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SPEERWURF FRAUEN | Christin Hussong trotz kurzer Saison erneut das Maß aller Dinge

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Speerwurf der Frauen.
Nicolas Walter

Das ist 2022 passiert

Nachdem der Jahreshöhepunkt 2021, die Olympischen Spiele in Tokio (Japan), für Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) mit einem neunten Platz ernüchternd verlief, wollte die 28-Jährige in diesem Jahr bei WM und EM wieder richtig angreifen. Doch das Glück war 2022 nicht auf der Seite der dominierenden deutschen Speerwerferin. Bei ihrem Heim-Meeting unterlief ihr im Anlauf ein technischer Fehler, sodass sie den Wurf nicht halten konnte, und stürzte. Es folgten Beschwerden, die einen Start bei der DM und der WM zunichtemachten. Wenig später kam auch noch eine Corona-Erkrankung hinzu, die auch die Hoffnungen auf eine Teilnahme sowie die Titelverteidigung bei der EM im Keim erstickten.

Doch trotz der kurzen Saison war Christin Hussong erneut das Maß aller Dinge im deutschen Speerwurf der Frauen. Mit 64,87 Metern schloss sie das Jahr zum insgesamt sechsten Mal an der Spitze der deutschen Jahresbestenliste ab. Bei all ihren fünf Wettkämpfen warf sie 2022 weiter als die deutsche Nummer zwei Annika Marie Fuchs (SC Potsdam).

Für die Potsdamerin verlief das Jahr dagegen durchwachsen – und dennoch war sie es, die auf internationaler Bühne den stärksten Eindruck aller deutschen Teilnehmerinnen hinterließ. Bei der WM in Eugene (USA) zog sie mit guten 59,36 Metern ins Finale ein. Die erhoffte Leistungssteigerung blieb dort jedoch aus, 56,46 Meter bedeuteten Rang zwölf. Auch bei der EM in München erreichte die 25-Jährige das Finale, mit 54,52 Metern musste sie sich jedoch auch dort mit Platz elf zufriedengeben. Dass es für Annika Fuchs in Zukunft jedoch auch wieder deutlich weiter gehen kann, bewies sie im Juni in Eisenstadt: Mit 61,06 Metern erzielte sie die drittbeste Weite ihrer Karriere.

Nur acht Zentimeter dahinter konnte sich 2022 Lea Wipper (SC Magdeburg) in der deutschen Jahresbestenliste platzieren. Die 20-Jährige schickt sich an, den Anschluss an die internationale Spitze herzustellen. Bei der DM übertraf die Magdeburgerin erstmals die 60-Meter-Marke (60,98 m) und sicherte sich damit unverhofft den Titel vor Annika Fuchs. Bei der EM in München schied sie zwar als Neunte ihrer Qualifikationsgruppe aus, sammelte jedoch wichtige internationale Erfahrung.

Von dieser könnte künftig auch Jana Marie Lowka (Eintracht Frankfurt) profitieren, die in ihrer EM-Qualifikationsgruppe als Zehnte ausschied. Die 21-Jährige schraubte ihre Bestleistung auf 58,75 Meter und kann somit im kommenden Jahr die 60-Meter-Marke anvisieren. Dieses Projekt darf sie mit dem Selbstvertrauen eines gewonnenen Titels angehen: Im Juli wurde sie Deutsche U23-Meisterin.

Auch im Nachwuchs-Bereich schicken sich DLV-Athletinnen an, international in Zukunft konkurrenzfähig zu sein. Christina Lahrs (TSV Wehdel) kam in der Qualifikation der U20-WM bis auf 16 Zentimeter an ihre Bestleistung (52,88 m) heran und belegte im Finale den zwölften Platz. Die Deutsche U18-Meisterin Mirja Lukas (LG Coesfeld) wurde bei der U18-EM Sechste. Alyssa John (SC Potsdam), die das Finale der U20-WM nur knapp verpasste, durfte sich über den deutschen U20-Meistertitel freuen. Und mit Josefa Schepp (TSV Bayer 04 Leverkusen) die 2022 sogar noch weiter geworfen hat als die U20-WM-Teilnehmerinnen, sowie U23-Athletin Lilly Urban (Eintracht Frankfurt) sind zwei weitere Talente auf dem Sprung in die deutsche Spitze.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
WM  –  12. Platz Annika Marie Fuchs
EM  –  11. Platz Annika Marie Fuchs
U20-WM  –  12. Platz Christina Lahrs
U18-EM  –  6. Platz Mirja Lukas
EYOF  –  – 


Unser "Ass des Jahres"

Christin Hussong (LAZ Zweibrücken)
Jahresbeste in Deutschland
Platz sieben der Weltjahresbestenliste
Platz drei in Europa

Unser "Talent des Jahres"

Lea Wipper (SC Magdeburg)
Deutsche Meisterin
EM-Teilnehmerin
 

Die deutschen Top Ten 2022

Weite Name Jahrgang Verein
64,87 Christin Hussong 1994 LAZ Zweibrücken
61,06 Annika Marie Fuchs 1997 SC Potsdam
60,98 Lea Wipper 2001 SC Magdeburg
58,75 Jana Marie Lowka 2000 Eintracht Frankfurt
57,97 Dana Bergrath 1994 TSV Bayer 04 Leverkusen
56,81 Christine Winkler 1995 SC DHfK Leipzig
55,03 Joesefa Schepp 2003 TSV Bayer 04 Leverkusen
54,42 Patricia Madl 1999 LAC Passau
54,11 Emma Wörsdörfer 1998 TV Elz
53,59 Lilly Urban 2002 Eintracht Frankfurt


Statistik: Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: Speerwurf

Jahr <= 61,40* (WM-Norm 2017) Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 2 65,10 62,21 59,23
2006 2 64,39 62,68 59,83
2007 3 66,26 63,96 60,89
2008 4 68,07 64,98 60,49
2009 4 66,58 64,49 60,83
2010 3 66,66 64,25 59,85
2011 2 65,01 62,83 59,70
2012 3 65,05 62,68 59,67
2013 3 66,12 63,01 59,63
2014 3 64,69 61,91 58,65
2015 4 66,09 63,95 58,92
2016 4 65,54 63,44 58,93
2017 2 62,58 59,62 55,27
2018 2 63,47 60,50 56,92
2019 2 61,99 59,38 56,43
2020 1 61,33 59,71 56,71
2021 1 61,08 58,46 55,98
2022 1 62,30 60,73 57,76

Entwicklungen Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 70,03 (C. Obergföll) 70,03 (C. Obergföll) 0,00 71,70 (Menendez/CUB) 1,67
2006 66,91 (C. Obergföll) 66,91 (C. Obergföll) 0,00 66,91 (C. Obergföll) 0,00
2007 70,20 (C. Obergföll) 70,20 (C. Obergföll) 0,00 70,20 (C. Obergföll) 0,00
2008 69,81 (C. Obergföll) 72,28 (Spotakova/CZE) 2,47 72,28 (Spotakova/CZE) 2,47
2009 68,59 (C. Obergföll) 68,92 (Abakumova/RUS) 0,33 68,92 (Abakumova/RUS) 0,33
2010 68,63 (C. Obergföll) 68,89 (Abakumova/RUS) 0,26 68,89 (Abakumova/RUS) 0,26
2011 69,57 (C. Obergföll) 71,99 (Abakumova/RUS) 2,42 71,99 (Abakumova/RUS) 2,42
2012 67,04 (C. Obergföll) 69,55 (Spotakova/CZE) 2,51 69,55 (Spotakova/CZE) 2,51
2013 69,05 (C. Obergföll) 70,53 (Abakumova/RUS) 1,48 70,53 (Abakumova/RUS) 1,48
2014 67,32 (L. Stahl) 67,99 (Spotakova/CZE) 0,77 67,99 (Spotakova/CZE) 0,77
2015 67,69 (K. Molitor) 67,69 (Molitor/GER) 0,00 67,69 (Molitor/GER) 0,00
2016 66,41 (C. Hussong) 67,11 (Andrejczyk/POL) 1,70 67,11 (Andrejczyk/POL) 1,70
2017 65,37 (K. Molitor) 68,43 (Kolak/CRO) 3,06 68,43 (Kolak/CRO) 3,06
2018 67,90 (C. Hussong) 67,90 (Hussong/GER) 0,00 68,92 (Mitchell/AUS) 1,02
2019 66,59 (C. Hussong) 67,40 (Ogrodnikova/CZE) 0,81 67,98 (Lu/CHN) 1,39
2020 64,10 (C. Hussong) 67,17 (Khaladovich/BLR) 3,07 67,61 (Lu/CHN) 3,51
2021 69,19 (C. Hussong) 71,40 (Andrejczyk/POL) 2,21 71,40 (Andrejczyk/POL) 2,21
2022 64,87 (C. Hussong) 66,19 (Khaladovich/BLR) 1,32 68,11 (Winger/USA) 3,24

Das fällt auf:

  • Der Rückstand der deutschen Konkurrentinnen auf die in den letzten Jahren dominierende Speerwerferin Christin Hussong ist 2022 gesunken. Einerseits weil Christin Hussong nur wenige Wettkämpfe bestritt und die absoluten Top-Weiten somit ausblieben, andererseits weil mit Annika Fuchs und Lea Wipper erstmals seit 2018 auch wieder sowohl die deutsche Nummer zwei als auch Nummer drei die 60-Meter-Marke knacken konnten. Der Schnitt der deutschen Top Drei ist somit auf 62,30 Meter angestiegen.
  • Doch auch in der Breite hat der deutsche Speerwurf der Frauen zugelegt. Die Top Fünf- und Top Zehn-Werte sind so gut wie seit 2016 nicht mehr.
  • Trotz der wenigen Wettkämpfe schloss Christin Hussong das Jahr zum insgesamt sechsten Mal an der Spitze der deutschen Jahresbestenliste ab.
  • Weltmeisterin wurde die Australierin Kelsey-Lee Barber, Europameisterin Elina Tzengko aus Griechenland.
  • Der Abstand der besten deutschen Speerwerferin auf die europäische Spitze ist trotz der ausgebliebenen Top-Weite von Christin Hussong geschmolzen. Grund: Die europäische Spitzenweite ist 2022 um mehr als fünf Meter gesunken. Doch auch die Weltjahresbestweite lag in diesem Jahr mehr als drei Meter unter der von 2021. Dadurch ist der Abstand zur Weltspitze zwar angewachsen, jedoch verhältnismäßig gering.
  • Die Weltjahresbeste von 2021 Maria Andrejczyk (Polen) kam in diesem Jahr nicht über die 60-Meter-Marke hinaus. Bei der WM verpasste sie das Finale. Olympiasiegerin Liu Shiying (China) bestritt 2022 lediglich zwei Wettkämpfe.

leichtathletik.TV-Clips:

Speerwurf

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

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* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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