| Interview

Bo Kanda Lita Baehre: „Medaille bei der Hallen-EM ist mein Ziel“

Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre hat sich im vergangenen Sommer bei der EM in München mit 5,85 Meter und der Silbermedaille in die Weltspitze und in die Herzen der Zuschauer. Kurz zuvor hatte der 23-Jährige einen Trainerwechsel vorgenommen und wird seitdem vom Südafrikaner Chauncey Johnson betreut. Wie die neuen Trainingsreize anschlagen, warum er im Alltag anders ist als im Wettkampf und warum er Armand Duplantis nicht als „Übermensch“ bezeichnen würde, erzählt der Leverkusener im Interview.
Ewald Walker

Bo Kanda Lita Baehre, Sie haben 2022 wohl das erfolgreichste Jahr Ihrer Karriere hingelegt…

Bo Kanda Lita Baehre:
Ja, das kann man wohl sagen. Da war meine erste internationale Medaille bei den Aktiven in München. Davor lag meine Leistungsverbesserung auf 5,90 Meter bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin. Zu dieser Einschätzung zähle ich aber auch meine Verbesserung im technischen Bereich.

Sie haben vor der EM in München einen Trainerwechsel vorgenommen. Was sind die Hintergründe?

Bo Kanda Lita Baehre:
Christine Adams hat mich in Leverkusen sechs Jahre lange begleitet und wir können immer noch miteinander reden. Mit Chauncey Johnson hatte ich im März im Trainingslager in Südafrika erstmals geredet und einen Zugang gefunden. Kurz vor der EM habe ich mich dann entschlossen, einen Trainerwechsel vorzunehmen.

Sie sind gerade aus dem Trainingslager in Stellenbosch in Südafrika zurückgekommen. Woran haben Sie dort vor allem gearbeitet?

Bo Kanda Lita Baehre:
Ich habe etwas anders trainiert als vorher, habe an meinen Schwächen gearbeitet, v.a: an meiner Sprinttechnik. Das Verhältnis zu Chauncey Johnson, der ja immerhin schon Tim Lobinger und Okkert Brits trainiert hat, hat sich als sehr freundschaftlich und respektvoll entwickelt. Das Trainingslager war sehr schön, v.a in einer Landschaft, die ich mit meinen afrikanischen Wurzeln als Teil meines Lebens empfunden habe.

Wenn man bei 5,90 Meter und damit in der Weltspitze angekommen ist, stellte sich die Frage: Wann sind die sechs Meter fällig?

Bo Kanda Lita Baehre:
Natürlich sind die sechs Meter was Besonderes, nur drei Deutsche haben dies bislang erreicht (Anm: Björn Otto, Tim Lobinger, Danny Ecker). Das ist etwas Außergewöhnliches. Es ist aber nicht mein direktes Ziel, sondern international konkurrenzfähig und vorne präsent zu sein.

Sie sind in Düsseldorf geboren und haben als Junge die Montessori-Grundschule besucht. Dabei geht es um einen besonderen pädagogischen Ansatz mit dem Ziel eines respektvollen Umgangs mit Kindern und Jugendlichen. Spüren Sie von dieser Erziehung heute noch etwas in sich?

Bo Kanda Lita Baehre:
Als kleiner Junge weiß man nicht, was diese Erziehung wert ist. Wir haben jeden Tag die drei ersten Stunden mit drei Stunden Freiarbeit verbracht. Das war eine kreative, sehr gute Zeit für mich. Ich habe an meinem Interesse entlang gelernt. Auch in der Leichtathletik arbeite ich sehr viel frei, mit Variationen an meinen Stärken und möchte immer offen für Neues sein.

Wie sehen Ihre Planungen für die Hallensaison aus?

Bo Kanda Lita Baehre:
Nach den Einstiegen in Cottbus, Karlsruhe und Düsseldorf ist der Höhepunkt natürlich die Hallen-EM in Istanbul. Da will ich eine Medaille holen, am besten mit Hallen-Bestleistung (Anm: 5,81 Meter).

Sie sind ein Athlet, der den Stabhochsprung als zirzensisches Ereignis gestaltet und prägt. Zirkus und Show gehört dazu. Was steckt dahinter?

Bo Kanda Lita Baehre:
Ich finde den Vergleich zwischen Stabhochsprung und Zirkus gut. Mein Vater war Schauspieler, mein Bruder auch. Vielleicht liegt das ja in meiner Familie, dass wir uns präsentieren auf einer Bühne. Es gefällt mir jedenfalls gut, in Rottach-Egern auf eine Matte im Tegernsee zu springen, oder auf einem Marktplatz mit vielen Zuschauern.

Und mit Ihrem Kopftuch spielen Sie als „Pirat“ Ihre eigene Rolle?

Bo Kanda Lita Baehre:
Das Kopftuch hat vor allem den Grund, meine langen Haare zu verstecken. Ich bin im Alltag eher eine ruhigere Person, im Wettkampf aber anders.

Sie sind mit einem Augenleiden, dem grauen Star geboren und gleich operiert worden. Ist diese Handicap inzwischen behoben?

Bo Kanda Lita Baehre:
Ich habe noch immer eine eingeschränkte Sehfähigkeit, ich bin damit aufgewachsen und kann damit leben.

Stabhochsprung heißt derzeit auch „Mondo“. Ist Armand Duplantis als Stabhochspringer ein Übermensch?

Bo Kanda Lita Baehre:
Viele denken das. Aber natürlich ist der das nicht. Und das Ziel ist, ihn irgendwann zu schlagen. 

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