Frank Busemann mit Matrikel- statt Startnummer
Seit knapp zwei Wochen läuft das Wintersemester 2002/2003. Und seitdem ist Zehnkämpfer Frank Busemann abends ziemlich geschafft. Nicht des Trainings wegen. Nein, der Grund ist ein anderer: „Ich habe mich nach vier Semestern Pause entschlossen, mein Studium der Wirtschaftswissenschaften voranzutreiben“, berichtet der für den TSV Bayer 04 Leverkusen startende Athlet. „Mein Stundenplan ist wie der eines ganz normalen Studenten.“ Fünf Mal pro Woche sitzt der 27-jährige gelernte Bankkaufmann in Hörsälen und Seminarräumen der Bochumer Uni. „Abends bin ich immer fix und fertig. Aber nebenher zu studieren ist viel besser als nur zu trainieren.“
Derzeit konzentriert sich Frank Busemann neben dem Sport auch auf die Uni.
Im neunten Semester ist Busemann angekommen. „Vom Stoff her sind es allerdings nur zwei oder drei“, schränkt er ein. Doch in diesem Wintersemester will der Olympiazweite von 1996 einiges aufholen. Das Feld von hinten aufrollen, sozusagen: „Wo die Hörsäle sind, weiß ich mittlerweile, mit der Studienordnung kenne ich mich aber noch nicht so aus. Ich fühle mich wie ein Ersti.“ Doch Busemann hat anderen Erstis gegenüber einen enormen Vorteil. Der heißt Katrin. Katrin ist seine Freundin. „Und meine Unimanagerin“, erzählt der Mehrkämpfer lachend. „Sie hat das Gleiche studiert und ist mittlerweile fertig.“ Fertig werden möchte auch Frank Busemann eines Tages. Doch bis dahin ist es noch ein bisschen hin.Das Traumziel als unerreichbar hinten angestellt
„Wegen des Studiums werde ich aller Voraussicht nach keine Hallensaison bestreiten, will im Sommer aber wieder dabei sein“, schaut der Schützling von Bernd Knut in die Zukunft. „Noch stehe ich nicht wieder im Training, fahre nur Rad, mache Gymnastik und Krafttraining.“ Im Dezember soll es dann richtig los gehen. „Aber nicht mit der Brechstange“, betont Busemann. „Es geht darum, mir ein solides Fundament zu erarbeiten.“ Vor allem im Bereich Sprint/Sprung wolle er zulegen, um an die Leistung von 1996 anknüpfen zu können: „Endlich mal wieder eine 70er Zeit über 100 Meter zu laufen und unter 14 Sekunden über die Hürden – das wäre schon toll.“ Es geht um eine Punktzahl von über 8706. „Meine Bestleistung zu verbessern ist das oberste Ziel. Sonst hätte ich schon nach Atlanta aufhören können.“ Den großen Traum, einmal 9000 Punkte zu erreichen, habe er beiseite geschoben. „Der ist momentan als unerreichbar hinten angestellt.“
Grund sind die vielen Rückschläge der vergangenen Jahre. Nachdem sich Busemann 2001 beim DLV-Mehrkampfmeeting in Ratingen am linken Wurfarm verletzte, drohte seine Karriere zu enden, denn Speerwerfen schien mit diesem Arm zukünftig unmöglich. Und so entschied sich der Leverkusener mit rechts zu werfen. Doch im Training kamen nur 38 Meter heraus. Zudem stellten sich Probleme mit der Achillessehne ein, die aus den Würfen mit rechts resultierten. „Deshalb wollte ich in diesem Jahr in Ratingen auch wieder mit links werfen.“ Doch dazu kam es nicht, denn Busemann verletzte sich am Fuß und musste nach drei Disziplinen enttäuscht aufgeben.
Anderthalb Jahre Pause taten dem angeschlagenen Wurfarm gut
Mittlerweile ist die Enttäuschung der Zuversicht gewichen. Das Missgeschick könnte sich nämlich als Vorteil erweisen. „Der linke Arme hat anderthalb Jahre Pause gehabt. Jetzt kann ich ihn schon wieder viel besser und schmerzfreier bewegen. In Kürze werde ich auch anfangen zu turnen, um ihn zu trainieren, denn der Umstieg auf rechts ist missglückt. Ich habe aber das Gefühl, es geht auch wieder mit links.“
Doch bis zum nächsten Speerwurf ist es noch eine Weile hin. Erst mal ist Uni statt Sportplatz, Bleistift statt Speer und Matrikelnummer statt Startnummer angesagt.