| München 2022

EM Tag 2 | Berauschender Abend: Lückenkemper Sprint-Königin, Kaul Zehnkampf-König

Dieser zweite Wettkampf-Tag der EM in München wird in Erinnerung bleiben. Völlig unerwartet stürmte Gina Lückenkemper am Dienstagabend zu Gold über 100 Meter. Auch Zehnkämpfer Niklas Kaul krönte sich zum Titelträger. Nur acht Zentimeter zu Diskus-Gold fehlten Kristin Pudenz, Bronze ging an Claudine Vita. Mit Silber über 35 Kilometer Gehen erklomm auch Christopher Linke das Podium.
Jan-Henner Reitze

Sie hat zurück zu ihrer Sprint-Schnelligkeit gefunden und wollte bei der EM in München um eine Medaille laufen. Das es am Dienstag sogar Gold werden würde, hatten aber wohl weder Gina Lückenkemper (SCC Berlin) selbst noch die für eine berauschende Stimmung sorgenden Zuschauer im Olympiastadion für möglich gehalten.

Auf den letzten Metern des 100-Meter-Finals kam die DLV-Athletin den als Favoritinnen führenden Mujinga Kambundji (Schweiz) und Daryll Neita (Großbritannien) immer näher, warf sich nach vorne und gewann in 10,99 Sekunden vor der zeitgleichen Schweizerin und der Britin (11,00 sec). Nicht nur eine herausragende Sprint-, sondern auch eine überragende Willensleistung.

Nach dem Zieleinlauf stürzte die neue Europameisterin. Bevor sie auf die Ehrenrunde gehen konnte, musste erst eine blutende Wunde am Knie versorgt werden. Der Freude und Ausgelassenheit tat das keinen Abbruch. Gina Lückenkemper feierte mit dem Publikum ihren ersten großen internationalen Titel. Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar; 11,52 sec) und Tatjana Pinto (TV Wattenscheid 01; 11,55 sec) hatten den Einzug ins Finale verpasst.

Niklas Kaul hängt Konkurrenz im Speerwurf und über 1.500 Meter ab

Für Emotion pur hatten schon vorher die Zehnkämpfer gesorgt. In den beiden abschließenden Disziplinen mit starken 76,05 Metern im Speerwurf und überragenden 4:10,04 Minuten über 1.500 Meter sicherte sich Niklas Kaul (USC Mainz) die Goldmedaille. Nachdem es zuvor im Diskuswurf (41,80 m) nicht nach Plan lief, gelang dem 24-Jährigen so doch noch der Sprung an die Spitze mit seiner drittbesten Punktzahl (8.545 Pkt) der Karriere. Das Olympiastadion stand Kopf.

Mit Landesrekord für die Schweiz (8.468 Pkt) holte Simon Ehammer Silber, der bis zur Abschluss-Disziplin geführt hatte. Über 1.500 Meter verlor er durch seine 4:48,72 Minuten aber 255 Punkte auf Niklas Kaul. Bronze ging an den Esten Janek Oiglane (8.346 Pkt). Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied; 8.151 Pkt) wurde Achter.

Der ohnehin schon emotionale Abschieds-Wettkampf von Titelverteidiger Arthur Abele (SSV Ulm 1846) wurde zu einer echten Achterbahnfahrt, irgendwie auch passend zur gesamten Karriere des 36-Jährigen. Nachdem die Startanlage ausgelöst hatte, wurde er zum Auftakt in den zweiten Tag von den 110 Meter Hürden ausgeschlossen. Nach erfolgreichem Protest durfte er diese Disziplin nach dem Diskuswurf (42,38 m) doch noch allein absolvieren (14,50 sec). So konnte der Ulmer als 15. mit 7.662 Punkten noch einmal einen kompletten Zehnkampf in die Wertung bringen.

Pudenz gelingt silberner Befreiungsschlag, Vita gewinnt Bronze

Nachdem sie bei der WM in Eugene (USA) den Endkampf verpasst hatte, bewies Kristin Pudenz (SC Potsdam) im Diskusfinale, dass deutlich mehr in der ihr steckt. Mit persönlicher Bestleistung von 67,87 Metern fehlten ihr nur acht Zentimeter zu Gold. Wie schon bei den Olympischen Spielen jubelte die 29-Jährige über Silber. Ihren sechsten EM-Titel nacheinander holte die Kroatin Sandra Perkovic (67,95 m).

Nach vielversprechenden Erfolgen in den Nachwuchsklassen ist Claudine Vita (SC Neubrandenburg) auch in der Frauenklasse auf dem internationalen Podest angekommen. Die Saisonbestleistung von 65,20 Metern bedeutete Bronze. Shanice Craft (SV Halle; 62,78 m) wurde Siebte.

Endlich Edelmetall für Christopher Linke

Zwei vierte und drei fünfte Plätze hatte Geher Christopher Linke (SC Potsdam) vor München schon bei Europa-, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen gesammelt. Endlich konnte sich der 33-Jährige nun seinen lang verfolgten Traum von einer Medaille erfüllen. Bei der EM-Premiere der 35 Kilometer erreichte er hinter dem dominierenden Spanier Miguel Ángel López (2:26:49 h) als Zweiter das Ziel. Bei schwierigen und heißen Bedingungen verbesserte der DLV-Athlet in 2:29:30 Stunden auch noch seine deutsche Bestleistung. Bronze gewann der Italiener Matteo Giupponi (2:30:34 h).

Nicht ganz zufrieden mit ihren Plätze fünf und acht waren Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie; 2:32:44 h) und Carl Dohmann (SCL Heel Baden-Baden; 2:36:52 h). Wie auch bei Christopher Linke war die Vorbereitung alles andere als störungsfrei verlaufen. Bei den Frauen gewann die Griechin Antigóni Drisbióti (2:47:00 h) Gold vor Raquel González (2:49:10 h) und Viktoria Madarasz (Ungarn; 2:49:58 h). Katrin Schusters (Polizei SV Berlin) beendete ihre EM-Premiere auf Rang 17 (3:18:38 h).

Sam Parsons wird starker Sechster

100-Meter-Gold bei den Männern sicherte sich Olympiasieger Marcell Jacobs (Italien; 9,95 sec) vor Zharnel Hughes (Großbritannien; 9,99 sec) und dessen Landsmann Jeremiah Azu (10,13 sec). In den Halbfinals lieferten Lucas Ansah-Peprah (10,19 sec), Owen Ansah (beide Hamburger SV; 10,20 sec) und Julian Wagner (LC Top Team Thüringen; 10,21) gelungene Rennen ab, zum Finaleinzug reichte es nicht ganz.

Den ersten Teil seiner Mission Titelverteidigung erfüllte Jakob Ingebrigtsen im 5.000-Meter-Finale. Der Norweger holte sich mit einem überragenden Abschluss-Kilometer souverän Gold (13:21,13 min). Der für Spanien startende Mohamed Katir konnte lange folgen, auf der Zielgeraden aber nicht mehr und gewann Silber (13:22,98 min) vor dem Italiener Yemaneberhan Crippa (13:24,83 min). Als Sechster überzeugte Sam Parsons (Eintracht Frankfurt; 13:30,38 min) wie schon mit seinem Einzug ins WM-Finale. Aaron Bienenfeld (SSC Hanau-Rodenbach; 13:45,70 min) belegte Rang 20.

Im Weitsprung dominierte Olympiasieger Miltiádis Tentóglou (Griechenland), der auf 8,52 Meter flog. Dahinter wurde es eng: Silbermedaillen-Gewinner Thobias Montler (Schweden) und der drittplatzierte Franzose Jules Pommery trugen sich jeweils mit einer Tagesbestweite von 8,06 Metern in die Ergebnisliste ein. Zuerst war auch der Brite Jacob Fincham-Dukes mit dieser Weite geführt worden, dieser Sprung aber nach einem Protest später ungültig gegeben worden. Offiziell blieben 7,97 Meter und Rang fünf stehen.

Malaika Mihambo ist fit

In den Vorrunden bewies Malaika Mihambo (LG Kurpfalz), dass eine Coronainfektion nach ihrem WM-Titel nicht ihre Form gekostet hat. Mit 6,99 Metern sprang die Titelverteidigerin sicher ins Finale am Donnerstag (18. August). Dort wird mit Merle Homeier (LG Göttingen; 6,49 m) eine weitere DLV-Weitspringerin vertreten sein.

Das Finale über 1.500 Meter machten Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen; 4:03,46 min) und Katharina Trost (LG Stadtwerke München; 4:07,20 min) klar. Im Endlauf über 3.000 Meter Hindernis stehen Karl Bebendorf (Dresdener SC; 8:31,67 min) und Niklas Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch; 8:33,89 min).

EM 2022 München

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