herzlichen Glückwunsch zum Titel und der neuen Hallenbestleistung!

Johanna Göring:

Vielen Dank!

Gemeldet mit 1,87 Metern, warst du natürlich die haushohe Favoritin. Wie bist du mit dieser Rolle umgegangen?

Johanna Göring:

Ich bin an diesen Wettkampf herangegangen wie an jeden anderen auch: Ich wollte einfach Spaß haben, einen Wettkampf gegen mich selbst bestreiten und schauen, was geht. Mein Ziel war auch, mich zu verbessern. Die 1,90 Meter waren im Wettkampf zuvor ja schon knapp. Deshalb war ich sehr froh, dass die Latte bei dieser Höhe liegengeblieben ist!

Du startest für den SV Salamander Kornwestheim – nicht weit entfernt von Sindelfingen. Hat dir das den Wettkampf heute erleichtert?

Johanna Göring:

Ja, schon. Ich fand es schön, dass ich die Halle kannte. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben und ich habe mich gleich wohler gefühlt. Ich habe in letzter Zeit erst gelernt, dass mit Applaus zu springen etwas ganz Tolles ist. Früher hatte ich ein bisschen Angst vor Unterstützung, vor dem Klatschen. Aber jetzt gefällt es mir immer besser. Natürlich ist es schade, dass heute kein Publikum dabei sein konnte, aber in erster Linie war ich froh, dass die Meisterschaften stattfinden konnten. Und beim nächsten Mal dann wieder mit Publikum, bestimmt!

Wie haben sich die Sprünge für dich angefühlt?

Johanna Göring:

Jeder ein bisschen anders, weil ich es technisch noch nicht so gut schaffe, alles gleichmäßig zu springen. Aber das Fliegen war super schön! Vor allem, weil die Matte so tief ist – da fliegt man länger.

Du sagtest gerade, du siehst bei deiner Technik noch Reserven …

Johanna Göring:

Oh ja, sehr viele Reserven ...

... was sind denn deine Stärken und Schwächen?

Johanna Göring:

Eine große Stärke ist meine Mentalität. Ich freue mich immer zu springen, und diese Einstellung gibt mir das Adrenalin, das ich brauche. Technisch: mein Schwungbein. Dass es so schnell „kommt“, ist auch eine Stärke. Ich glaube, meine Schwäche ist wirklich, dass alle Sprünge sehr unterschiedlich sind. Gerade die letzten drei Schritte in der Kurve sind nicht so aktiv. Daran muss ich auf jeden Fall noch arbeiten.

Tauschst du dich mit den anderen Hochspringerinnen im Wettkampf auch aus oder konzentrierst du dich vor allem auf deine eigenen Sprünge?

Johanna Göring:

Ich bin immer sehr fokussiert und versuche, alles um mich herum auszublenden und in erster Linie im Wettkampf gegen mich selbst zu bestehen. Das hilft mir am besten. Nach dem Wettkampf bleibt aber auf jeden Fall Zeit, sich mit den anderen zu unterhalten.

Du bist immer noch erst 16 Jahre alt und schon mittendrin in der deutschen Spitze. Wie ist es für dich, wie erst vor ein paar Tagen in Weinheim im direkten Duell gegen Athletinnen wie Imke Onnen oder Marie-Laurence Jungfleisch anzutreten?

Johanna Göring:

In erster Linie: schön! Es ist eine große Ehre für mich, überhaupt mit ihnen mitspringen zu dürfen. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich in einem hochkarätigen Feld mitmischen kann. Wenn man mit so klasse Springerinnen zusammen springen darf, kann man sich auch ein bisschen von ihnen mitziehen lassen, und das finde ich sehr cool.

Hast du Vorbilder unter den Hochspringerinnen?

Johanna Göring:

Ich habe kein direktes Vorbild, aber ich schaue mir von vielen Springerinnen etwas ab. Jeder hat seine eigenen Qualitäten und ich schaue ein bisschen, wer was gut kann, und versuche, manches nachzumachen.

Was zum Beispiel?

Johanna Göring:

Vor allem von Marie [Jungfleisch] kann ich vieles lernen. Ich finde, sie macht wahnsinnig gute Lattenüberquerungen. Imke Onnen hat einen richtig schönen Anlauf. Ich versuche, von jeder etwas zu lernen und auch mental etwas mitzunehmen.

Du bist noch Schülerin. Wie verbindest du deine Leistungssport-Karriere mit der Schule?

Johanna Göring:

Es ist schon öfter mal stressig. Aber ich sehe den Sport als Freizeitbeschäftigung an. Ins Training gehen zu können ist so schön, dass es sich für mich wie Freizeit anfühlt. Die Schule ist dann meine Arbeit: eben das, was sein muss (lacht). Und das, was mir Spaß macht, ist der Sport! Meine Schule, das St. Agnes-Gymnasium in Stuttgart, kommt mir auch total entgegen. Für Wettkämpfe und Lehrgänge werde ich immer freigestellt. Das ist total hilfreich und dafür bin ich sehr dankbar. Meine Lehrer wissen auch alle Bescheid und unterstützen mich und freuen sich mit mir mit, wenn ich bei Meisterschaften mitmachen und Erfolge feiern kann.

Wie sieht jetzt der Aufbau in Richtung Freiluftsaison aus?

Johanna Göring:

Das muss ich meine Trainerin fragen …

… Frau Hartmann?

Jennifer Hartmann:

Nach dieser sehr erfolgreichen Hallensaison hat sich Johanna erst einmal eine kurze Pause mit zwei lockeren Trainingswochen verdient. Der Aufbau für die Freiluftsaison besteht dann primär aus hartem Training mit Fokus auf die von Johanna genannten Verbesserungspunkte. Um Ostern werden wir noch eine Woche mit der Trainingsgruppe an den Gardasee ins Trainingslager fahren, um uns dort bei etwas wärmeren Bedingungen und vor allem auch mit und im Team vorzubereiten.

Wann stehen die ersten Freiluft-Wettkämpfe auf dem Plan?

Jennifer Hartmann:

Ich denke, dass wir Mitte Mai mit Wettkämpfen einsteigen werden. Abzuwarten bleibt jedoch der genaue Fahrplan, da durch die Pandemie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle Meetings konkret feststehen. Gut vorbereiten und freuen werden wir uns aber natürlich unter anderem auf die U18-Gala in Walldorf und die Deutschen Jugendmeisterschaften der U18 in Ulm. Auf jeden Fall wird der Fokus auf der technischen Weiterentwicklung liegen, und daneben auf der U18-EM.

Die findet vom 4. bis 7. Juli in Jerusalem statt. Johanna, hast du dir dafür schon Ziele gesetzt? Im vergangenen Jahr durftest du bei der U20-EM bereits internationale Erfahrungen sammeln …

Johanna Göring: Die Erfahrung, eine internationale Meisterschaft gemacht zu haben, ist für mich sehr hilfreich. Vor allem, wenn es darum geht, die Aufregung vor einem Wettkampf in den Griff zu bekommen. Für die U18-EM in diesem Jahr habe ich mir aber noch nichts vorgenommen. Erst einmal die Qualifikation schaffen und teilnehmen, lautet die Devise.  

Im Video:

Johanna Göring mit 1,90 Metern die Überfliegerin

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