| Interview der Woche

Karl Junghannß: „Wenn alles gut läuft, kann es richtig weit nach vorne gehen“

Erstmals seit 1999 konnten die deutschen Geher am Wochenende mit Bronze wieder eine Medaille bei Team-Weltmeisterschaften bejubeln. Das stärkste DLV-Resultat fuhr dabei der Thüringer Karl Junghannß ein, der 2:37:52 Stunden ging und damit bewies, dass er in der Weltspitze angekommen ist. Im Interview der Woche haben wir mit dem 25-Jährigen über das Rennen im Oman, die Jahreshöhepunkte sowie seine langfristigen Ziele gesprochen.
Nicolas Walter

Karl Junghannß, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem sechsten Platz bei der Team-WM und der Bronzemedaille in der Mannschaftswertung?

Karl Junghannß:

Mit der Bronzemedaille bin ich sehr, sehr zufrieden. Mit dem Team war es vorab unser großes Ziel eine Medaille zu holen, da wir wussten, dass wir zusammen eine starke Leistung erbringen können. Das es dann geklappt hat, ist natürlich umso schöner. Mit dem sechsten Platz bin ich auch zufrieden. Allerdings hätte ich hintenraus ohne die technischen Fehler weiter vorne landen können, weil ich schon noch einiges an Kraft hatte. Ich glaube sogar, dass es noch zu Platz drei hätte reichen können. Aber mit den zwei roten Karten war es mir zu riskant, das Tempo nochmal zu forcieren und damit die Disqualifikation zu riskieren. Letztlich ist es irgendwo auch Nebensache, ob es der dritte oder der sechste Platz ist. Bei mir lief es die letzten Jahre nicht immer ganz rund, deswegen war es mir vor allem wichtig, ein gutes Ergebnis stehen zu haben. Und das ist der sechste Platz auf jeden Fall.

Es war Ihre Premiere für Sie auf der 35-Kilometer-Distanz. Die Zeit von 2:37:52 Stunden ist aufgrund der anspruchsvollen, steigungsreichen Strecke und den klimatischen Bedingungen schwer einzuschätzen. Was ist die Zeit auf diesem Kurs für Sie persönlich wert?

Karl Junghannß:

Ich würde sagen, für die Strecke war es eine sehr gute Zeit. Auch der Sieger Perseus Karlström blieb über der EM- und WM-Norm und ich kam nur knapp anderthalb Minuten hinter ihm ins Ziel. Natürlich kann man das nicht mit einem Rennen unter optimalen Bedingungen vergleichen. Wir mussten 400 Höhenmeter oder sogar noch etwas mehr bewältigen und am Ende hatten wir Temperaturen um die 30 Grad, dazu eine recht hohe Luftfeuchtigkeit. Tatsächlich fällt es dadurch schwer einzuschätzen, was die Zeit bei guten Bedingungen wert ist. Aber ich denke, die Platzierung spricht für sich.

Wurde nach dem Rennen am Samstag noch mit dem Team gefeiert? Immerhin war es die erste deutsche Mannschafts-Medaille bei der Team-WM seit 23 Jahren.

Karl Junghannß:

Wir hatten ehrlich gesagt nicht mehr viel Kraft dafür. Wir mussten am Samstag für unser Rennen sehr früh aufstehen und haben nach unserem Lauf auch erstmal noch die 20-Kilometer-Geher angefeuert, mit der Siegerehrung hat sich das alles noch eine Weile gezogen. Der Rückflug am Sonntag nach Deutschland ging dann auch sehr früh, sodass wir schon nachts um zwei Uhr am Flughafen sein mussten. Deshalb waren wir alle sehr müde.

Erstmals wurde die Team-WM im Oman ausgetragen. Zuschauer waren allerdings kaum vor Ort. Hat Sie das gestört?

Karl Junghannß:

Mir macht das an sich nicht so viel aus, wenn keine Zuschauer da sind. Ich konzentriere mich meist auf mich selbst und nehme das gar nicht so wahr. Immerhin gab es vereinzelt ein paar Menschen, die uns angefeuert haben. Unter anderem waren die Eltern von Jonathan Hilbert mit dabei. Die Strecke war aber auch relativ weit außerhalb gelegen. Dadurch gab es leider keinen Fußgängerverkehr, wodurch der ein oder andere angehalten hätte – so wie das bei der EM 2018 in Berlin war oder vermutlich im Sommer in München der Fall sein wird.

Neben der EM in München findet in diesem Jahr auch die WM in Eugene statt. Die Normen für die beiden Jahreshöhepunkte* haben Sie noch nicht erreicht, auch weil Sie im vergangenen Jahr mit Verletzungssorgen zu kämpfen hatten. Wie sehen die kommenden Monate für Sie aus? Ist alles auf die Normerfüllung ausgerichtet?

Karl Junghannß:

Ja, es ist etwas schade, dass die Platzierung aus dem Oman – obwohl es der zweitwichtigste Wettkampf nach der WM ist – für die Nominierung leider gar nichts bringt. Deswegen ist die Norm das oberste Ziel. Ich werde in vier Wochen in Podebrady über 20 Kilometer starten und dann werde ich danach ein zweites Mal die 35 Kilometer gehen. Wo genau müssen wir uns noch überlegen, aber entweder bei den Deutschen Meisterschaften Ende April in Frankfurt oder eine Woche vorher in der Slowakei. Je nachdem, was günstiger für mich ist, um die Norm zu erreichen. Grundsätzlich möchte ich mich aber nicht auf eine bestimmte Distanz festlegen.

Spätestens mit dem sechsten Platz bei der Team-WM sind Sie nun in die Weltspitze vorgestoßen. Was trauen Sie sich in Zukunft noch zu?

Karl Junghannß:

Natürlich ist es mein Ziel, nicht nur in diesem Jahr, sondern auch langfristig zu zeigen, dass ich in der Weltspitze mitgehen kann. Wenn man das über längere Zeit zeigen kann, wird man sicherlich irgendwann auch mit einer Medaille belohnt. Das ist vermutlich von jedem Sportler das langfristige Ziel. Wenn alles gut läuft, dann kann es richtig weit nach vorne gehen. Aber für mich steht jetzt erstmal die Qualifikation für die Jahreshöhepunkte im Fokus und dann sehen wir weiter.

*Die Norm für die WM in Eugene (USA) beträgt bei den Männern im 20 Kilometer Gehen 1:21:00 Stunden, über 35 Kilometer 2:33:00 Stunden. Für die EM in München liegen die Normen bei 1:22:10 Stunden und 2:35:30 Stunden.

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