| Oregon 2022

WM Tag 3 und 4 | Der Siebenkampf 2022 von Disziplin zu Disziplin

In einem kleinen, aber feinen Siebenkampf-Feld der Weltmeisterschaften von Eugene, Oregon, vertritt Ratingen-Siegerin Sophie Weißenberg die deutschen Farben. Wie sie ihren Wettbewerb von Disziplin zu Disziplin bestreitet, lesen Sie hier!
Silke Bernhart

WM 2022 Eugene     Mehrkampf-Rechner

TAG 2


Weitsprung


Der Start in den zweiten Tag ihres ersten WM-Siebenkampfs war für Sophie Weißenberg ein ganz bitterer: Dreimal nahm sie im Weitsprung Anlauf. Dreimal übertrat sie das Brett – in Runde zwei haarscharf. Damit ging für die Leverkusenerin, die nach Tag eins auf Platz neun übernachtet, kein Punkt in die Gesamtwertung ein und der Traum von den Top Acht war ausgeträumt. Nach Rücksprache mit dem Trainer- und medizinischen Team fiel die Entscheidung, den Siebenkampf hier abzubrechen, um direkt die Regeneration einzuleiten und den Blick nach vorne auf die EM in München zu richten.

Die besten Siebenkämpferinnen flogen in Richtung 6,50 Meter-Marke und damit in Regionen, in die eigentlich auch schon Sophie Weißenberg vorgestoßen ist. Mit dem weitesten Sprung auf 6,59 Meter wahrte Nafissatou Thiam (5.107 pt) ihre Führungsposition, doch Anouk Vetter (5.0244 pt) ließ sich mit 6,52 Metern nicht abschütteln. Im Speerwurf könnte nun das 60 Meter-Duell der beiden herausragenden Werferinnen folgen, die mit Kurs auf ein Resultat jenseits der 6.800 Punkte auf einem herausragenden Niveau unterwegs sind. Dahinter ist es noch eng zwischen Adrianna Sulek (6,43 m; 4.967 pt) und Anna Hall (6,39 m; 4.963 pt), mit den besseren Chancen auf Bronze für Anna Hall.

Stimme zum Wettbewerb:

Sophie Weißenberg:
Der erste Versuch war drüber, dann haben wir korrigiert, der zweite war wirklich knapp, das war auch ein bisschen Pech. Und im dritten haben wir gesagt – dadurch, dass mein erster Tag relativ durchwachsen war, im Hochsprung habe ich Punkte liegengelassen: halber Fuß zurück und Risiko drauf. Das hat leider nicht funktioniert. Aber es hätte genauso gut auch andersrum ausgehen können, nun ist die Situation so, wie man sie ist. Viele Athletinnen kamen im Restroom zu mir und haben mir gesagt: "Es tut mir total leid für dich." Natürlich, das merkt man, Katarina Johnson-Thompson war die Erste, die zu mir gekommen ist, das tut gut und tröstet ungemein, aber nichtsdestotrotz ist es natürlich nicht so cool. Ich glaube, heute wird es auf jeden Fall hart, wenn die anderen im Stadion die 800 Meter laufen. Aber mir bleibt nichts anderes übrig, als die Aufmerksamkeit nach vorne zu richten. Die WM war vom Level das größere Highlight, aber die Heim-EM in München ist das emotionale Highlight.


Speerwurf


Der erste 60 Meter-Wurf in einem WM-Siebenkampf blieb den wenigen Zuschauern im Hayward Field am Montagmittag zwar verwehrt. Dennoch gerieten sie gleich mehrmals ins Staunen, besonders bei den Würfen von Anouk Vetter: Die Olympia-Zweite von Tokio konnte mit 58,29 Metern – dem drittbesten Resultat ihrer Karriere– und 6.045 Punkten gar die Führung erobern. Nafissatou Thiam gelang ebenfalls ein gutes Resultat von 53,01 Metern, geht nun aber mit 6.026 Punkten in der ungewohnten Position der Jägerin in die abschließenden 800 Meter. Die sie im Normalfall ein wenig schneller absolvieren kann als Vetter. Es wird extrem spannend!

Die Bronzemedaille scheint dagegen vergeben: Anna Hall distanzierte mit einem Wurf auf 45,75 Minuten die Polin Adrianna Sulek (41,63 m) und macht sich auf dem dritten Rang mit 5.741 Punkten und schon deutlich Rückstand auf die Führenden auf die 800 Meter. Dort wird die 2:03-Minuten-Läufern die Lücke zur Spitze sicher verkleinern, von hinten braucht sie mit diesem Ass im Ärmel keine Konkurrentin fürchten.


800 Meter


Start: 03:55 Uhr

 

TAG 1


100 Meter Hürden


Perfekter Auftakt in den WM-Siebenkampf für Sophie Weißenberg! Die Athletin vom TSV Bayer 04 Leverkusen stürmte im ersten von zwei Läufen zu einer neuen Bestzeit von 13,51 Sekunden. Damit war sie 27 Hundertstel schneller als bei ihrem Ratingen-Sieg und fünf Hundertstel schneller als Ende Mai in Götzis. In der Zwischenwertung sortierte sie sich in einem kleinen Feld mit vielen Absagen und nur 15 Teilnehmerinnen – 24 waren laut Quote vorgesehen – auf Platz elf ein.

Die schnellste Zeit des Tages ging auf das Konto von US-Amerikanerin Michelle Atherley (13,12 sec), dahinter steigerte die Schweizerin Annik Kälin sich auf 13,17 Sekunden. Auch Olympiasiegerin Nafissatou Thiam (Belgien) gelang in 13,21 Sekunden eine neue Bestzeit. Die Nummer eins der Welt in diesem Jahr Anouk Vetter (Niederlande) war in 13,28 Sekunden exakt genauso schnell wie in Götzis.


Hochsprung


Über 1,77 Meter ist Sophie Weißenberg in Ratingen gesprungen, über 1,79 Meter in Götzis. In Eugene hätte es gerne noch ein wenig höher gehen dürfen, doch die Leverkusenerin hatte einige Probleme mit der Sprungrichtung gen Zuschauertribüne und vor allem dem Rückenwind sowie der abfallenden Bahn und konnte das zusätzliche Tempo nicht in Höhe münzen. So blieb es bei 1,74 Meter, was sie einige Punkte kostete.

Besser machte das Nafissatou Thiam. Die Olympiasiegerin mit einer Bestleistung von 2,02 Metern schwang sich in Eugene bei ihrem ersten Siebenkampf des Jahres über herausragende 1,95 Meter. Während die Weltmeisterin von Doha Katarina Johnson-Thompson (Großbritannien), ebenfalls eine 1,96 Meter-Springerin, mit 1,83 Metern an Boden verlor – sie ist nach vielen Verletzungen noch nicht wieder in der Form der Vorjahre – konnte die Hallen-Vize-Weltmeisterin im Fünfkampf Adrianna Sulek (Polen) über 1,89 Meter jubeln. Auch Anouk Vetter konnte mit 1,80 Meter, vier Zentimeter höher als in Götzis, zufrieden sein.


Kugelstoßen


Der Frust über das Hochsprung-Ergebnis war schnell abgeschüttelt: Gleich im ersten Versuch ließ Sophie Weißenberg ihre Vier-Kilo-Kugel bis auf 13,57 Meter fliegen und kam damit einen Meter weiter als in Götzis, wo sie mit Rückenbeschwerden in einigen Disziplinen doch deutliche Abstriche machen musste. Erst dreimal kam sie weiter, zuletzt in Ratingen zwei Zentimeter.

Im Kugelstoßen rückte die starke Werferin und Stoßerin Anouk Vetter weiter ins Rampenlicht und könnte durchaus Nafissatou Thiam herausfordern: Mit neuer Bestleistung von 16,25 Meter legte sie mehr als einen Meter zwischen sich und die Belgierin, die mit 15,03 Metern die zweitbeste Athletin im Feld war.

In eine lange Mittagspause verabschiedete sich die Olympiasiegerin dann aber aufgrund ihres Weltklasse-Hochsprungs mit 3.127 Punkten als Führende, vor Anouk Vetter (3.003 pt) und Adrianna Sulek (2.979 pt).  Sophie Weißenberg rangiert derzeit mit 2.717 Punkten auf Rang zwölf, einen Punkt hinter dem Zwischenresultat ihres Ratingen-Sieges, den sie mit 6.273 Punkten feiern konnte.


200 Meter


Es lief zuletzt so gut in den Sprintdisziplinen für Sophie Weißenberg. Leider setzte sich dieser Trend, mit neuer Bestzeit von 23,67 Sekunden in Götzis, beim WM-Siebenkampf nicht fort: In 24,06 Sekunden blieb sie etwas von ihren bisherigen Zeiten des Jahres entfernt, zählte aber dennoch zu den acht besten Sprinterinnen im Siebenkampf. Nach Tag eins hat Sophie Weißenberg nun 3.692 Punkte auf dem Konto und rangiert auf Platz neun.

Vorneweg stürmte US-Meisterin Anna Hall (23,08 sec) mit einer neuen Bestzeit, die sie in Richtung der Medaillenränge schielen lässt, zumal sie mit einer Bestzeit von 2:03,11 Minuten eine herausragende 800 Meter-Läuferin ist. Doch auch Anouk Vetter gab sich mit Saison-Bestleistung von 23,73 Sekunden keine Blöße und rückte deutlich näher an Nafissatou Thiam (24,39 sec) heran. Die Belgierin behauptete mit 4.071 Punkten ihre Führung vor Vetter (4.010 pt) und Hall (3.991 pt), die sich ganz knapp an Adrianna Sulek (3.982 pt) vorbeischieben konnte. Da ist im Kampf um Gold, Silber und Bronze noch alles offen.

Stimme zum ersten Tag:

Sophie Weißenberg:
Es war ein sehr durchwachsener Tag. Über die Hürde habe ich mich sehr gefreut, obwohl ich glaube, dass auch da ein bisschen mehr drin ist, ich habe den Start ein bisschen verpennt. Beim Hochsprung weiß ich immer noch nicht, was da passiert ist, die Anlage ging ja so ein bisschen runter, damit bin ich nicht klargenommen. Das fiel mir superschwer. Daher bin ich relativ happy, dass ich noch eine 74 geschafft habe. Beim Einspringen habe ich keine 70 geschafft. Im Kugelstoßen habe ich mich noch mal gut gefangen, mit den 13,5 bin ich ganz happy. Über 200 Meter dachte ich, dass ich noch mehr drin habe. Aber es war schon vom Start weg ziemlich holprig und der letzte Kick hat gefehlt. Man hat hier schon gemerkt, dass wir wenige Athletinnen seid, es ist stressiger. Die Atmosphäre heute Vormittag war sehr stressig, die Kampfrichter haben uns nur durch irgendwelche Räume gejagt, schnell, schnell, schnell. Dann hat es sich ein bisschen gelegt, heute Abend war es schon besser. Für morgen ist der Kampfgeist sehr groß. Im Weitsprung möchte ich schon zeigen, dass ich mich über die Saison da reingefuchst und mich verbessert habe. Nach dem Tag heute sage ich: Ich lasse mich mal überraschen. Aber eigentlich bin ich guter Dinge, ich freue mich auf morgen.

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