| Jugend-Hallen-DM

Keine Hürde ist zu hoch: Nils Leifert und die magischen 7,77 Sekunden

Ende Februar krönte sich Nils Leifert in Dortmund zum Deutschen U20-Hallenmeister über 60 Meter Hürden. Seine Siegerzeit von 7,77 Sekunden bezeichnete er dabei als „überwältigend“. Die „Schnapszahl“ hat für den 17-Jährigen eine besondere Bedeutung: 26 Jahre zuvor hatte sein Trainer Jan Schindzielorz mit derselben Zeit bei den Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften triumphiert.
Svenja Sapper

„Völlig überwältigend“, lauteten die ersten Worte, die Nils Leifert (LAC Quelle Fürth) am Samstagabend, den 25. Februar, für seinen Finallauf bei den Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften fand. In 7,77 Sekunden hatte er zuvor Gold gewonnen und seine Bestzeit um sechs Hundertstelsekunden unterboten. Dreimal die Sieben: Eine Schnapszahl mit besonderer Bedeutung.

Denn der 17-Jährige wandelte mit seinem Ergebnis auf den Spuren seines Trainers Jan Schindzielorz. Der heute 44-Jährige war 26 Jahre zuvor, im Februar 1997, Deutscher Jugend-Hallenmeister geworden – ebenfalls in 7,77 Sekunden. Bereits im Januar erregte das Trainer-Athlet-Duo Aufmerksamkeit: In Fürth sprinteten Schindzielorz und Leifert bei einem Senioren-Hallensportfest gegeneinander. Mit 8,06 Sekunden hatte der Nachwuchs-Sprinter dabei knapp die Nase vorn.

Coach als Teilzeit-Trainingspartner

Dass sich Trainer und Athlet im direkten Duell miteinander messen, kommt häufiger vor. „Ab und zu trainiert mein Trainer selbst mit“, erzählte Nils Leifert nach seinem Gold-Coup von Dortmund. „Natürlich steht er auch oft am Rand und beobachtet, was ich mache, um meine Fehler zu korrigieren. Aber es kommt auch vor, dass wir gegeneinander laufen.“ Auch aus praktischen Gründen: Leifert ist der einzige U20-Athlet in seiner Trainingsgruppe. Diese Altersklasse überwindet 0,991 Meter hohe Hürden – ebenso wie die M45, der sein Trainer angehört.

Schindzielorz, der den damals 14-Jährigen einst beim Stützpunkttraining kennengelernt hatte und ihn seit zwei Jahren als Heimtrainer betreut, feierte in den vergangenen Jahren große Erfolge im Seniorenbereich. Der Deutsche Hallenmeister von 2004 errang Goldmedaillen bei den Masters-Welt- und Europameisterschaften und zog im Sommer 2019 kurz vor seinem 41. Geburtstag ins DM-Finale der Aktiven im Berliner Olympiastadion ein.

Während seiner „ersten“ Karriere, die er 2006 beendete, hatte er Bronzemedaillen bei Europameisterschaften der U20 und U23 gewonnen – eine weitere Parallele zu seinem Schützling, der von seinen ersten internationalen Titelkämpfen, der U18-EM in Jerusalem (Israel), im vergangenen Jahr ebenfalls Bronze mit nach Hause nahm.

Von Runde zu Runde ein bisschen stärker

Bereits dort hatte Nils Leifert seine Fähigkeiten als „Meisterschaftssprinter“ unter Beweis gestellt: Gemeldet mit einem Hausrekord von 13,79 Sekunden, verbesserte er sich im Vorlauf auf 13,67, im Halbfinale auf (windunterstützte) 13,64 und schließlich im Finale auf 13,60 Sekunden, womit er mehrere höher eingeschätzte Konkurrenten im Kampf um die Medaillen hinter sich ließ. 

Und auch in Dortmund steigerte sich der 17-Jährige von Runde zu Runde. „Die höheren Hürden fühlen sich schon anders an“, stellte er anschließend fest. „Fehler werden viel härter bestraft. Ich glaube aber, dass der Übergang zu den Männerhürden noch einmal krasser wird.“ In der nächsten Altersstufe sind die Hindernisse 1,067 Meter hoch. Im Training hat sich Leifert, der im März 18 Jahre alt wird, bereits einmal daran probiert – „aber mit Schaumstoff dran“. Kommendes Jahr wird er sich dieser Herausforderung verstärkt widmen: „Es geht darum, dass der nächste Schritt gut vorbereitet wird.“

Zwei Zehntel schneller als geplant

Erst einmal will er jedoch weiter an seiner Technik über die 0,991 Meter-Hürden feilen. Dass es in der ersten Hallensaison nach dem Wechsel von den 0,914 Meter hohen Hürden sofort mit dem deutschen Jugend-Titel und einer derart rasanten Zeit klappen würde, hatten weder das Hürden-Talent selbst noch sein Trainer erwartet. Als U18-Athlet war Leifert 7,80 Sekunden schnell gesprintet, deutsche Bestleistung seiner Altersklasse. Ein Jahr später ist er über die höheren Hürden bereits bei der „Schnapszahl“ 7,77 angekommen. Der Übergang ist optimal geglückt, lediglich zwei deutsche Athleten rannten in den vergangenen 20 Jahren in ihrer ersten U20-Saison bessere Hallenzeiten.

„Eigentlich war das Ziel für Nils, in diesem Winter unter acht Sekunden zu bleiben“, erklärte der Coach am Rande der Jugend-Hallen-DM. Eine Vorgabe, die der Fürther schon vor den Titelkämpfen übererfüllte: Mit 7,83 Sekunden reiste er als Jahresschnellster nach Dortmund, bevor ihm im Halbfinale Bruno Betz (SSV Ulm 1846) in 7,76 Sekunden die Marke abjagte. Im Finale blieb dem Ulmer nach einem Stolperer Platz drei, während Leifert sein Rennen bis ins Ziel durchziehen konnte und mit Titel und Bestzeit belohnt wurde.

Mit Blitz-Ohrring auf Rekordjagd

„Das ist eben Nils! Der ist mental so stark und schafft es immer, konzentriert zu bleiben und sich von Rennen zu Rennen zu steigern“, lobt Schindzielorz seinen Schützling. „Ich hatte natürlich im Hinterkopf, dass ich mit der besten Zeit angereist bin. Aber wenn man sich auf sich selbst konzentriert und nicht im Kopf verrückt macht, kann man auf jeden Fall mit dem Druck klarkommen“, bilanziert Nils Leifert nüchtern.

In Jerusalem gelang ihm das schon einmal optimal – womit er auch einem seiner Vorbilder bereits etwas voraus hat: Denn Devon Allen (USA), mit einer Bestzeit von 12,84 Sekunden drittschnellster Hürdensprinter der Geschichte, erreichte zwar zwei olympische Endläufe und ein WM-Finale, aber internationales Edelmetall fehlt ihm noch. Wer neben Basketball-Legende Kobe Bryant, den der 17-Jährige für seine Arbeitseinstellung und Mentalität bewundert, noch zu Leiferts Vorbildern zählt, kann der aufmerksame Beobachter bereits anhand eines modischen Accessoires erahnen: Der Blitz-Ohrring ist ein Hinweis auf Sprint-Weltrekordler Usain Bolt (Jamaika). 

Im Video:

Nils Leifert jubelt – Bruno Betz stolpert

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