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LANGSPRINT FRAUEN | Junge Garde macht nächsten Leistungsschritt

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Langsprint der Frauen.
Martin Neumann

Das ist 2022 passiert

Wie in den vergangenen Jahren wurden die 400 Meter dominiert von Corinna Schwab. Die Chemnitzerin gewann die DM-Titel im Freien und unter dem Hallendach und stieß – was noch viel wichtiger ist – 2022 in eine neue Leistungsklasse vor. Mit 50,91 Sekunden lief die 23-Jährige im DM-Vorlauf erstmals unter 51 Sekunden. Das war seit Grit Breuer vor 20 Jahren keiner deutschen 400-Meter-Läuferin mehr gelungen.

Nur ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt lief es für Corinna Schwab nicht rund. Gehandicapt von muskulären Problemen verpasste sie bei der EM in München das angepeilte Finale über 400 Meter und später über 200 Meter. In der abschließenden 4x400-Meter-Staffel wurde die Chemnitzerin nicht eingesetzt.

Anders Luna Thiel. Die Hannoveranerin kam besser ins Laufen, je länger die Saison dauerte. Sie zählte mit Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg), Alica Schmidt (SCC Berlin) und Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen) nicht nur zur deutschen 4x400-Meter-Staffel, die mit starken 3:26,09 Minuten im EM-Finale auf Platz fünf lief und damit viereinhalb Sekunden schneller war als die Staffel im WM-Vorlauf von Eugene, sondern steigerte binnen vier Wochen ihre drei Jahre alte Bestzeit gleich um 1,09 Sekunden auf 51,28 Sekunden.

Exakt mit dieser Zeit stürmte Luna Thiel nach Jahren voller gesundheitlicher Rückschläge zum Saisonabschluss beim ISTAF in Berlin völlig überraschend zum Sieg und hatte schon vor dem Ziel ein breites Lächeln im Gesicht. Die 51,28 Sekunden bedeuteten gleichzeitig den Aufstieg in die erweiterte europäische Spitze. In der kontinentalen Bestenliste rangiert Luna Thiel auf Platz 22, aber zu Rang zwölf fehlen ihr lediglich 27 Hundertstel.

Nicht nur Corinna Schwab und Luna Thiel haben mit ihren 23 bzw. 22 Jahren noch eine lange sportliche Zukunft vor sich. Auch die 23-jährigen Judith Franzen (TSV Bayer 04 Leverkusen; 52,27 sec), Alica Schmidt (52,32 sec) und Elisa Lechleitner (LAZ Ludwigsburg; 52,53 sec) sowie die zwei Jahre jüngere Annkathrin Hoven (TSV Bayer 04 Leverkusen; 52,64 sec) müssen noch lange nicht ihr Leistungszenit erreicht haben.

Das gilt gewiss auch für Maja Schorr (SV GO! Saar 05). Die 18-Jährige verbesserte sich als Deutsche U20-Meisterin in Ulm auf 53,37 Sekunden. Die Saarländerin zählt auch noch 2023 zur Jugendklasse. In der U18-Klasse überzeugte Johanna Martin (1. LAV Rostock) mit einer Steigerung auf 54,80 Sekunden und Platz sieben bei der U18-EM.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-WM  –  – 
EYOF –  – 
U18-EM  – 7. Platz: Johanna Martin (1. LAV Rostock)
U20-WM –  6. Platz: 4x400 m Mixed (Leege, Schmitt, Kroll, Srumf)
7. Platz: 4x400 m (Schorr, Hense, Wehner, Steinbrecher)
EM –  5. Platz: 4x400 m (Thiel, Mayer, Schmidt, Krafzik)
WM –  – 

Unser "Ass des Jahres"

Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz)

Deutsche Hallenmeisterin
Deutsche Freiluft-Meisterin
Neue Bestzeiten über 400 m (50,91 sec) und 200 m (22,51 sec)

Unser "Talent des Jahres"

Maja Schorr (SV GO! Saar 05)

Deutsche U20-Meisterin
7. Platz U20-WM mit der deutschen 4x400-m-Staffel
Neue Bestzeit über 400 m (53,37 sec)

Die deutschen Top Ten 2022

400 Meter

Zeit Name Jahrgang Verein
50,91 Corinna Schwab 1999 LAC Erdgas Chemnitz
51,28 Luna Thiel 1999 VfL Eintracht Hannover
52,05 Annina Fahr 1993 TuS Gottmadingen
52,27 Judith Franzen 1999 TSV Bayer 04 Leverkusen
52,32 Alica Schmidt 1998 SCC Berlin
52,53 Elisa Lechleitner 1999 LAZ Ludwigsburg
52,64 Annkathrin Hoven 2001 TSV Bayer 04 Leverkusen
52,66 Laura Müller 1995 SV GO! Saar 05
53,06 Karolina Pahlitzsch 1994 LG Nord Berlin
53,15 Mona Mayer 2001 LG Telis Finanz Regensburg

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top­-Niveau 400 Meter

Jahr =/< 51,70 sec* Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005  –  52,56 52,88 53,47
2006  –  52,02 52,43 53,02
2007  –  52,81 53,09 53,49
2008  –  52,09 52,38 53,00
2009  1 52,13 52,59 53,13
2010  1 52,00 52,25 52,80
2011  –  52,07 52,43 53,18
2012  –  52,34 52,70 53,24
2013  1 52,34 52,81 53,31
2014  –  52,45 52,65 53,01
2015  –  52,40 52,64 53,13
2016  1 51,89 52,39 52,98
2017  –  52,09 52,37 52,78
2018  –  52,35 52,60 53,00
2019  –  52,46 52,58 52,84
2020  –  51,92 52,07 52,47
2021 1 51,90 52,02 52,37
2022 2 51,41 51,77 52,29

Entwicklung Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 52,07 (C. Marx) 49,80 (Pospelova/RUS) 2,27 48,92 (Richards/USA) 3,15
2006 51,79 (C. Hoffmann) 49,49 (Zayzseva/RUS) 2,30 48,70 (Richards/USA) 3,09
2007 51,98 (C. Hoffmann) 49,61 (Ohuruogu/GBR) 2,37 49,27 (Richards/USA) 2,71
2008 51,90 (J. Tilgner) 49,62 (Ohuruogu/GBR) 2,28 49,62 (Ohuruogu/GBR) 2,28
2009 51,53 (S. Nwachukwu) 49,29 (Krivoshapka/RUS) 2,24 48,83 (Richards/USA) 2,70
2010 51,65 (C. Hoffmann) 49,89 (Foriva/RUS) 1,76 49,64 (Dunn/USA) 1,95
2011 51,97 (J. Lindenberg) 49,35 (Kapachinskaya/RUS) 2,62 49,35 (Kapachinskaya/RUS) 2,62
2012 51,76 (E. Cremer) 49,16 (Krivoshapka/RUS) 2,60 49,16 (Krivoshapka/RUS) 2,60
2013 51,62 (E. Cremer) 49,41 (Ohuruogu/GBR) 2,21 49,33 (Montsho/BOT) 2,29
2014 51,87 (E. Cremer) 50,55 (Grenot/ITA) 1,32 49,48 (McCorory/USA) 2,39
2015 52,04 (R. Spelmeyer) 50,16 (Ohuruogu/GBR) 1,88 49,26 (Felix/USA) 2,78
2016 51,43 (R. Spelmeyer) 50,43 (Grenot/ITA) 1,00 49,44 (Miller/BAH) 1,99
2017 51,72 (R. Spelmeyer) 50,89 (Zemlyak/UKR) 0,83 49,46 (Miller-Uibo/BAH) 2,26
2018 52,00 (N. Gonska) 50,41 (Swiety-Ersetic/POL) 1,59 48,97 (Miller-Uibo/BAH) 3,03
2019 52,37 (L. Bulmahn) 50,83 (Nielsen/GBR) 1,54 48,14 (Eid Naser/BHR) 4,23
2020 51,73 (C. Schwab) 50,98 (Klaver/NED) 0,75 50,50 (Irby/USA) 1,23
2021 51,51 (C. Schwab) 49,97 (Williams/GBR) 1,54 48,36 (Miller-Uibo/BAH) 3,15
2022 50,91 (C. Schwab) 49,44 (Bol/NED) 1,47 48,99 (Paulino/DOM) 1,91

Das fällt auf:

  • Die deutschen Langsprinterinnen haben sich durch die Bank 2022 deutlich gesteigert. Das führt zu neuen Bestwerten in den Durchschnittszeiten für die Top 3, Top 5 und Top 10 seit Beginn der Statistik im Jahr 2005.
  • Mit 50,91 Sekunden gelang Corinna Schwab die erste Zeit einer deutschen 400-Meter-Läuferin unter 51 Sekunden seit 20 Jahren.
  • In der deutschen Bestenliste taucht mit 52,05 Sekunden Annina Fahr auf. Die 29-Jährige besitzt die deutsche und die Schweizer Staatsbürgerschaft. International startberechtigt ist sie allerdings für die Eidgenossen. Mit der Schweizer Staffel lief sie in Eugene ins WM-Finale.
  • Der Abstand zur kontinentalen und globalen Spitze ist 2022 etwas geschrumpft. Allerdings laufen die Top-Athletinnen den deutschen Langsprinterinnen noch anderthalb bis zwei Sekunden voraus.
  • Die zwei wichtigsten Rennen des Jahres dominierte Shaunae Miller-Uibo. Die Olympiasiegerin von den Bahamas gewann Gold bei der Hallen-WM in Belgrad und bei der WM in Eugene. Dass sie die Saison nicht als Nummer eins der Welt abschloss, sondern Marileidy Paulino (Dominikanische Republik; 48,99 sec), kann Shaunae Miller-Uibo daher verkraften.
  • In Europa ist Femke Bol eine Klasse für sich. Die Niederländerin gewann in München EM-Gold über 400 Meter und 400 Meter Hürden. Über die „flache“ Stadionrunde verbesserte die Niederländerin den Landesrekord im EM-Finale von München auf 49,44 Sekunden.

leichtathletik.TV-Clips zum Langsprint

400 Meter

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

Sprint Frauen
Sprint Männer

* als Referenzwert dienen die WM-Normen des Jahres 2017

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