| Interview

Lothar Fischer: "Diesen Rekord wollte ich unbedingt"

So schön bereits das vergangene Jahr mit dem Hallen-Weltrekord im Dreisprung (7,78 m) für Lothar Fischer (TG Waldsee; M85) begonnen hat, so herausragend auch seine am vergangenen Wochenende in Mannheim im Weitsprung erreichten 3,61 Meter. Damit ist der vor 18 Jahren erzielte Hallen-Weltrekord (3,60 m) des Finnen Aate Lehtimäki Geschichte.
David Deister

Lothar Fischer, seit etwa einem Jahr reiten Sie auf einer Erfolgswelle, springender Weise. Nach ihrem Weltrekord im Dreisprung (7,78 m in Ludwigshafen) sind Sie jetzt auch ein Jahr danach mit Ihrem Weitsprung von Mannheim (3,61 m) weltweit die Nummer eins unter dem Hallendach. Was bedeutet Ihnen der neue Hallenweltrekord?

Lothar Fischer: 
Diesen Rekord wollte ich unbedingt. Jetz bin ich happy über diese 3,61 Meter! Und bin froh, dass ich außer Wertung bei den Baden-Württembergischen Seniorenmeisterschaften überhaupt mitmachen durfte, beim Rekordsprung das Brett gut traf und es mit einem echten Gewaltsprung endlich gepasst hat. Ich war hoch motiviert für diesen Wettkampf, hatte eine gute Muskelspannung und fühlte mich doch leichtfüßig zugleich. Aber: Das Wollen und Können sind schließlich zwei paar Schuhe.

Die Vorzeichen waren also gut, es lief also alles erwartungsgemäß?

Lothar Fischer:
Meine Trainingsleistungen wie auch die Ergebnisse der bisherigen Hallensaison stimmten mich optimistisch, den Rekord knacken zu können. Mannheim war für mich für dieses Jahr die letzte Gelegenheit, diese Leistung unter Beweis zu stellen, was mich schon etwas unter Druck gesetzt hat. Einmal mehr war ich doch innerlich sehr aufgeregt. Ich war nervös, und bin es, selbst wenn ich Tage später davon erzähle, immer noch.

Wann und wie war das Abschlusstraining?

Lothar Fischer:
Das lief, drei Tage vor dem Wettkampf, wieder mal echt gut. Ohnehin sind die Trainings- und Testleistungen nicht mein Problem. Auch mit meinen Sprüngen aus dem 3- und 5 Schritte-Anlauf war ich zufrieden. Anlaufkontrolle und Technikgefühl stimmten.

Haben Sie einen Trainer, eine Trainingsgruppe um sich herum?

Lothar Fischer:
Ich bin trainerlos, bin mein eigener Trainer, also Autodidakt. Ein wichtiger Leitfaden meines Trainings ist die Lektüre „Trainingsanleitungen“ von Toni Nett aus dem Jahr 1950 geworden, für mich noch immer aktuell. Dreimal in der Woche sind wir, aus verschiedenen Vereinen kommend, meist zu zehnt in der Ludwigshafener Leichtathletikhalle. Am Ende sind wir zwar meist solo unterwegs. Uns verbindet aber das regelmäßige Training, immer zur gleichen Hallenzeit zwischen 9:00 und 11:00 Uhr. Wenn ich dort montags, mittwochs und freitags im Kreis meiner Ludwigshafener Community springen kann, dann geht es mir gut, einfach sehr gut.

Gibt es eine bewährte Paradeübung, bei der Sie im Erfolgsfall sagen: „Ja, jetzt bin ich gut drauf, gut vorbereitet, der nächste Wettkampf kann kommen!“?

Lothar Fischer:
Ich mache nur Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, viele Sprünge, gehockte und einbeinige. Irgendwann habe ich einmal von irgendwem einen Test-Tipp aufgeschnappt, eine Sprungkombination, die ich heute noch durchexerziere: Fünf einbeinige Sprünge mit links, dann fünfmal rechts und – ebenso direkt anschließend – weiter mit fünf Schlusssprüngen. Da können die Trainingsleistungen sich auch einmal um ganze zwei Meter unterscheiden.

Und sind es die Leistungen in Metern und Zentimetern, die Titel und Medaillen oder aber sind es die Eintragungen in den Rekordlisten – was motiviert Sie besonders?

Lothar Fischer:
Wenn man erst einmal den Rekordwerten so nahe ist, will man die auch erreichen. Von daher ist die eigene Leistung für mich viel wichtiger als die bloße Platzierung. Rekorde, oder besser die Aussicht auf Rekorde, spornen mich an. Ich studiere gerne die Ergebnislisten, die pushen mich und sind eine Triebfeder dranzubleiben.

Topleistungen brauchen auch optimale Umfeldbedingungen. Sie sind Sportler und Springer durch und durch, und als vierfacher Opa und dreifacher Urgroßvater Familienmensch. Welche Rolle spielt die Familie?

Lothar Fischer:
Ganz egal, wohin die internationalen Meisterschaften uns früher führten, wie z. B. Australien und Südafrika, meine Frau Renate organisierte alles, legte Wert darauf, nach den Sportevents auch Land und Leute kennenzulernen. Wir hatten viele schöne gemeinsame Erlebnisse und besondere Erfahrungen. Und jetzt ist es zuallererst meine Tochter Petra, die mich so großartig unterstützt und mich zu den großen Wettkämpfen begleitet.

Reisen bildet?

Lothar Fischer:
Und prägt. Es sind dies auch diese einzigartigen Erlebnisse im Masters-Sport, wenn du nach ein paar Monaten oder Jahren der Pause deine Konkurrenten und Bekannten wiedersiehst. Und wenn man sich auf anderen Kontinenten trifft, ein ehrliches Interesse aneinander hat und sich schätzt. In anderen Ländern bin ich mit meiner Leistung sehr anerkannt.

Mit ihren Weltrekorden in der M85 haben Sie auf dem Planeten schon einmal indoor neue Top-Standards gesetzt. Welche Ziele bringt der Sommer?

Lothar Fischer:
Mönchengladbach (Deutsche Meisterschaften am 12./13. August) und Pescara (Italien; Masters-Europameisterschaften vom 21. September bis 1. Oktober) habe ich auf jeden Fall in Augenschein genommen. Ich hoffe, dass es der Herrgott gut mit mir meint, ich verletzungsfrei bleibe und alles problemlos funktioniert. Dann werde ich auch dort springen.

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