| Belgrad 2022

Hallen-WM Tag 2 | Yaroslava Mahuchikh gewinnt emotionales Gold, Marcell Jacobs auf dem Sprint-Thron

Hochspringerin Yaroslava Mahuchikh hat mit ihrem emotionalen Sieg für die Ukraine für einen Höhepunkt des zweiten Hallen-WM-Tags gesorgt. Über 60 Meter entschieden drei Tausendstel über Gold und Silber, während im 1.500-Meter-Rennen gleich drei Äthiopierinnen vorn lagen.
Martin Neumann

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

Gleich die erste Entscheidung am Samstag bei der Hallen-WM in Belgrad (Serbien) sorgte für Gänsehaut. Denn den Hochsprung entschied am Vormittag Yaroslava Mahuchikh mit 2,02 Metern für sich. Die Ukrainerin musste aus dem vom Krieg schwer getroffenen Land eine 60-stündige Anreise im Auto aus ihrer Heimatstadt Dnipropetrowsk über Moldau und Rumänien nach Belgrad auf sich nehmen. Im Finale nutzte sie bei 2,00 Metern ihre dritte und letzte Chance. Als sie danach sogar noch 2,02 Meter schaffte, war ihr der Sieg vor Eleanor Patterson (Australien; 2,00 m) und Nadezhda Dubovitskaya (Kasachstan; 1,98 m) nicht mehr zu nehmen.

Mit ihrer ersten Goldmedaille bei einer globalen Meisterschaft feierte Yaroslava Mahuchikh, die mit in den ukrainischen Landesfarben Gelb und Blau lackierten Fingernägeln antrat, den wohl emotionalsten Sieg der Hallen-WM. Im Vorfeld hatte die U20-Weltrekordlerin den Wettkampf als ihre „persönliche Frontlinie“ bezeichnet.

Yaroslava Mahuchikh: Von Belgrad nach Herzogenaurach

Kurz vor der Hallen-WM hatte die 20-Jährige die aktuelle Situation in ihrer Heimat auf Instagram wie folgt beschrieben: „Seit einigen Tagen erwacht fast die gesamte Ukraine von Explosionen und Schüssen. Russland hat die Ukraine angegriffen! Sie bombardieren Städte, schießen auf Zivilisten und das ist unsere Realität! Wir wollen keinen Krieg, aber wir werden unsere Heimat verteidigen.“ Nach der Hallen-WM wird die Hochspringerin nicht in die Ukraine zurückkehren, sondern sich bei ihrem Sponsor in Herzogenaurach aufhalten.

Einen „Clash-Royal“ lieferten sich die Könige der Athleten an den beiden Siebenkampftagen. Mit einem Vorsprung von 23 Punkten (oder etwa drei Sekunden) auf Olympiasieger Damian Warner ging der Schweizer Simon Ehammer auf die finalen 1.000 Meter. Schnell war auf den fünf Hallenrunden aber klar, dass der Kanadier diesen Rückstand aufholen würde.

Nur Ashton Eaton besser als Damian Warner

Mit einem starken Auftritt und Rang drei über 1.000 Meter in 2:39,56 Minuten sammelte Damian Warner 6.489 Punkte. Nur Weltrekordler Ashton Eaton war jemals besser. Als Zweiter steigerte Simon Ehammer den Schweizer Landesrekord auf 6.363 Punkte. Es war die zweitbeste Leistung eines Zweitplatzierten in der Geschichte des Siebenkampfs. Bronze ging mit Kontinentalrekord von 6.344 Punkten an den Australier Ashley Moloney bei seinem ersten Hallen-Wettkampf.

Das Top-Trio sorgte speziell in den Sprint-Disziplinen und im Weitsprung für herausragende Ergebnisse. So lief Damian Warner die 60 Meter in 6,68 Sekunden, die 60 Meter Hürden in 7,61 Sekunden und sprang 8,05 Meter weit. Nur auf einen Zentimeter weniger kam Simon Ehammer, der über 60 Meter mit 6,72 Sekunden zwei Hundertstel hinter Ashley Moloney lag.

Drei Tausendstel entscheiden für Marcell Jacobs

Zur Tausendstel-Entscheidung wurde das Sprint-Highlight der Hallen-WM. Im 60-Meter-Finale sah Titelverteidiger Christian Coleman (USA) schon wie der Sieger aus. Doch Schritt um Schritt schob sich Marcell Jacobs (Italien) an ihn heran und fing den Weltrekordler auf dem Zielstrich ab. Für beide wurden 6,41 Sekunden gestoppt. Doch der 100-Meter-Olympiasieger war drei Tausendstel schneller als der US-Sprinter.
Damit steigerte der Italiener den 13 Jahre alten Europarekord von Dwain Chambers (Großbritannien) um eine Hundertstelsekunde. Gleichzeitig ist der Olympiasieger der erste Italiener, der bei einer Hallen-WM die prestigeträchtigen 60 Meter gewinnen konnte. Bronze sicherte sich mit Bestzeit Marvin Bracy (USA; 6,44 sec). Als Zehnter der Halbfinals hatte Aleksandar Askovic (LG Stadtwerke München; 6,62 sec) das Finale nur knapp verpasst.

Nach dem Finale über 60 Meter Hürden ließ Cyréna Samba-Mayela ihren Freudentränen freien Lauf. Die Französin lief sensationell in 7,78 Sekunden mit französischem Rekord zum Titel und feierte ihren Triumph mit emotionalen Jubelgesten auf der Ehrenrunde. Die Athletin von Teddy Tamgho steigerte ihre Bestzeit um sechs Hundertstel und spielte auf der zweiten Streckenhälfte ihre technischen Stärken aus und zog so an den Konkurrentinnen vorbei. Devynne Charlton (Bahamas; 7,81 sec) sicherte sich mit Landesrekord Silber, Gabriele Cunningham (Polen; 7,87 sec) Bronze. Für Frankreich war es die erste Goldmedaille in dieser Disziplin.

Shaunae Miller-Uibo hält Femke Bol auf Distanz

Das 400-Meter-Finale wurde zum Gipfeltreffen von Olympiasiegerin Shaunae Miller-Uibo (Bahamas) und dem niederländischen Sprint-Star Femke Bol. Shaunae Miller-Uibo bog nach schnellem Beginn als Erste auf die zweite Runde ein mit Femke Bol auf ihren Fersen. Mit ihrem langen, eleganten Schritt konnte die Olympiasiegerin das Tempo hochhalten und lief in 50,31 Sekunden zum Hallen-WM-Titel. Dahinter folgten Femke Bol (50,57 sec) und Stephenie Ann McPherson, die den Landesrekord von Jamaika auf 50,79 Sekunden verbesserte.

Bei den Männern wählte Jereem Richards auf den 400 Metern dieselbe Taktik. Der Sprinter aus Trinidad und Tobago lief die erste Runde in 20,89 Sekunden. Zwar kam auf der zweiten Runde Trevor Bassitt (USA) immer dichter heran, doch überholen konnte er Jereem Richards nicht. Mit exakt 45,00 Sekunden steigerte der WM-Dritte über 200 Meter von 2017 den Meisterschaftsrekord um elf Hundertstel. Auch Trevor Bassitt blieb mit 45,05 Sekunden unter der alten Bestmarke. Über Bronze mit schwedischem Rekord jubelte Carl Bengström (45,33 sec). Als Vierter folgte Benjamin Vedel mit dänischem Rekord (45,67 sec).

Sweep für Äthiopien

Zu einer Lauf-Demonstration Äthiopiens wurde das 1.500-Meter-Finale. Weltrekordlerin Gudaf Tsegay setzte sich vom ersten Meter an die Spitze und baute ihren Vorsprung Runde um Runde auf bis zu 30 Meter aus. In 3:57,19 Minuten steigerte die neue Hallenweltmeisterin den Meisterschaftsrekord deutlich. Dahinter machten Axumawit Embaye (4:02,29 min) und Hirut Meshesha (4:03,39 min) den Sweep für Äthiopien perfekt.

Im 800-Meter-Finale schlug Marco Arop mit 50,50 Sekunden für die erste Hälfte ein schnelles Tempo an. Doch auch der letzten Runde musste der lange Kanadier der schnellen Pace Tribut zollen. Alle anderen Finalisten zogen auf den letzten 100 Metern an ihm vorbei. Auf den stärksten Endspurt konnte sich Mariano Garcia verlassen. Er lief in 1:46,20 Minuten zum ersten Hallen-WM-Gold über diese Distanz für Spanien. Dahinter sicherten sich Noah Kibet (Kenia; 1:46,35 min) und Bryce Hoppel (USA; 1:46,51 min) die weiteren Medaillen.

Darlan Romani dreht zu Gold

Zwei Kugelstoßer schockten in einem langen Finale mit 18 Startern schon im ersten Versuch die Konkurrenz. Titelverteidiger Tom Walsh (Neuseeland) legte 22,29 Meter vor, Olympiasieger Ryan Crouser (USA) konterte mit dem Meisterschaftsrekord von 22,44 Metern, 13 Zentimeter mehr als Tom Walsh 2018. Doch zum Sieg sollten diese beiden Top-Weiten nicht reichen. Im dritten Versuch wuchtete Darlan Romani die 7,26-Kilo-Kugel auf 22,53 Meter.

Eine Steigerung seines brasilianischen Rekords um 83 Zentimeter und ein Schock für Olympiasieger Crouser und Titelverteidiger Tom Walsh (mit 22,31 m im sechsten Versuch), die sich mit Silber und Bronze begnügen mussten. Darlan Romani ist damit der vierte Hallenweltmeister Brasiliens. Gleichzeitig war es für den 30-Jährigen die erste Medaille bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen – und dann erstrahlte diese gleich golden.

Der Stabhochsprung wurde bei 4,80 Metern zwischen drei Athletinnen entschieden. Nach jeweils zwei Fehlversuchen nutze Sandi Morris (USA) ihre letzte Chance und meisterte die Höhe. Damit war ihr die erfolgreiche Titelverteidigung nicht mehr zu nehmen. Bronze ging an Katie Nageotte (USA), die im dritten Versuch 4,80 Meter nur knapp riss. Über Bronze jubelte die Slowenin Tina Sutej (4,75 m).

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024