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Robin Ganter – Zwischen Sprintbahn und Vollzeitjob

Zehn Athletinnen und Athleten, die noch nie einen Titel bei Deutschen Hallenmeisterschaften gewonnen haben, standen Ende Februar in Dortmund ganz oben auf dem nationalen Podium. Einige von ihnen sind schon länger Teil der DLV-Spitze, die meisten dagegen neue Gesichter. Wir stellen sie vor. Heute: Sprinter Robin Ganter (MTG Mannheim).
Jan-Henner Reitze

Robin Ganter
MTG Mannheim

Bestleistungen:
60 Meter: 6,65 sec (2023)
100 Meter: 10,32 sec (2020)
200 Meter: 20,76 sec (2022)

Erfolge:
Deutscher Hallenmeister 2023 (200 m)

In den vergangenen Jahren hat eine neue Generation im Sprint der Männer im DLV das Kommando übernommen. Mit Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar), Deniz Almas (VfL Wolfsburg), Marvin Schulte (SC DHfK Leipzig), Lucas Ansah-Peprah und Owen Ansah (beide Hamburger SV) hat sich eine Reihe von Athleten in die Siegerliste bei Deutschen Meisterschaften eingetragen, von denen noch keiner älter als 25 Jahre ist. Allerdings drängen schon wieder die nächsten, noch jüngeren Athleten in die Sprintspitze. Allen voran Robin Ganter (MTG Mannheim). Der U23-Athlet holte bei der Hallen-DM in Dortmund nicht nur den Titel über 200 Meter in der Männerklasse, sondern war auch bei der Hallen-EM über 60 Meter am Start.

Und einiges spricht dafür, dass der 22-Jährige noch weiter durchstarten kann. Erst seit dem vergangenen Sommer konzentriert er sich sportlich ausschließlich auf den Sprint. Vorher gehörten auch die Hürden gleichwertig zu seinem Trainingsplan. Außerdem arbeitet der Kfz-Mechatroniker in Vollzeit. „Deshalb kann man schon davon sprechen, dass die Leichtathletik noch immer eher ein Hobby ist, natürlich ein leistungsorientiertes“, erzählt der Aufsteiger. „Ich kann mir vorstellen, meine Arbeitszeit zu verringern, um mehr Zeit zur Regeneration zu haben. Geplant ist das aber noch nicht.“

Einen Start im Nationaltrikot hat er sich für dieses Jahr vorgenommen, aber nicht bei den Erwachsenen. Die U23-EM im Sommer in Espoo (Finnland; 13. bis 16. Juli) ist das Ziel.

Leichtathletik liegt in der Familie

Seit seiner Kindheit gehört Leichtathletik zum Alltag von Robin Ganter, auch seine Mutter und sein Vater sowie sein Opa waren in dieser Sportart aktiv. „Mit vier Jahren habe ich angefangen. Meine Eltern haben mich auch animiert, andere Sportarten auszuprobieren. Dort habe ich reingeschnuppert. Aber weitermachen wollte ich nur mit der Leichtathletik und habe bis heute Spaß daran“, erklärt er.

Bei seinem ersten Verein, der DJK Hockenheim, standen ganz klassisch alle Disziplinen vom Sprint und Sprung über Wurf bis hin zu längeren Strecken auf dem Trainings- und Wettkampfplan. Damals waren es vor allem die Hürden, über die der junge Athlet auf Landesebene zu den Schnellsten in seinem Jahrgang zählte.

Mit dem Aufstieg in die Altersklasse M13 folgte der Wechsel zur MTG Mannheim. Das Training wurde gezielter und schlug an. In der Altersklasse M14 gehörte Robin Ganter 2015 über 80 Meter Hürden (11,64 sec), im Stabhochsprung (3,02 m) und im Blockmehrkampf Sprint/Sprung (2.900 pt) zu den 30 besten Athleten im DLV. Ein Jahr später nahm er bei der U16-DM in Bremen erstmals in einer Einzeldisziplin an Deutschen Meisterschaften teil und belegte im Finale über 80 Meter Hürden Rang fünf (11,02 sec). Mit der Staffel lief es bei diesem Wettkampf nicht. Das Mannheimer Quartett überlief einen Wechselraum und wurde disqualifiziert.

Gemeinsames Feiern war dann zwei Jahre später bei der Jugend-DM in Rostock angesagt. Im Staffel-Finale der männlichen Jugend U18 trug Robin Ganter das Holz als Erster über die Ziellinie und die Jungs der MTG durften Gold bejubeln (42,15 sec). Auch im Einzel nahm der damals 17-Jährige seine erste DM-Medaille mit nach Hause: Bronze über 110 Meter Hürden (14,09 sec). „Zu diesem Zeitpunkt wurde mir langsam bewusst, dass ich in der Leichtathletik wirklich etwas erreichen kann.“

Corona-Absage verhindert internationales Debüt

Seine Hürdenleistungen hatten Robin Ganter längst in den Landeskader und zu Trainer Marlon Odom in Stuttgart gebracht, wo er regelmäßig Einheiten absolvierte und der die Trainingsplanung übernahm. Aber auch im Flachsprint entwickelte sich die Leistungsfähigkeit in Richtung der nationalen U20-Spitze. Das zeigte sich eindrucksvoll bei der Jugend-DM 2020 in Heilbronn. Dort gewann der damals 19-Jährige jeweils Silber über 100 Meter (10,60 sec) und 110 Meter Hürden (13,98 sec), außerdem belegte er über 200 Meter Rang vier (21,60 sec).

Eine Staffel gab es bei der Meisterschaft coronabedingt nicht. Und das war nicht der einzige Verlust durch die Pandemie. Auch die in Nairobi (Kenia) für den Sommer 2020 geplante U20-WM war um ein Jahr verschoben worden. „Ich war vorne dabei, sodass ich es in die Mannschaft hätte schaffen können, aber Corona hat das verhindert.“ 2021 gehörte er nicht mehr der U20-Alterklasse an, letztendlich fuhr auch in dem Jahr kein DLV-Team zu der Meisterschaft.

Corona-Beschränkungen prägten auch in Deutschland weiter den Trainings- und Wettkampfalltag, außerdem entschloss sich Trainer Marlom Odom, zurück in die USA zu ziehen. Die Trainingsplanung kommt aber bis heute von ihm aus der Ferne. Die Betreuung vor Ort hat Vater Harald Ganter übernommen. „Er ist bei der MTG Mannheim sonst Trainer von jüngeren Athleten“, erzählt Robin Ganter. Fortschritte brachte die Saison 2021 nicht.

2022 bringt Happy-End und Spezialisierung nach Verletzungssorgen

Wenig vielversprechend begann auch das Jahr 2022. Ein Muskelfaserriss machte Wettkämpfe in der Halle unmöglich und beim Wettkampfeinstieg im Sommer über 110 Meter Hürden in Weinheim (14,55 sec) zog sich Robin Ganter eine schmerzhafte Fersenprellung zu. Es sollte der bisher letzte Wettkampf in dieser Disziplin gewesen sein. „Wegen der Fersenprellung konnte ich nur eingeschränkt trainieren, vor allem keine Hürden.“

Dennoch blieb nur eine Woche später in Regensburg die Uhr im 100-Meter-Sprint bei 10,41 und 10,40 Sekunden stehen. Die zwei Jahre alte Bestzeit war gleich um zwei Zehntel unterboten. Und so konzentrierte sich der Athlet für den Rest des Sommers auf den Flachsprint – und das mit Erfolg. Bei der U23-DM in Wattenscheid stand er gleich zweimal ganz oben und stellte seine bis heute gültigen Bestzeiten über 100 (10,32 sec) und 200 Meter (20,76 sec) auf. Schon vorher war der Sprinter bei der DM in der Männerklasse in Berlin auf Platz sechs über 100 Meter (10,33 sec) gelaufen.

Diese Entwicklung besiegelte endgültig die Entscheidung, auch im Aufbautraining ganz auf den Sprint zu setzen. „Vorher hatte ich zweimal die Woche Hürdeneinheiten. Die sind weggefallen. So waren etwa ein weiteres Mal Tempoläufe oder Starts möglich.“ Auch technisch steht jetzt ganz der etwas raumgreifendere Sprintschritt im Vordergrund. Bei den Hürden kam es vor allem auf die Schrittfrequenz an.

Hallensaison bringt Medaillenglanz und internationales Debüt

Die Hallensaison zeigte, dass der eingeschlagene Weg ein schneller ist. Über 60 Meter drückte Robin Ganter seine Bestleistung bis auf 6,65 Sekunden, was ihm bei der Hallen-DM in Dortmund die die Silbermedaille einbrachte. Über 200 Meter durfte er einen Tag später nach einer starken Zielgeraden und Bestzeit (21,19 sec) sogar nach ganz oben aufs Treppchen. Obendrauf gab es Silber mit der 4x200-Meter-Staffel (1:26,27 min) und die Nominierung für die Hallen-EM in Istanbul (Türkei) über 60 Meter.

Dort bestätigte der 22-Jährige mit Zeiten von 6,67 Sekunden im Vorlauf und 6,68 Sekunden im Halbfinale sein Niveau auch beim Debüt im Nationaltrikot gegen starke Konkurrenz. Das ist eine wertvolle Erfahrung, die im Sommer weiterhelfen kann. Da steht das eigentliche internationale Jahresziel bevor: Die U23-EM. Die Normen über 100 Meter (10,40 sec) und 200 Meter (20,90 sec) hat der Deutsche Hallenmeister im vergangenen Sommer schon unterboten. Langfristig möchte er auch bei den Männern bei internationalen Großereignissen dabei sein.

„In diesem Jahr ist das von der Planung her schwierig, weil die U23-EM direkt in der Woche nach den Deutschen Meisterschaften in Kassel ist“, sagt Robin Ganter. Um ins Team für die WM in Budapest (Ungarn; 19. bis 27 August) zu gelangen, ist ein DM-Start Voraussetzung. Der U23-Athlet ist also hochmotiviert, die inzwischen schon etablierten Athleten der neuen Sprint-Generation im DLV weiter herauszufordern.

Video-Interview: Robin Ganter: "Ich bin mega happy"
Video: Robin Ganter der Schnellste auf der Hallenrunde
 

Das sagt Bundestrainer David Corell:

Robin hat schon im vergangenen Sommer einen großen Schritt über 100 und 200 Meter gemacht – mit seinen Titeln bei der U23-DM. Zur Halle hin hat er seine Beschleunigung noch einmal verbessert, seine Entwicklung in diesem Winter deutete sich schon beim Messplatztraining im Dezember in Kienbaum an. Robin hat sich verdient über 60 Meter für die Hallen-EM qualifiziert. Dort hat er seine Leistung auch im Umfeld einer großen Meisterschaft abgerufen und sich gut verkauft. Auch der Titel bei der Hallen-DM über 200 Meter macht Hoffnung auf eine weitere positive Entwicklung in der Freiluft-Saison. Großes Ziel ist die U23-EM, wo er mit seinem Leistungsvermögen ganz weit vorne mitrennen kann.

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