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HAMMERWURF FRAUEN | Neue Generation bahnt Anschluss an die Weltspitze an

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Hammerwurf der Frauen.
Silke Bernhart

Das ist passiert in 2022

Im Jahr 2021 eroberte Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt) die deutsche Spitze, im Jahr 2022 verteidigte sie diese Position fast unangefochten. Denn während die 22-Jährige ihren ersten 70-Meter-Würfen aus dem Vorjahr weitere folgen ließ und sich auf 72,14 Meter steigern konnte, blieb mit Carolin Paesler (TSV Bayer 04 Leverkusen) eine weitere deutsche EM-Kandidatin in dieser Saison, immer wieder durch kleinere Probleme ausgebremst, unter ihren Möglichkeiten. Die 70-Meter-Werferin musste bei den Deutschen Meisterschaften schließlich auch knapp ihrer Vereinskollegin Michelle Döpke den Vortritt lassen. Diese lieferte in 2022 acht ihrer zehn besten Wettkämpfe ab und durfte sich über DM-Silber sowie eine neue Bestleistung von 67,10 Metern freuen.

Paesler und Döpke sind zwei von nur insgesamt vier Athletinnen in den deutschen Top Ten, die noch vor der Jahrtausendwende geboren wurden. Die Athletinnen der U23 – zu denen auch Esther Imariagbee (Berliner TSC; 65,12 m) zählt – und der U20 sind auf dem Vormarsch, angeführt von Samantha Borutta. Sie konnte sich als einzige DLV-Athletin für die WM und die EM qualifizieren, schied dort aber bereits in der Qualifikation aus.

Weltklasse war dafür in diesem Jahr eine U20-Athletin. Und zwar eine, die auch im kommenden Jahr noch in der U20 startberechtigt ist: Jada Julien (LAC Erdgas Chemnitz) sorgte Anfang Mai in Halle mit 65,90 Metern für Furore. Im weiteren Saisonverlauf konnte weltweit nur eine andere Werferin dieser Altersklasse die 18-Jährige übertrumpfen. In Deutschland war es die beste Weite einer U20-Athletin seit dem Jahr 2000 und dem Wirken der einstigen U20-Weltmeisterin und deutschen U20-Rekordlerin Bianca Achilles.

Auf der internationalen Bühne deutete Jada Julien mit der zweitbesten Qualifikationsweite der U20-WM ebenfalls ihr Potenzial an, bevor sich jedoch im Finale mit 60,98 Metern und Platz sechs nicht alle Träume erfüllten. Dort schaffte es mit Lara Hundertmark (Einbecker SV) eine weitere Athletin des Jahrgangs 2004 auf Platz zwölf. Nur aus der Ferne zusehen durfte die ein Jahr ältere Aileen Kuhn (LAZ Ludwigsburg), die als Dritte der U20-DM das Ticket nach Cali knapp verpasst hatte. Doch auch sie steht mit ihrer neuen Bestleistung von 63,93 Metern – Platz fünf der Welt in der U20 – und einer Saison auf stabil hohem Niveau für die starke heranwachsende Hammerwurf-Generation.

Auch bei der U18-EM in Jerusalem (Israel) war der deutsche Hammerwurf doppelt vertreten: Johanna Marrwitz (Eintracht Frankfurt) belegte im Finale Platz acht, für Patricia Beck (SV 1870 Großolbersdorf e.V.) war nach der Qualifikation Endstation. Gar noch der U16 angehörig ist Nova Kienast (SV Preußen Berlin), die sich mit dem Drei-Kilo-Hammer und 65,42 Metern nur wenige Zentimeter hinter Johanna Marrwitz auf Platz zwei der deutschen U18-Jahresbestenliste einsortieren konnte. Nur anderthalb Meter fehlten zur deutschen U16-Bestleistung.


Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
U20-WM 6. Platz (Jada Julien)
12. Platz (Lara Hundertmark)
U18-EM 8. Platz (Johanna Marrwitz)
EYOF
WM
EM


Unser "Ass des Jahres"

Samantha Borutta (TSV Bayer 04 Leverkusen)

Deutsche Meisterin
WM- und EM-Teilnehmerin

Unser "Talent des Jahres"

Jada Julien (LAC Erdgas Chemnitz)

Deutsche U20-Meisterin
Sechste der U20-WM
Platz zwei der U20-Weltjahresbestenliste
 

Die deutschen Top Ten 2022

Weite Name Jahrgang Verein
72,14 m Samantha Borutta 2000 Eintracht Frankfurt
67,10 m Michelle Döpke 1997 TSV Bayer 04 Leverkusen
66,35 m Carolin Paesler 1990 TSV Bayer 04 Leverkusen
65,90 m Jada Julien 2004 LAC Erdgas Chemnitz
65,12 m Esther Imariagbee 2002 Berliner TSC
63,94 m Aileen Kuhn 2003 LAZ Ludwigsburg
62,15 m Sophie Gimmler 1996 LC Rehlingen
61,60 m Neele Koopmann 2001 SCC Berlin
61,05 m Lara Hundertmark 2004 Einbecker SV
59,96 m Cathinca van Amerom 1996 Vfl Eintracht Hannover


Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau

Jahr > 71,00*
 
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 2 71,94 70,22 66,69
2006 2 72,86 70,47 66,29
2007 2 73,19 71,02 66,72
2008 1 70,62 68,26 65,30
2009 2 73,91 69,77 65,50
2010 2 72,52 68,49 64,12
2011 2 74,42 70,51 65,40
2012 2 73,10 69,33 64,90
2013 2 72,56 68,61 64,79
2014 2 74,46 71,14 66,42
2015 2 73,04 70,66 66,26
2016 2 72,84 70,70 66,66
2017 2 70,87 69,03 65,00
2018 1 68,92 67,56 64,45
2019 68,07 65,86 62,76
2020 67,66 65,25 62,43
2021 1 68,73 67,65 65,57
2022 1 68,53 67,32 64,50

Die Entwicklung der Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 72,74 (Keil) 77,06 (Lysenko/RUS) 4,32 77,06 (Lysenko/RUS) 4,32
2006 76,55 (Heidler) 77,80 (Lysenko/RUS) 1,25 77,80 (Lysenko/RUS) 1,25
2007 75,77 (Heidler) 77,30 (Lysenko/RUS) 1,53 77,30 (Lysenko/RUS) 1,53
2008 74,11 (Heidler) 77,32 (Miankova/BLR) 3,21 77,32 (Miankova/BLR) 3,21
2009 77,12 (Heidler) 77,96 (Wlodarczyk/POL) 0,84 77,96 (Wlodarczyk/POL) 0,84
2010 76,38 (Heidler) 78,30 (Wlodarczyk/POL) 1,92 78,30 (Wlodarczyk/POL) 1,92
2011 79,42 (Heidler) 79,42 (Heidler) 0,00 79,42 (Heidler) 0,00
2012 78,07 (Heidler) 78,69 (Miankova/BLR) 0,62 78,69 (Miankova/BLR) 0,62
2013 76,48 (Heidler) 78,80 (Lysenko/RUS) 2,32 78,80 (Lysenko/RUS) 2,32
2014 78,00 (Heidler) 79,58 (Wlodarczyk/POL) 1,58 79,58 (Wlodarczyk/POL) 1,58
2015 75,73 (Heidler) 81,08 (Wlodarczyk/POL) 5,35 81,08 (Wlodarczyk/POL) 5,35
2016 75,77 (Heidler) 82,98 (Wlodarczyk/POL) 7,21 82,98 (Wlodarczyk/POL) 7,21
2017 71,25 (Küster) 82,87 (Wlodarczyk/POL) 11,62 82,87 (Wlodarczyk/POL) 11,62
2018 71,50 (Klaas) 79,59 (Wlodarczyk/POL) 8,09 79,59 (Wlodarczyk/POL) 8,09
2019 68,79 (Woitha) 76,35 (Fiodorow/POL) 7,56 78,24 (Price/USA) 9,45
2020 70,99 (Paesler) 75,45 (Malyshik/BLR) 4,46 75,45 (Malyshik/BLR) 4,46
2021 71,08 (Borutta) 78,48 (Wlodarczyk/POL) 7,40 80,31 (Price/USA) 9,23
2022 72,14 (Borutta) 78,06 (Wlodarczyk) 5,92 79,02 (Andersen/USA) 6,88

Das fällt auf:

  • Nach einer vielversprechenden Leistungsentwicklung in der Jugend und dem Titel bei der U23-EM 2021 hat sich Samantha Borutta in diesem Jahr bei Weiten um 70 Meter stabilisiert – eine gute Ausgangslage für den nächsten Leistungsschritt.
  • Hinter den erfahrenen Carolin Paesler und Michelle Döpke lauern bereits die U23- und U20-Talente: Platz vier, sechs und neun der nationalen Rangliste ist von U20-Athletinnen belegt.
  • Diese Tatsache trägt auch dazu bei, dass ein Blick in die Zukunft trotz eher stagnierender Top-Drei-, Top-Fünf- und Top-Ten-Durchschnittswerte positiv ausfallen kann.
  • International machen die US-Amerikanerinnen mächtig Druck: Nachdem WM-Gold 2019 an DeAnna Price ging, holte sich ihre Landsfrau Brooke Andersen 2022 den WM-Titel. Und auch Bronze blieb in Eugene im Land der Gastgeber, und zwar bei Janee' Kassanavoid.
  • Olympiasiegerin Anita Wlodarczyk verpasste dagegen in diesem Jahr den Kampf um internationale Medaillen: Zwar konnte die Polin erfolgreich einen Mann vertreiben, der ihr Auto stehlen wollte. Dabei verletzte sie sich jedoch so schwer am Oberschenkel, dass sie die Saison Mitte Juni abbrechen musste.
  • Die Siegesweite bei der EM in München war die kürzeste seit 1998, als der Hammerwurf ins Meisterschaftsprogramm der Frauen aufgenommen wurde: Die Rumänin Bianca Florentina Ghelber setzte sich mit 72,72 Metern durch.

leichtathletik.TV-Clips:

Hammerwurf

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Mittelstrecke Männer
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Hochsprung Frauen
Hochsprung Männer
Weitsprung Frauen
Weitsprung Männer
Dreisprung Frauen
Dreisprung Männer
Stabhochsprung Frauen
Stabhochsprung Männer
Kugelstoßen Frauen
Kugelstoßen Männer
Diskuswurf Frauen
Diskuswurf Männer

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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