| Jerusalem 2022

U18-EM | Silbersträhne mit goldenen Highlights und wertvollen Lektionen

Die U18-Europameisterschaften 2022 sind Geschichte. Das deutsche Team reist mit vier Gold-, sieben Silber- und drei Bronzemedaillen im Gepäck zurück nach Hause. Damit belegt die Mannschaft Platz zwei im Medaillenspiegel hinter Großbritannien. Im Nationenranking nimmt das DLV-Team gar den ersten Platz ein. Der Großteil der Nachwuchstalente konnte die Strapazen der äußerst schwierigen Anreise mit einem kurzfristig gestrichenen Flug gut verkraften und die vorab gemeldeten Leistungen bestätigen oder nochmals übertreffen.
Svenja Sapper

U18-EM 2022 Jerusalem

Es war eine Reise ins Ungewisse, die 50 Leichtathletik-Talente am vergangenen Wochenende antraten. Denn statt bereits am Freitag zu den U18-Europameisterschaften nach Israel zu fliegen, brachen die Athletinnen und Athleten in Gruppen am Samstag oder Sonntag auf. Aufgrund eines kurzfristig gestrichenen Fluges hatten sie die Zeit ab Freitag in der Sportschule Frankfurt verbringen müssen (wir berichteten).

Doch diese Probleme konnten die Nachwuchskräfte, von denen die meisten 16 oder 17 und einige noch 15 Jahre alt sind, gut wegstecken. Nach vier vollgepackten Wettkampftagen in Jerusalem stand am Ende Platz zwei im Medaillenspiegel mit 14-mal Edelmetall. Einzig Großbritannien konnte die deutsche Mannschaft mit 16 Medaillen, davon acht in Gold, übertrumpfen. Bei den ersten beiden Ausgaben der U18-EM 2016 in Tiflis (Georgien) und 2018 in Györ (Ungarn) gab es zehn beziehungsweise sieben Medaillen.

"Wir blicken auf eine sehr erfolgreiche U18-EM zurück", resümiert die Chef-Bundestrainerin Nachwuchs Elke Bartschat, die in Jerusalem die Mannschaftsleitung innehatte. "Sie war sportlich sehr erfolgreich: 14 Medaillen, elf persönliche Bestleistungen, drei davon gleichzeitig Meisterschaftsrekorde, viele Finalteilnahmen. Sie war erfolgreich, weil sie gezeigt hat, dass man gemeinsam im Team schwierige Situationen meistern und Erfolge feiern kann. Sie war erfolgreich, weil wir hier in einem sehr schönen Stadion eine sehr gut organisierte EM erleben durften."

Silberglanz

Sieben deutsche Medaillen glänzten in Silber, das beispielsweise die Sprinterinnen Chelsea Kadiri (SC Magdeburg) über 100 Meter und Holly Okuku (GSV Eintracht Baunatal) über 200 Meter einheimsten. Ebenfalls Rang zwei belegten im Kugelstoßen Chantal Rimke (LC Jena) und Georg Harpf (LG Stadtwerke München), die sich jeweils nur einem überlegenen Konkurrenten beziehungsweise einer Konkurrentin geschlagen geben mussten.

Ebenso verhielt es sich bei Hochspringerin Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim), die Top-Favoritin Angelina Topic lange die Stirn bieten konnte und die Serbin dazu zwang, dass sie sich erst bei einer Höhe von 1,94 Metern (an der beide scheiterten) ihrer Sache sicher sein konnte.

Die erst 16 Jahre alte Jana Marie Becker (LG Wettenberg) rannte über 800 Meter trotz Rempeleien und Rangeleien mit einer famosen Schlussrunde ebenfalls auf den Silberrang. Adia Budde (TV Altenholz) unterlag im Hindernisrennen nur ihrer alle Kontrahentinnen überragenden Teamkameradin Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg).

Goldjubel

Dazu kamen vier Goldmedaillengewinnerinnen und -gewinner, die alle ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen hatten. Den Anfang machte Jolanda Kallabis, die über 2.000 Meter Hindernis die Konkurrenz auf den letzten anderthalb Runden fast nach Belieben dominierte und gar an der europäischen U18-Bestleistung kratzte. Am Donnerstagmorgen folgte Geher Frederick Weigel (SC Potsdam), der in seinem ersten Bahn-Wettkampf über 10.000 Meter mutig von vorne loslegte und am Ende einen souveränen Start-Ziel-Sieg feiern durfte.

Curly Brown (Eintracht Frankfurt), die bereits nach der Diskuswurf-Qualifikation sicher war, im Finale die 50-Meter-Marke zu übertreffen, diese Ankündigung prompt in die Tat umsetzte und damit auch noch Gold gewann. Und dann war da noch Zehnkämpfer Amadeus Gräber (SV Leonardo-da-Vinci Nauen), der nach einem herausragenden ersten Tag in den letzten Disziplinen mehrere Rückschläge hinnehmen musste, sich im Speerwurf am Fuß verletzte und trotzdem nach dem 1.500-Meter-Rennen zum einzigen Mal überhaupt während der beiden Zehnkampftage auf Position eins rangierte.

Bronze ergatterten Hürdensprinter Nils Leifert (LAC Quelle Fürth), der sich von Runde zu Runde beharrlich steigerte, 100-Meter-Sprinter Benedikt Thomas Wallstein (Gothaer Leichtathletik Centrum) in einer Tausendstel-Entscheidung und Siebenkämpferin Pia Meßing (TV Gladbeck), alle mit neuen persönlichen Bestleistungen.

Auch ohne Medaille Gewinner

Doch auch die weiteren Finalplatzierungen sollen nicht unerwähnt bleiben. Da war etwa Luban Haque (ART Düsseldorf), der sich nach zwischenzeitlich zwei Disqualifikationen schon als Bronzemedaillengewinner über 200 Meter wähnte und schließlich als Vierter geführt wurde. Junge Läuferinnen wie Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg) und Emie Lotta Berger (mettmann-sport), im vergangenen Jahr noch in der U16 am Start und mittlerweile U18-EM-Vierte und -Fünfte über 3.000 beziehungsweise 1.500 Meter.

Siebenkampf-Küken Anna Hinkelmann (SV Halle), noch 15 Jahre alt, mischte als Fünfte bei den erfahreneren Mehrkämpferinnen ganz vorne mit. Timon Dethloff (Cologne Athletics) sprintete im 110-Meter-Hürden-Halbfinale die schnellste unter regulären Bedingungen erzielte Zeit der U18-EM und hat sein Potenzial, auch wenn er es im Finale nicht mehr ganz abrufen konnte, eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Zerplatzte Träume als wertvolle Lektionen

Nicht alle Träume erfüllten sich in Jerusalem. Stabhochspringerin Lilly Samanski (TSV Gräfelfing) etwa, als Beste der Meldeliste angereist, blieb am Ende Rang fünf. Die gleiche Platzierung nahm ihr Disziplinkollege Hendrik Müller (TSV Bayer 04 Leverkusen) ein, der damit ebenfalls nicht ganz zufrieden war. Diskuswerferin Milina Wepiwé (TSG Wehrheim) und Speerwerferin Lorena Frühn (LG Offenburg), als Nummer eins und zwei Europas angereist, verabschiedeten sich bereits in der Qualifikation.

Doch auch für sie hat sich die Reise nach Jerusalem zweifellos gelohnt. "Für die meisten Athletinnen und Athleten waren es die ersten internationalen Meisterschaften. Sie haben viel gelernt und können viele neue Erfahrungen mitnehmen", erklärt Elke Bartschat. Die Nachwuchstalente konnten die Abläufe bei einer EM kennenlernen und sich mit internationaler Konkurrenz messen.

In 29 Disziplinen hatte Team Deutschland Athletinnen und Athleten nach Israel entsendet, und in 27 davon waren Deutsche in den Finals vertreten. Einzig im Diskuswurf und über 2.000 Meter Hindernis der Jungs schieden sämtliche DLV-Talente in den Vorrunden aus. In den meisten Disziplinen konnten die Talente sogar zu zweit in die Endrunden einziehen, wo sie sich gegenseitig unterstützten und gemeinsam unvergessliche Momente erleben durften.

U18-EM 2022 Jerusalem

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