| ISTAF Indoor Berlin

Jubiläum mit Höhenrausch und Sprint-Feuerwerk, Mihambo erneut nervenstark bis zum Schluss und Craft weit wie nie

Spitzenleichtathletik vom Feinsten, nichts anderes hatte das ISTAF Indoor Berlin für sein 10. Jubiläum versprochen und nichts anderes bekamen die 11.850 Fans am Freitagabend in der Mercedes-Benz-Arena zu sehen. Geprägt war das weltweit zuschauerstärkste Leichtathletik-Event unterm Hallendach dabei von gleich mehreren Highlights. Allen voran Ausnahme-Stabartist Armand „Mondo“ Duplantis aus Schweden sowie Weitspringerin Malaika Mihambo, Diskuswerferin Shanice Craft sowie starken deutschen Sprint-Zeiten.
Jane Sichting

Mussten sich die deutschen Weitsprung-Fans beim ISTAF Indoor Ende Januar in Düsseldorf bis zum letzten Versuch gedulden, bevor sie einen der bekannten weiten Sätze von Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) bestaunen durften, zeigte die „Leichtathletin des Jahres“ am Freitagabend in Berlin direkt im ersten Versuch, wohin es gehen kann, wenn sie die dazugewonnene Geschwindigkeit aufs Brett bringt. Mit 6,72 Metern setzte sie sich prompt an die Spitze und verteidigte ihren Sieg bis zum Schluss.

Nach einem durchwachsenen Wettkampf konnte sie bei ihrem letzten Sprung erneut auf ihre Nervenstärke vertrauen und ihren Vorsprung sogar noch einmal ausbauen. Zwar kam die Olympiasiegerin, zweimalige Weltmeisterin und EM-Zweite nicht an den von ihr selbst 2020 aufgestellten Meetingrekord (7,07 m) heran, kam mit 6,81 Metern jedoch nah ich ihre Saison- und zugleich deutsche Jahresbestweite heran.

„Der Wettkampf heute hat sich eigentlich ganz gut angefühlt, ich bin gut reingekommen in den Wettkampf, habe mir dann aber leider beim dritten Sprung das Knie gestaucht und musste dann erstmal wieder reinfinden. Hatte kurz noch eine physiotherapeutische Behandlung und das hat mich ein wenig aus dem Wettkampffluss rausgenommen. Aber ich bin wieder zurückgekommen, aber natürlich beeinflusst so etwas den Wettkampf. Mit 6,81 Metern bin ich trotzdem zufrieden“ sagte sie.

Schwedische Flug-Show mit Meetingrekord

Nachdem der Welt-Leichtathlet des Jahres bei seinem eigenen Meeting, den „Mondo Classics“ im heimischen Uppsala, zuletzt mit 6,10 Metern seinen bis dato besten Saisoneinstieg feierte, lieferte Armand Duplantis bei seinem einzigen Wettkampf auf deutschem Hallenboden eine blitzsaubere Serie ab und flog beinahe mühelos über Höhe um Höhe. Während die Konkurrenz längst ausgeschieden war, ließ Duplantis das Publikum zunächst über einen neuen Meetingrekord von 6,06 Meter jubeln – erst im Vorjahr hatte er diesen selbst auf 6,03 Meter geschraubt. Anschließend ließ er erneut Weltrekordhöhe auflegen, doch 6,22 Meter sollten an diesem Abend auch für den Überflieger zu hoch sein.

Höher als 6,06 Meter ist in der langen ISTAF-Geschichte, im Freien und in der Halle, noch nie ein Athlet gesprungen. Den ISTAF-Rekord hielt bis Freitagabend Stabhochsprung-Legende Sergej Bubka, der 1994 im Olympiastadion 6,05 Meter meisterte. Das war fünf Jahre vor der Geburt von Armand Duplantis. Der 6,06-Meter-Sprung war übrigens bereits der 57. Sechs-Meter-Sprung in der jungen Karriere. Erstmals nahm der Schwede bei der EM 2018 die prestigeträchtige Marke. Im Olympiastadion von Berlin.

Bester deutscher Springer war Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) auf Rang vier. Unter den Klängen des "Stäänefleejer" flog er problemlos über 5,73 Meter – Deutsche Jahresbestleistung für den 27-Jährigen. „Ich habe an die Leistung von Düsseldorf angeknüpft und mich um drei Zentimeter gesteigert. Aber natürlich würde ich gerne wieder dahin kommen, wo ich vor zwei Jahren mit den 5,86 Metern beim ISTAF Indoor in Düsseldorf war. Ich merke, dass es kurz davor ist, dass es wieder passiert. Die Sprünge waren nochmal auf einem höheren Niveau, auch wenn ich nicht ganz zufrieden bin“, sagte Blech.

Rekorde und Bestzeiten für die Sprinterinnen

Sein Vereinskollege und Vize-Europameister Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) sowie Gillian Ladwig (Schweriner SC) mussten sich in Berlin mit übersprungenen 5,60 Meter zufrieden geben. Beide Athleten haben in diesem Winter bereits eine Höhe von 5,72 Meter stehen.

Es sollte ihr erster Sieg bei ihrem „Lieblingsmeeting“ werden, doch am Ende musste sich 100-Meter-Euroameisterin Gina Lückenkemper (SCC Berlin) über die kürzeren 60 Meter unterm Hallendach der Britin Daryll Neita und Tristan Evelyn (Barbados) geschlagen geben. In einem von Saisonbestleistungen geprägten Finale war es schließlich die nach einem pfeilschnellen Vorlauf favorisierte Neita, die in persönlicher Bestzeit von 7,05 Sekunden zum Sieg sprintete. Rang zwei sicherte sich die 25-jährige Evelyn in 7,14 Sekunden – bereits ihr fünfter Landesrekorden in dieser Saison.

Lückenkemper stürmte in 7,16 Sekunden nicht nur auf Rang drei, sondern verbesserte auch die deutsche Jahresbestleistung um zwei Hundertstel. „Ich hatte in der vergangenen Woche Rückenprobleme. Im Warm-up hat sich der Rücken nicht gut angefühlt. Ich bin den Physios dankbar, dass sie mich wieder hinbekommen haben. Ich war überrascht, wie gut es doch geklappt hat. Das erklärt aber, warum ich vorne in beiden Läufen Probleme hatte. Im Finale war es besser, aber bei den anderen auch“, sagte sie.

Spannender Kampf um DM-Gold erwartet

Und weiter: „Der Topspeed muss herausragend gewesen sein, wenn dann noch eine 7,16 rauskommt. Es war total cool von der Stimmung hier. Gerade beim Vorlauf, als die Kamera voll auf mir drauf war und die Halle gebebt hat. Beim Endlauf auch. Das ist so untypisch, dass die Halle laut ist, wenn die Athleten in den Block gehen. Da sieht man, wie begeistert die Leute sind und wie sie mitgehen. Es macht super viel Spaß, als Athletin hier zu sein.“

Angesichts der ebenfalls starken Zeiten ihrer beiden EM-Gold-Staffelkolleginnen Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; 7,20 sec) und Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen; 7,22 sec) auf Rang vier und fünf freue sich Lückenkemper bereits auf den nationalen Höhepunkt in diesem Winter: „Die Deutschen Meisterschaften werden krass. Lisa hat mir schon eine Kampfansage gemacht. Wir pushen uns gegenseitig, das ist schön. Aber jeder will gewinnen, klar. Dortmund wird sehr spannend, es sind alle fit.“

Hartmann, Wagner und Ansah schnell wie nie

Dies gilt gleichermaßen für die deutsche Männer-Riege. Zwar mussten die drei Finalisten um Aufsteiger Julian Wagner (LC Top Team Thüringen), 200-Meter-Spezialist Joshua Hartmann (ASV Köln) und Owen Ansah (Hamburger SV) in Berlin dem Briten Reece Prescod den Vorrang lassen, brachten jedoch allesamt Spitzenzeiten auf die Bahn. Während Prescod mit 6,49 Sekunden nicht nur Meetingrekord, sondern auch Weltjahresbestleitung lief, schob sich Hartmann in 6,53 Sekunden auf Rang zwei ins Ziel – zugleich deutsche Jahresbestleistung. Wagner, der seine Bestzeit bereits im Vorlauf auf 6,55 Sekunden steigerte, sicherte sich Rang drei (6,56 sec) und Ansah kam in persönlicher Bestzeit (6,59 sec) auf Rang fünf. Joshua Hartmann verpasste den deutschen Rekord nur um eine Hundertstel.

„Ich bin sehr zufrieden, denn eigentlich bin ich 200-Meter-Läufer. Es war bekannt, dass mir die Beschleunigungsphase schwer fällt. Daran haben wir in den vergangenen Jahren viel gearbeitet, deswegen versuche ich mich auch an den 60 Metern. Das bietet sich perfekt an. Der Deutsche Rekord ist kein Thema für mich. Den möchte ich diesen oder nächsten Sommer über 200 Meter knacken, das habe ich mir fest vorgenommen. Die 60 Meter sind nur Training für mich. Die Stimmung war super. Es war schön, die Halle wieder so voll zu sehen wie 2019 und 2020, als ich hier laufen durfte. Das macht richtig Spaß, das Publikum trägt dich“, sagte Hartmann.

Und auch Wagner zeigt sich „sehr zufrieden, weil ich mein Niveau stabilisiert habe mit 6,56 in Erfurt sowie 6,55 und 6,56 hier. Dass Joshua vor mir war, ärgert mich gar nicht, weil er die Deutschen Meisterschaften nicht läuft. Wir trainieren viel zusammen, sind viel gemeinsam unterwegs und arbeiten hart. Da gönnen wir uns gegenseitig, dass wir alle schnell sind. Zumal das für die Staffel sehr gut ist, dass viele Jungs unter 6,60 laufen können. Trotzdem möchte ich bei den Deutschen Meisterschaften natürlich den Titel holen.“

Internationale Dominanz über 60 Meter Hürden

Über die Hürden waren die Finalläufe über 60 Meter jeweils von der internationalen Konkurrenz dominiert. Während sich bei den Frauen die Favoritin Britany Anderson aus Jamaika in rasanten 7,85 Sekunden vor der Australierin Michelle Jenneke (7,89 sec) und Natalia Christofi (8,01 sec) aus Zypern, die in Berlin ihren 26. Geburtstag feierte, durchsetzte, ging der Sieg bei den Männern an den Briten David King (7,63 sec) vor Damion Thomas (7,65 sec) aus Jamaika und dem Italiener Paolo Dal Molin (7,69 sec). Das Trio lief jeweils Saisonbestleistung. Bester Deutscher und einziger Finalteilnehmer war Gregory Minoue (TV Angermund; 8,00 sec) auf Rang sechs.

Bereits im Vorlauf vorbei war hingegen ihr Abschied vor großer Kulisse für Cindy Roleder (SV Halle; 8,30 sec). Vor 13 Jahren erstmals beim ISTAF im Berliner Olympiastadion gestartet, war ihr Auftritt beim 10. Jubiläum der Hallen-Ausgabe ihr letztes Rennen in dieser Serie. Der finale Cut folgt nach den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund (18./19. Februar). In 8,22 Sekunden auf Rang sechs lief Monika Zapalska vom TV Wattenscheid 01. Im Februar stellte sie sogar mit 8,18 Sekunden die deutsche Saisonbestzeit ein.

Diskus-Duell mehr als nur eine Zugabe – Craft überragend mit zwei Bestmarken

Ein stimmungsvoller Höhepunkt wartete schließlich noch am Ende des Abends. Weltweit in dieser Form einzigartig, standen einmal mehr die Diskuswerferinnen und -werfer im Scheinwerferlicht. Beim Diskus-Duell traten vier Diskuswerferinnen in direkten Duellen gegen vier Diskuswerfer im Modus „jeder gegen jeden“ an und sammelten jeweils Punkte für ihr Team. Nachdem bei der erfolgreichen Premiere 2019 die Ladys die Nase vorn hatten und sich 2020 die Männer revanchierten, ging der Sieg mit 31:21 Punkten bei der dritten Auflage an das Frauen-Team.

Dies war vor allem auch der starken Leistung von Shanice Craft zu verdanken. Gleich zweimal verbesserte die Athletin vom SV Halle den inoffiziellen Weltrekord – nach 64,50 Metern im ersten Versuch ließ sie die Ein-Kilo-Scheibe auf 65,23 Meter segeln. Dafür gab’s ein Rekord-Bonus in Höhe von 5.000 Euro. Komplettiert wurde das Damen-Quartett von von der Olympia- und EM-Zweiten Kristin Pudenz (SC Potsdam), der EM-Dritten Claudine Vita (SC Neubrandenburg) und der Portugiesin Liliana Cá. Ihre Gegner waren Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01), der 2016 in Rio Olympia-Bronze gewann, Henning Prüfer vom SC Potsdam, Deutschlands Top-Diskustalent und „Jugend-Leichathlet des Jahres“ Mika Sosna (TSV Bergedorf) und der Kolumbianer Mauricio Ortega, der den Südamerika-Rekord hält (70,29 m).

Die Ergebnisse lesen Sie in unserer Ergebnisrubrik.

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