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Shanice Craft will Aufwärtstrend in Leiria fortsetzen

Zurück zu neuer, alter Stärke: Diskuswerferin Shanice Craft hat bei der Winterwurf-DM in Halle/Saale aufsteigende Form gezeigt. Sie krönte sich im Flockenwirbel zur Deutschen Meisterin und sicherte sich obendrein das Ticket für den Winterwurf-Europacup in Leiria (Portugal; 11./12. März). Dort wird sie das junge aufstrebende deutsche Team anführen und peilt eine Weite in Richtung WM-Norm an.
Sandra Arm

Shanice Craft ist eine Kämpferin – im und neben dem Ring. Erst jüngst bei der Winterwurf-DM kämpfte sich die 29-Jährige in ihrem Wohnzimmer durch den Wettkampf. Allerdings waren es vor allem die äußeren Bedingungen, die beim Hallenser Diskus-Ass Kampfgeist forderten. „Der Wettkampf an sich war sehr durchwachsen. Ich habe solch einen Wettkampf mit Regen, leichtem Hagel und Riesen-Schneeflocken noch nie erlebt. Ich bin stolz auf mich, dass ich den Wettkampf so bestreiten konnte. Ich hasse es, im Regen zu werfen, und habe mich dafür sehr gut geschlagen.“ Sie steigerte ihre Saisonbestleistung auf 63,27 Meter.

Mit der Freude mischte sich auch ein wenig Unzufriedenheit – sie ärgerte sich über ihren letzten Versuch. „Er landete leider im Netz. Er hat sich sehr gut angefühlt. Aber es steht ja noch ein Wettkampf in diesem Winter an.“ Nämlich im portugiesischen Leiria. Den Winterwurf-Europacup am kommenden Wochenende hat sie fest im Blick. Dort möchte sie ihre bisherige Saisonbestleistung weiter steigern. „Ich möchte die WM-Norm [64,20 m] angreifen. Solch eine Leistung traue ich mir auf jeden Fall zu, das Potenzial dafür habe ich“, sagt die dreifache EM-Bronzemedaillengewinnerin.

Rückkehr zu „neuer, alter Stärke“

In dieser Winterwurf-Saison knüpfte Shanice Craft bisher an ihre guten Jahre an. Sie nennt es selbst „die Rückkehr zur neuen, alten Stärke“ und weiß diese Tage umso mehr zu schätzen. „Es gab auch Durststrecken, in denen ich viel lernen musste – auch über meinen Körper. Seit etwas mehr als einem Jahr bin ich bei Katja Schreiber, sie gibt mir sehr viel Energie und wir haben ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Wir sind technisch echt vorangekommen, und auch körperlich habe ich mich verändert. Das Mehr an Athletik führt dazu, dass ich meine Leistung abrufen kann“, erklärt Shanice Kraft ihren Aufschwung.

Der positive Trend setzte bei ihr teils schon im vergangenen Jahr ein. Nämlich bei der DM in Berlin, wo sie sich mit 64,64 Metern den zweiten Platz erkämpfte. Im Olympiastadion überwog bei ihr der Spaß, der sie eigentlich auch durch die anschließenden Welt- und Europameisterschaften begleiten sollte. In Eugene gelang das noch nicht: „Vor Ort lief es einfach nicht. Ich habe Lehrgeld bezahlt, aber auch das gehört dazu“, stellt Shanice Craft fest. Bei der Heim-EM in München rief sie mit Platz sieben ein gutes Resultat ab, hatte sich jedoch mehr erhofft – schließlich wollte sie eine Serie fortsetzen: Dreimal hatte sie von Europameisterschaften eine Bronzemedaille mit nach Hause gebracht, seit 2014 stets auf dem Treppchen gestanden.

Schulterprobleme in den Griff bekommen

Stattdessen jubelten Kristin Pudenz (SC Potsdam) und Claudine Vita (SC Neubrandenburg) bei der Heim-EM über Silber und Bronze. „Für die Beiden hat es mich sehr gefreut. Andererseits tat es schon weh, wenn man weiß, da gehört man auch hin.“ Shanice Craft hat gelernt, diese Wettkämpfe schnell abzuhaken. „Man muss den Wettkampf analysieren und schauen: Wo lag das Problem. Es bringt ja auch nichts, sich über etwas aufzuregen oder Gedanken zu machen. Ändern kann ich es eh nicht mehr – nur besser machen.“

Letztlich führten Schulterprobleme, die sie durch beide internationale Höhepunkte begleitete, zur Leistungsschwäche. „Im Prinzip war ein Nerv ein bisschen gequetscht, was wiederum auf die Muskeln ausstrahlte. Ich hatte das Gefühl, dass mein Brustmuskel abreißt. Mir wurde zwar gesagt, es kann nichts passieren, aber man kann dieses Gefühl nicht komplett ausschalten. Deswegen war ich auch sehr gehemmt“, konkretisiert sie ihre Einschränkungen.

Nach der Sommersaison folgte ein einwöchiger Aufenthalt im Red Bull Athlete Performance Center in Salzburg (Österreich), seither habe sie die Probleme im Griff. „Sie haben dort alles unter einem Dach: Physiotherapie, Athletiktrainer, Wissenschaftler, so dass wir in dieser Zeit sehr effektiv arbeiten konnten. Mit der Expertise konnten wir dann in Halle weiterarbeiten. Dafür habe ich Übungen an die Hand bekommen.“

Nach Hallen-Weltrekord zum Werfer-Europacup

Aus dieser Phase des Schmerzes ist Shanice Craft gestärkt hervorgegangen. Das zeigen ihre bisherigen Winterwurf-Ergebnisse: 62,25 (Halle/Saale) – 62,48 (Chemnitz) – 63,27 Meter (Halle/Saale). Noch ein wenig weiter flog ihr Diskus beim ISTAF-Indoor in Berlin. Das einzigartige Duell „Frauen gegen Männer“ ist ein Hallen-Highlight, bei dem Shanice Craft drei Mal ihre ganz persönliche Geschichte schrieb. Zuletzt im Februar, als ihre Scheibe weiter als jemals zuvor unter dem Hallendach auf 65,23 Meter flog. In den Jahren 2015 und 2020 gelang ihr ebenso schon dieser Coup des inoffiziellen Hallenweltrekords.

„Es ist wie ins Wohnzimmer kommen und macht mir einfach riesigen Spaß. Zum einen ist es schön warm, zum anderen wird unsere Wunschmusik zu den Versuchen gespielt. Das pusht mich. Ebenso schön ist es, dass das Publikum näher dran ist als im Stadion. Dieser Wettkampf gibt mir immer so viel Energie, deswegen habe ich immer Spaß und kann ihn genießen“, erklärt Shanice Craft.

Aus der Halle nun abschließend zum Winterwurf-Europacup nach Leiria. Keine Garantie für Wärme: „Im vergangenen Jahr“, erzählt Shanice Craft, „war es schon kühl und regnerisch. Ich glaube sogar, die Kampfrichter standen mit Gummistiefeln auf dem Platz.“ Umso mehr will sie sich jetzt bei ihrem neuerlichen Start von den äußeren Bedingungen überraschen lassen. Nach dem turbulenten Wetter-Mix in Halle/Saale kann die Diskuswerferin so schnell nichts mehr umhauen. Sie weiß jedenfalls, wie man sich durchkämpft – im und neben dem Ring.

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