Flash-Interviews vom Europacup in Annecy
Die deutsche Mannschaft kämpfte beim Europacup in Annecy erfolgreich um wichtige Punkte in den Teamwertungen und vor allem um die Qualifikation für den Weltcup im September in Madrid, die mit jeweils Platz zwei unter Dach und Fach gebracht werden konnte. leichtathletik.de hat für Sie vor Ort einige Stimmen der deutschen und internationalen Athleten gesammelt.
Rüdiger Nickel zog zum Ende des Europacups in Annecy ein positives Fazit (Foto: Kiefner)
Rüdiger Nickel (DLV-Vize-Präsident Leistungssport):Ich glaube, wir haben nicht nur Glück gehabt, sondern Männer, die Muskeln gezeigt haben und die Frauen haben bewiesen, dass sie sich auch mehr als nur sehen lassen können. Der Europacup hat hier auch zwei Nebeneffekte gehabt. Einen besseren Startschuss für die EM kann man sich nicht wünschen. Leichtathletik ist wieder als Event rüber gekommen. Ich denke, dass der Europacup nicht tot ist und von seiner Spannung lebt. Ich fand es faszinierend, dass fast alles passieren kann. Aus deutscher Sicht ist zu sagen, dass wir noch ein paar Einzelkönner produzieren müssen, weil wir nur zwei Siege erreicht haben. Wir haben aber mit unseren vier Sorgenkindern Grit Breuer, Heike Drechsler, Lars Riedel und Raymond Hecht noch etwas in der Hinterhand. Michael Möllenbeck und Tim Lobinger überzeugen momentan durch Konstanz im Topbereich. Sina Schielke, Kirsten Bolm und unsere Staffeln haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Auch Bianca Kappler, Mike Fenner und Yvonne Buschbaum sind hervorzuheben.
Susanne Keil (Hammerwerfen, 5. Platz; 65,13 m)
Es war heute leider nur Durchschnitt. Eigentlich hätte ich den dritten Platz machen müssen. Ich ärgere mich darüber ein bisschen. Ich kam heute irgendwie nicht an den Hammer "dran". Ich muss das mit meinem Trainer noch analysieren. Besondere Erkenntnisse kann ich spontan aus dem Wettkampf nicht ableiten. Mal läuft es besser, mal nicht so. Olga Kuzenkova hat sich sehr stark zurückgemeldet.
Mike Fenner (110 m Hürden, 2. Platz, 13,33 sec)
Ich bin absolut zufrieden, nachdem ich zuletzt Achillessehnenprobleme hatte. Die Zeit freut mich total. Wir wissen ja um die Qualitäten von Colin Jackson. Ich war mittendrin an ihm dran, habe aber dann etwas den Rhythmus verloren. Das hat Zeit gekostet. Dass ich jetzt das EM-Ticket sicher habe und mit in Ruhe auf München vorbereiten kann, ist ein schöner Nebeneffekt. Auch die Punkte für die Mannschaft waren ein zusätzlicher Anreiz. Jetzt will ich eine ähnlich gute Saison wie 1998 haben.
Kirsten Bolm (100m Hürden, 2. Platz, 12,85 sec)
Es war etwas zu heiss heute. Ich habe mit einer ähnlichen Zeit bereits gerechnet. Patricia Girard war extrem stark. Sie ist mit ihrer Form momentan weiter als ich. Ich glaube, dass mein Finish heute nicht perfekt war, dafür war mein Start heute keine Katastrophe. Für mich war es wichtig, gegen die europäische Konkurrenz zu laufen, nachdem ich zuhause praktisch nur gegen mich antrete. Ich war heute schrecklich aufgeregt. Aber ich denke, ich habe meine Erwartungen geholt und bin froh, dass ich wichtige Punkte für die deutsche Mannschaft geholt habe. In München werde ich neben Patricia Girard sein.
Nils Schumann (800m, 2. Platz, 1:46,99 min)
Ich hätte gerne den Sieg errungen und hatte eine andere Taktik erwartet. Ich konnte mich gut an Yuri Borzakovsky orientieren. Obwohl er auf der Zielgerade nicht mehr schneller wurde, war dort das, was mir noch fehlte. Aber das kann ich in den nächsten Wochen aufholen.
Damian Kallabis (3000m Hindernis, 2. Platz, 8:32,94 min)
Das Rennen war genauso, wie ich dachte. Die ersten 1000 Meter mittel, dann langsam und danach wieder schnell. Ich hätte vielleicht noch mehr Kamikaze gehen können, aber es war mir wichtig, den Russen hinter mir in Schach zu halten. Dass ich jetzt das EM-Ticket sicher habe, hat für mich einen hohen Stellenwert. Die Saison ist jetzt schon positiv verlaufen, egal wie es weitergeht.
Michael Möllenbeck (Diskuswerfen, 1. Platz, 66,82 m)
Ich hatte mich heute ganz auf Dimitri Schevchenko konzentriert. Er blieb aber fünf Meter unter dem, was er schon gezeigt hat. Ich habe heute vernünftig geworfen und gewonnen. Es freut mich doppelt, dass ich den ersten Sieg für die deutsche Mannschaft geholt habe. Nach fast 65 Metern im ersten Versuch habe ich schnell den Klimahammer bekommen, aber im vierten Versuch ging es noch einmal weiter. Deshalb, wer weiss, was passiert wäre, wenn ich noch zwei Würfe mehr gehabt hätte. Im Hinblick auf die EM hatte der Wettkampf hier für mich keinen Stellenwert, weil noch einige Granaten in ihren Ländern lauern. Ich denke, mit so einer Weite wird man bei der EM nicht gewinnen. Dort werden alle weiter werfen als hier. Aber dann stehe ich wieder auf dem Treppchen.
Kathryn Holinski (Hochsprung, 3. Platz, 1,93 m)
Ich wollte hier die Bestleistung angehen und das hat geklappt. Die Versuche über 1,95 Meter waren immer knapp. Ich dachte eigentlich, ich würde Fünfte werden, aber am Ende kam der dritte Platz dabei raus. Es war heute ziemlich heiss. Im Vergleich zur Hallen-EM in Wien fehlte hier etwas die Aufmerksamkeit der Zuschauer.
Melanie Schulz (3000m Hindernis, 3. Platz, 9:49,79 min)
Es war nicht das, was ich mir vorgenommen hatte und eine richtige Hitzeschlacht. Ich hatte noch auf den zweiten Platz spekuliert. Damit hätte ich mir auch das EM-Ticket über die 5000 Meter sichern können. Ich bin hier zum ersten Mal gegen so hochklassige Frauen gelaufen, es war mein drittes Frauenrennen über die Hindernisse überhaupt. Ich habe mich ganz wohl gefühlt.
Tim Lobinger (Stabhochsprung, 1. Platz, 5,75 m)
Die Höhe war heute okay, weil es sogar im Schatten so heiss war. Auch der Wind hat ständig gewechselt. Bei richtig guten Bedingungen hätte ich mir heute eine neue Weltjahresbestleistung zugetraut. Aber die erste Höhe war von Kopf her schon sehr schwer, weil ich keinen Salto Nullo machen wollte. Da habe ich schon viel Kraft gelassen. Es ist für die deutsche Leichtathletik sehr wichtig, sich für den Weltcup zu qualifizieren. Deshalb freue ich mich, dass ich als Mannschaftsführer meinen Anteil leisten konnte.