| Oregon 2022

WM Tag 9 und 10 | Der Zehnkampf von Disziplin zu Disziplin

Mit vier Zehnkämpfern geht der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) in den Zehnkampf der Weltmeisterschaften von Eugene in Oregon (USA). Wie sich Niklas Kaul, Kai Kazmirek, Leo Neugebauer und Tim Nowak von Disziplin zu Disziplin präsentieren, und wie sich der Kampf um die Medaillen entwickelt, lesen Sie hier.
Silke Bernhart

WM 2022 Eugene     Mehrkampf-Rechner

TAG 2


110 METER HÜRDEN


Für Niklas Kaul ging es um die Familienehre: Mit der gleichen Bestzeit waren seine Freundin, Siebenkämpferin Mareike Rösing, und er in die Saison gestartet. Im Saisonverlauf hatten beide jeweils draufgepackt – Mareike Rösing aber war bisher um eine Hundertstel schneller. Am Sonntag drehte nun Niklas Kaul den Spieß um: In 14,27 Sekunden unterbot er seine Bestmarke, erzielt außerhalb des Zehnkampfs, um sieben Hundertstel, und war satte 37 Hundertstel schneller als in Doha.

Der Start in seine Aufholjagd an Tag zwei brachte Niklas Kaul mit 5.087 Punkten vor bis auf Platz 15, nunmehr zwei Zähler vor Kai Kazmirek, dem nach einem Fehlstart in 14,43 Sekunden noch ein ordentlicher Auftakt gelang. Abstriche mussten dagegen Leo Neugebauer (14,86 sec) und nach einem Strauchler an der vorletzten Hürde auch Tim Nowak (14,91 sec) machen. Neugebauer verlor zwei Platze und liegt nun auf Rang elf (5.165 pt), Tim Nowak bleibt  20. (4.849 pt).

Die beste Zeit über die Hürden ging auf das Konto eines Kanadiers, nach seinem Verletzungs-Aus vom Vorabend jedoch nicht auf das von Favorit Damian Warner: Pierce Lepage (5.488 pt) war in Bestzeit von 13,78 Sekunden der Schnellste und legte damit deutlich Boden zwischen sich und den drittplatzierten Zach Ziemek (USA; 14,47 sec; 5.384 pt). Ayden Owens-Delerme (13,88 sec) behauptete als zweitschnellster Hürdensprinter seine Führung (5.596 pt). In Lauerstellung auf die Medaillen sind zurzeit auf Rang vier und fünf Kyle Garland (USA; 14,18 sec; 5.364 pt) und Kevin Mayer (13,92 sec; 5.357 pt).


DISKUSWURF


Wenn der Diskus die Hand von Leo Neugebauer verlässt, geht regelmäßig ein Raunen durch die Zuschauerränge. So auch dieses Mal: Mit 51,88 Metern war er der viertbeste Athlet im Feld, kam einen Meter weiter als in seinem besten Zehnkampf und konnte sich mit 6.075 Punkten sogar vor schieben bis auf Platz sieben. Ganz so groß war die Freude bei Niklas Kaul nicht. Mit 44,62 Metern gelang ihm dennoch ein Resultat, das weiter ein gutes Gesamtergebnis jenseits der 8.400 Punkte ermöglicht – vier Meter fehlten zur Weite von Doha.

Ratlosigkeit macht sich dagegen mittlerweile bei Kai Kazmirek (40,96 m) und Tim Nowak (42,13 m) breit, die beide deutlich unter ihren eigenen Vorstellungen blieben und auf den Rängen 18 (Kazmirek; 5.769 pt) und 19 (Nowak; 5.557 pt) in den Stabhochsprung gehen.

Mit neuer Bestleistung von 53,26 Metern unterstrich an der Spitze Pierce Lepage, dass für ihn endlich die Zeit für die erste internationale Medaille gekommen sein könnte – vielleicht sogar die goldene, er führt nach sieben Disziplinen deutlich: 6.427 Punkte. Ayden Owens-Delerme (6.309 pt) verlor dagegen mit 42,36 Metern deutlich an Boden, während Zach Ziemek (6.221 pt; 48,40 m) sich mit neuer Bestleistung anschickt, die Lücke zu Platz zwei zu schließen. Mit 6.216 Punkten lauert nur knapp dahinter auch Weltrekordler Kevin Mayer (49,44 m) noch auf seine Medaillenchance, als herausragender Stabhochspringer könnte er sich in der achten Disziplin in die Top Drei katapultieren, auch der Speerwurf zählt, anders als zum Beispiel bei Lepage und Owens-Delerme zu seinen großen Stärken.


STABHOCHSPRUNG


Zwei 5,40 Meter-Springer führten das Stabhochsprung-Feld an. Und beide rückten mit ihren Leistungen dem Führenden Pierce Lepage (5,00 m; 5.337 pt) mächtig auf die Pelle: Zach Ziemek (7.256 pt) und Kevin Mayer (7.251 pt) greifen nach der Medaille, und für den Weltrekordler könnte die achte Disziplin möglicherweise den Weg zur Goldmedaille weisen. Denn im Speerwurf überragt er die beiden noch vor ihm liegenden Konkurrenten in der Regel deutlich. Ayden Owens-Delerme hat dagegen nach nur 4,50 Metern schon einen Rückstand von fast 200 Zählern aufs Podium.

Überraschend weiter in den Top Acht liegt WM-Debütant Leo Neugebauer (6.927 pt), der über für ihn ordentliche 4,80 Meter kam. Mit dem Speerwurf und den 1.500 Metern folgen nun jedoch zwei seiner schwächsten Disziplinen. Auch Niklas Kaul meisterte in einem Wettbewerb, in dem viele Athleten nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen konnten, 4,80 Meter. Mit 6.695 Punkten ist er nunmehr auf Rang 13, knapp vor Kai Kazmirek (6.679 pt), der sich über 5,00 Meter schwang.

Für Tim Nowak setzte sich die Reihe der Frustmomente leider fort: Der Ulmer blieb bei seiner Einstiegshöhe von 4,60 Metern ohne gültigen Versuch. Gar nicht erst zum Stabhochsprung angetreten waren der Olympia-Dritte Ashley Moloney und der WM-Sechste von Doha Janek Oiglane (Estland).


SPEERWURF


Locker-spielerisch schickte Niklas Kaul seinen Speer bereits beim Einwerfen über die 65-Meter-Marke. Im Wettkampf wollte er noch einmal deutlich draufpacken und zumindest die 70-Meter-Marke in Angriff nehmen. Doch das gelang dieses Mal nicht ganz: 69,74 Meter brachte der zuletzt überragende Speerwerfer unter den Zehnkämpfern am Sonntag in die Wertung ein, 120 Zähler fehlten ihm damit im Vergleich zu seinem bisher besten Zehnkampf. Dennoch schaffte der Mainzer damit als Siebter erstmals den Sprung in die Top Acht (7.580 pt), ein weiterer Schritt nach vorne dürfte aber bei recht großen Abständen und einem starken Läufer, nämlich Ayden Owens-Delerme (7.627 pt) schwierig werden.

Leo Neugebauer mühte sich sichtbar, nur einer seiner Versuche kann als halbwegs gelungen bezeichnet werden, dieser landete bei 52,80 Meter. Mit 7.554 Punkten geht er auf Platz neun in die ungeliebten 1.500 Meter. Kai Kazmirek konnte mit 62,25 Metern zufrieden sein, er ist nach neun Disziplinen mit 7.455 Punkten Zwölfter. Tim Nowak kämpft sich trotz Salto nullo weiter durch den Mehrkampf: 56,52 Meter, Platz 18.

Der beste Speerwerfer im Feld schnappte sich auch die Führung: Kevin Mayer (8.145 pt) jubelte über 70,31 Meter und legte damit direkt 100 Punkte zwischen sich und Pierce Lepage (57,52 m; 8.038 pt), der zuletzt in Tokio um zwölf Sekunden der bessere 1.500 Meter-Läufer war. Damals hatte sich der drittplatzierte Zach Ziemek (62,18 m; 8.027 pt) über 1.500 Meter genau zwischen den beiden nun Führenden positioniert. Mehr als 200 Punkte liegt auf Rang vier Lindon Victor (Grenada, 7.838 pt) zurück, sodass die Medaillen an die Top Drei vergeben scheinen – und Kevin Mayer sein zweiter WM-Titel nach 2017 nur schwer zu nehmen sein dürfte.


1.500 METER


Ayden Owens-Delerme rannte um sein Leben. Oder besser gesagt um die Medaille, die er trotz großen Rückstands noch nicht aufgegeben hatte. Und war nach 4:13,02 Minuten auch in neuer Bestzeit im Ziel. Ebenso wie hinter ihm Niklas Kaul, der als Einziger folgen konnte, sich am Ende Schritt um Schritt an den Puerto Ricaner heransaugte und in 4:13,81 Minuten schnell war wie nie. Kurz schien es, als hätte sich der Vorstoß gelohnt, denn Ayden Owens-Delerme war satte 31 Sekunden schneller als Zach Ziemek auf dem Bronzerang vor ihm – und die Anzeigetafel wies erst Owens-Delerme als Drittplatzierten aus. Dann sortierte sich die Anzeige noch mal, und die Top Drei standen fest.

Weltmeister wurde wie schon im Jahr 2017 Kevin Mayer mit 8.816 Punkten, sein 1.500 Meter-Resultat von 4:41,44 Minuten reichte problemlos, um den Vorsprung auf Pierce Lepage zu halten. Der Kanadier feierte mit der Silbermedaille und Bestleistung von 8.701 Punkten den größten Erfolg seiner Karriere, und hinter ihm jubelte nach korrigierter Ergebnisübersicht auch Zach Ziemek über eine Bestleistung von 8.676 Punkten und Bronze für Gastgeber USA.

Niklas Kaul konnte mit seiner starken letzten Disziplin noch einen Platz gutmachen und wurde mit 8.434 Punkten, dem drittbesten Zehnkampf seiner Karriere, Sechster. Auch Debütant Leo Neugebauer hinterließ mit Rang zehn und 8.182 Punkten eine starke Visitenkarte. Platz zwölf wurde es diesmal für den WM-Dritten von 2017 Kai Kazmirek (8.113 pt), Tim Nowak gelang mit der viertbesten 1.500 Meter-Zeit von 4:26,87 Minuten noch ein Achtungserfolg, ohne die Punkte im Stabhochsprung reihte er sich auf Platz 18 ein.

Stimmen zum Wettbewerb

Niklas Kaul:
In manchen Disziplinen habe ich Selbstvertrauen zurückgewonnen, in manchen weniger. Diskus und Speer ärgern mich brutal. Ich habe mich bei beiden eigentlich ganz gut eingeworfen, aber dann hat es im Wettkampf nicht geklappt. Aber das ist Zehnkampf und es ist immer noch mein drittbester Wettkampf, den ich jemals gemacht habe. Auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt, kann ich mit einem kleinen Lächeln hier rausgehen.

Leo Neugebauer:
Ich habe die Stimmung genossen. Es ist ein geiles Stadion mit coolen Zuschauern, die haben uns echt angefeuert. Es war eine schöne Erfahrung für mich.

Kai Kazmirek:
Ich hatte Rückenschmerzen von Tag eins an, ich hatte mich verlegen. Dadurch musste ich bei jeder Disziplin sehr viel Arbeit leisten. Der Rücken sieht schlimm aus, da ist alles offen. Ich muss jetzt Ruhe reinbekommen, damit ich in drei Wochen wieder angreifen kann.

Tim Nowak:
Es gab ein paar Momente, in denen ich überlegt habe, abzubrechen. Aber ich bin froh, dass ich es nicht gemacht habe. Ich stand neben mir, ich habe mich fremd in meinem eigenen Körper gefühlt. Es war, als wäre ich Zuschauer. Ich hatte mir dann vorgenommen, am zweiten Wettkampftag mit mehr Lockerheit reinzukommen und trotzdem hat es nicht funktioniert. Ich hatte keine Kontrolle, alle Routinen waren weg.

 

TAG 1


100 METER


Die erste Disziplin des Zehnkampfs ist keine, in der die deutschen Athleten zu den Protagonisten zählen. So sortierten sich Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen; 11,07 sec), Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied; 11,19 sec), Niklas Kaul (USC Mainz; 11,22 sec) und Tim Nowak (SSV Ulm 1846; 11,43 sec) zunächst auf den Plätzen 15, 19, 20 und 21 der Gesamtwertung ein.

Besonders für den Weltmeister von Doha 2019 Niklas Kaul, der hier nach einer schwierigen Saison nicht zu den ausgemachten Medaillenkandidaten zählt, war das ein guter Auftakt in den Zehnkampf, fünf Hundertstel schneller als in Doha und nur knapp über seiner Saison-Bestleistung (11,18 sec) von Götzis. Die weiteren DLV-Athleten blieben am Samstagmorgen bei ungewohnt kühlen Temperaturen im Hayward Field etwas weiter oberhalb ihrer Saison-Bestmarken.

Dasselbe galt jedoch auch für die besten Athleten des Jahres: Olympiasieger Damian Warner (Kanada) stürmte in 10,28 Sekunden erwartet ungefährdet zur schnellsten Zeit, ihm fehlten dabei zwölf Hundertstel zur Zeit von Götzis. Kyle Garland (USA; 10,69 sec) blieb sechs Hunderstel oberhalb seiner 100 Meter-Zeit bei den US-Meisterschaften, Ayden Owens-Delerme (Puerto Rico; 10,52 sec) ließ im Vergleich zu seinem 8.528-Punkte Resultat 25 Hunderstel liegen. Ihren ersten Zehnkampf des Jahres bestreiten der Olympia-Dritte Ashley Moloney (Australien; 10,49 sec) und Weltrekordler Kevin Mayer (Frankreich), der über 10,62 Sekunden jubelte.


WEITSPRUNG


Leo Neugebauer (7,46 m) und Kai Kazmirek (7,49 m; +2,6 m/sec) führen nach einer ihrer starken Disziplinen zunächst weiter das deutsche Zehnkämpfer-Quartett an – zwar fehlten ihnen auch hier +/- zehn Zentimeter und damit einige Punkte zur jeweiligen Saison-Bestleistung, mit ihren Sprüngen zählten sie aber im Gesamt-Klassement zu den Top Ten der Zehnkämpfer. Platz 13 (Neugebauer; 1.770 pt) und 14 (Kazmirek; 1.751 pt).

Niklas Kaul und Tim Nowak absolvierten auf der anderen Anlage einen Wettbewerb fast im Gleichschritt, in dem beide sich damit mühten, das Brett zu treffen. Sprung um Sprung gelang ihnen zwar eine Steigerung, und 7,13 Meter (+4,9 m/sec) für Nowak bedeuteten für ihn auch einige Zentimeter mehr als zuletzt in Ratingen und Götzis. Schlussendlich konnte er jedoch ebenso wie Niklas Kaul mit 7,09 Metern (zehn Zentimeter weniger als in Doha) sein Potenzial nicht ganz in die Grube bringen – Platz 20 (Kaul; 1.647 pt) und 21 (Nowak; 1.612 pt).

An der Spitze thront weiter Olympiasieger Damian Warner, der mit 7,87 Metern einmal mehr eine Weltklasse-Leistung zeigte, gefolgt von seinem ebenfalls hochtalentierten Landsmann Pierce Lepage (1.946 pt; 7,54 m), der jedoch zumeist gegen Ende eines Zehnkampfs an Boden verliert. Ayden Owens-Delerme (4.; 1.940 pt) brachte sich mit einer Weitsprung-Bestleistung von 7,64 Metern ebenso in Position wie Weltrekordler Kevin Mayer (6.; 1.892 pt) mit guten 7,54 Metern. Dazwischen mischen auch Zach Ziemek (USA; 1.944 pt) nach 7,70 Metern im Weitsprung und Ashley Moloney (1.902 pt; 7,46 m) vorne mit.


KUGELSTOSSEN


Exakt 16,00 Meter hat Leo Neugebauer bei den NCAA-Meisterschaften gestoßen, wo er mit 8.362 Punkten Zweiter wurde. An selber Stelle kam er am Samstag fast genauso weit: Mit 15,83 Metern war der 2,01 Meter-Hüne zweitbester Athlet im gesamten Feld, was ihn vor brachte bis auf Platz neun (2.611 pt) der Zwischenwertung, 90 Punkte fehlen ihm bis dato zum NCAA-Resultat. Für Niklas Kaul (2.407 pt) verlief das Kugelstoßen recht solide: 14,52 Meter liegen in etwa im Bereich seines Götzis-Resultats, in Doha hatte er allerdings sogar die 15 Meter-Marke überboten. Er geht auf Rang 20 in die Mittagspause.

Kai Kazmirek stieß die Kugel auf 14,29 Meter und liegt derzeit mit 2.497 Punkten auf Platz 13. Im Vergleich zu Götzis (8.272 pt) kam er 13 Zentimeter weiter, in Summe fehlen in Eugene bisher 70 Zähler zu seinem besten Zehnkampf der Saison. 55 Zähler unterhalb seines Zehnkampfs von Ratingen (8.160 pt) liegt nach drei Disziplinen Tim Nowak, der besonders im Kugelstoßen (14,44 m) Punkte einbüßte. Er wird auf Platz 21 (2.367 pt) am Hochsprung-Anlauf stehen – eine Disziplin, in der er in der Regel wieder punkten kann.

Bester Kugelstoßer war einmal mehr Lindon Victor (Grenada), der sich nach 16,29 Metern auf Platz sechs (2.655 pt) vor arbeitete. Damian Warner konnte mit 14,99 Metern, sieben Zentimeter mehr als in Götzis, glänzen. Zuletzt kam er im Freien vor drei Jahren weiter. Einen starken Zehnkampf macht dahinter weiterhin Zach Ziemek (USA; 2.756 pt), der seine Bestleistung auf 15,37 Meter schraubte, auch Ayden Owens (2.728 pt; 14,97 m) liegt weiter auf Medaillenkurs. 17-Meter-Stoßer Kevin Mayer (5. Platz; 2.680 pt) musste sich dieses Mal mit 14,98 Metern und zwei Ungültigen zufriedengeben, auch Ashley Moloney (8. Platz; 2.647 pt) verlor in einer seiner schwächeren Disziplinen mit 14,28 Metern etwas an Boden. Hinter Damian Warner bleibt es mit 109 Zählern, die Platz zwei und acht trennen, extrem eng.


HOCHSPRUNG


Einer überflügelte sie am Samstag alle: Der 20 Jahre junge Norweger Sander Skotheim sorgte mit 2,17 Metern für das Highlight im Hochsprung, das ihn direkt auf Platz sieben der Zwischenwertung (3.507 pt) nach vorne brachte. Weit nach vorne, nämlich bis auf Platz drei, ging's nach 2,14 Metern auch für den Zweitplatzierten der US-Trials Kyle Garland (3.582 pt) – der allerdings weiterhin hinter seinem Landsmann Zach Ziemek (2,08 m; 3.634 pt) liegt. Dieser steuert bei der WM bisher auf einen Kurs jenseits der 8.600 Punkte zu. Damian Warner (3.696 pt) musste die sprunggewaltige Konkurrenz zwar näher kommen lassen, bleibt aber nach 2,05 Metern weiter der große Goldfavorit.

Hinter den überragenden Hochspringern machten auch die DLV-Athleten eine gute Figur. Tim Nowak und Niklas Kaul trugen sich jeweils mit 2,05 Metern in die Ergebnislisten ein – Kaul wieder mit seinem üblichen rechten Sprungfuß, mit dem er sich in Tokio über 2,11 Meter geschwungen hatte, bevor er sich verletzte. Um sich diesem Risiko nicht wieder auszusetzen, verzichtete er anschließend auf weitere Versuche. Auf Platz 18 (3.257 pt) und Platz 20 (3.217 pt) gehen Kaul und Nowak auf die 400 Meter.

Leo Neugebauer konnte sein Potenzial in einigen Sprüngen nur andeuten, zu inkonstant war der Anlauf, der ihn dieses Mal bis über 1,99 Meter brachte. Er ist nach vier Disziplinien Elfter (3.405 pt). Kai Kazmirek überwand 2,02 Meter, ein Zentimeter fehlte zum Resultat von Götzis, er ist zurzeit auf Platz 13 (3.319 pt).


400 METER


Freud und Leid lagen über 400 Meter dicht beisammen – und gaben dem Kampf um die Medaillen eine entscheidende Wendung: Während Favorit Damian Warner nach 120 Metern mit schmerzverzerrtem Gesicht und Griff an den Oberschenkel das Rennen abbrechen musste, stürmte Ayden Owens-Delerme in 45,07 Sekunden zur zweitschnellsten Zeit, die je in einem Zehnkampf erzielt wurde. Zugleich eroberte der Mann aus Puerto Rico, dessen Bestleistung von 8.528 Punken gehörig wackelt, mit 4.606 Punkten die Führung schon recht deutlich vor Pierce Lepage (46,84 sec; 4.485 pt) und Zach Ziemek (49,56 sec; 4.469 pt).

Niklas Kaul beendete einen guten ersten Tag mit einer Saison-Bestleistung von 48,39 Sekunden, die ihm erstmals einen Platz in den Top 16 bescherte – und zugleich ein Halbzeit-Resultat, das keine 20 Punkte unterhalb seines ersten Tags der WM von Doha liegt. Knapp vor ihm liegt noch Kai Kazmirek (4.165 pt) als 15., der in 49,33 Sekunden ins Ziel kam und damit weiter in jeder Disziplin ein paar Punkte liegenlässt im Vergleich zum Resultat von Götzis. Tim Nowak musste nach 50,94 Sekunden feststellen, dass wie über 100 Meter nach Trainingsausfällen in der Vorbereitung noch die Grundlage für schnelle Zeiten fehlt – Platz 20 (3.989 pt).

Bester Deutscher nach Tag eins ist der 21 Jahre junge Leo Neugebauer (48,34 sec; 4.298 pt) auf Platz neun, der an der Stätte seiner Zehnkampf-Bestleistung den nächsten guten Wettkampf macht, wenngleich zum Halbzeit-Resultat der NCAAs 137 Zähler fehlen. Während bei ihm in der Regel der zweite Tag der schlechtere ist, könnte Niklas Kaul als Mann des zweiten Tages am Sonntag die Aufholjagd in Richtung Top Acht einläuten.

Stimmen zum Wettbewerb:

Leo Neugebauer:
Ich muss sagen, es fühlt sich für mich hier ziemlich ähnlich an wie bei den NCAAs, denn vier Leute von dem Wettkampf sind auch hier dabei. Aber Stars wie Kevin Mayer zu sehen, Damian Warner, das ist schon noch mal ein anderes Gefühl. Also: ziemlich ähnlich, aber noch mal ein neues Level. Mein Nummer eins Ziel ist es, die Atmosphäre zu genießen. Geiles Stadion, coole Zuschauer, die sind echt laut. Macht echt Bock, hier einen Wettkampf zu machen. Die ersten drei Disziplinen waren okay, immer ein bisschen unter den Leistungen hier vor einem Monat. Hochsprung war ein bisschen traurig, weil ich mir da mehr erhofft hatte, wenigstens noch zwei Höhen. Aber da kann ich mich nicht beschweren, im Zehnkampf läuft nicht immer alles super. Wichtig war, dass ich mich davon erholt habe und über 400 Meter noch mal gezeigt, was ich schaffen kann. So gehe ich auch morgen ran. Nicht mehr an heute denken, morgen ist ein neuer Tag. Ich freue mich immer auf den Diskuswurf, der ist einfach meine Disziplin, aber ich freue mich auch auf den ganzen Tag. Mit den Zuschauern. Und auch mit den anderen Athleten. Die sind alle sehr nett.

Kai Kazmirek:
Ich hatte ziemliche Rückenschmerzen, ich habe mich heute Nacht ziemlich verlegen. 100 Meter liefen gar nicht gut, im Weitsprung konnte ich nur einen Versuch machen. Kugelstoßen ging dann wieder, für den Hochsprung hat das medizinische Team wirklich Wunder geleistet. Und jetzt war auch wieder alles fest. Ich muss mal gucken, wie ich durch die Nacht komme. Ich habe mir wesentlich mehr erhofft, die Trainingsleistungen waren gut in den letzten Wochen. Ich wollte in Richtung 8.350 Punkte gehen, jetzt will ich versuchen, das Ergebnis von Tokio zu wiederholen, über 8.100, ich glaube, das ist im Moment realistisch. Aber wir müssen jetzt gucken, wie es dem Rücken geht.

Niklas Kaul:
Die ersten drei Disziplinen ärgern mich ein bisschen, weil alles ein bisschen unter dem war, was ich mir vorgestellt habe und was ich auch kann. Gerade über 100 Meter habe ich echt gepennt am Start und bin ein bisschen rausgestolpert. Mit dem Hochsprung und den 400 Metern bin ich echt zufrieden, es war ziemlich Gegenwind, es war nicht leicht zu laufen. Im Hochsprung hatte ich das Gefühl, dass ich mit 2,05 Metern heute gut bin, dann brauche ich nicht noch bei 2,08 Metern draufhauen. Es ist einfach wichtig, da wieder Vertrauen aufzubauen. Wenn alles richtig sitzt, dann springe ich auch wieder 2,08 Meter. Aber ich bin schmerzfrei heute – außer auf den letzten 100 Metern über 400 (lacht). Ich weiß gar nicht, was die anderen gemacht haben, daher weiß ich nicht, wie ich platzierungsmäßig liege. Was die Punktzahl betrifft, habe ich mir heute eine gute Grundlage geschaffen, mit der ich morgen eine gute Punktzahl machen kann. Wir wissen aber auch: Über die Hürden muss man erstmal gut reinkommen. Und die drei Disziplinen danach bieten auch noch ihre Schwierigkeiten...

Tim Nowak:
Ich bin insgesamt sehr enttäuscht. Ich wusste im Vorfeld aufgrund der Trainingsleistungen, dass es über 100 und 400 Meter sehr schwer wird, da konnte ich seit den letzten Zehnkämpfen nicht sauber durchtrainieren aufgrund immer wieder kleinerer muskulärer Probleme. Dass es wirklich so langsam wurde, hat mich aber geschockt. Im Weitsprung war ich dann noch wie gelähmt vom 100 Meter-Lauf und stand ein bisschen neben mir. Im Kugelstoßen dachte ich mir: Jetzt machst du ein paar schöne Dinger. Habe mich aber auch wieder nicht getroffen. Ich wusste, was falsch läuft, konnte mich aber nicht richtig verbessern, nicht ansteuern. Der Lichtblick war der Hochsprung. Das ist schon die ganze Saison über meine beste, stabilste Disziplin. Mit lockerer Spaßigkeit geht dann alles, aber das kann ich nicht auf Knopfdruck steuern. Am Ende wurde es sehr hektisch mit den Staffeln, die 2,08-Versuche waren dicht hintereinander, das war sehr schade, die wären noch drin gewesen. Naja, und die 400 Meter jetzt waren die größte Enttäuschung, die schlechteste Zeit seit – keine Ahnung, acht Jahren. Das ist auf keinen Fall die Form, die ich bei einer WM zeigen will. Jetzt geht es darum, um jeden Punkt und jeden Platz zu fighten.

WM 2022 Eugene     Mehrkampf-Rechner

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