| Zukunft des Mehrkampfs

Achtkampf statt Zehnkampf? Reform-Idee sorgt für Wirbel

Paul Meier, 1993 WM-Dritter im Zehnkampf und Präsident des deutschen Zehnkampf-TEAMS, hat die Idee eines Achtkampfs anstelle des Zehnkampfs ins Spiel gebracht. Viele deutsche Trainer und Athleten sind empört.
Silke Bernhart

Wie können wir den Mehrkampf noch attraktiver, noch besser, noch interessanter machen? Diese Frage vereint ganz sicher sowohl die Protagonisten als auch die Liebhaber des Zehn- und Siebenkampfs. Eine Idee aber sorgt zurzeit für mächtig Aufregung: Paul Meier, WM-Dritter im Zehnkampf von 1993, hat Ende Juni einige Vorschläge präsentiert, wie man den Mehrkampf voranbringen kann, und dabei auch die Variante eines Achtkampfs zur Diskussion gestellt.

Der Vorschlag ist nur eine von mehreren Ideen, den „Königs-Wettbewerb“ der Leichtathletik wieder mehr in den Mittelpunkt von internationalen Meisterschaften zu rücken. Denn allzu oft absolvieren die „Könige der Athleten“ die Mehrzahl ihrer Disziplinen im Vorprogramm, während der Mittagspause und vor leeren Zuschauerrängen, bevor sie am zweiten Abend nach neun Disziplinen zumindest beim 1.500-Meter-Lauf und auf der Ehrenrunde gebührend bejubelt werden.

Achtkampf als das kleinere Übel?

Der Weltverband IAAF diskutiert seit geraumer Zeit die Geschlechter-Gleichheit und damit auch den Zehnkampf der Frauen. Zehnkampf der Frauen? Dann doch lieber Achtkampf der Männer, ohne Stabhochsprung und Diskuswurf. Um weltweit mehr Nationen für die trainings- und technikintensiven Mehrkämpfe zu gewinnen. Und um das Programm kompakt an zwei Abendveranstaltungen präsentieren zu können. So lautet eine der Ideen von Paul Meier, die er im Vorfeld des Mehrkampf-Meetings Ende Juni in Ratingen bei einer Sitzung des Zehnkampf-TEAMS präsentierte.

Im Zehnkampf-TEAM haben sich Trainer, Athleten, das medizinische Team sowie Förderer und Liebhaber des Zehnkampfs zusammengeschlossen. Paul Meier ist der Präsident. Einer der Gründe für die Empörung, die seine Vorschläge jetzt hervorrufen, denn viele Mitglieder des Teams fühlen sich vom Vorstand nicht mehr in ihren Interessen vertreten. Er habe diesen Vorschlag als "Paul Meier" gemacht „und nicht in offizieller Funktion als Präsident des Zehnkampf-TEAMs oder gar als Sprachrohr des deutschen Zehnkampfs“, erklärte der 46-Jährige anschließend. Er sei ein „Versuch, Bewegung in die Szene zu bringen.“

Bundestrainer treten aus Zehnkampf-TEAM aus

Nicht anwesend waren bei der Team-Sitzung in Ratingen unter anderem die Bundestrainer im Siebenkampf und Zehnkampf Wolfgang Kühne und Rainer Pottel sowie der WM-Dritte Rico Freimuth (SV Halle) und der Olympia-Vierte Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied). Umso überraschter waren diese, als sie nach dem Zehnkampf von Ratingen mit der Idee konfrontiert wurden. Als „abwegig und nicht durchdacht“ bewertete Kai Kazmirek in einem <link http: www.faz.net aktuell sport mehr-sport zehnkaempfer-kai-kazmirek-im-interview-ueber-reformideen-15078508.html _blank link zum faz-interview mit kai>FAZ-Interview den Vorschlag. „Wer sich als Präsident des Zehnkampf-Teams hinter eine solche Idee stellt, erweckt den Eindruck, wir stünden dahinter“, sagte Rico Freimuth.

Als Zeichen des Protests traten beide Athleten sowie ihre Trainer Wolfgang Kühne, Rainer Pottel und Jörg Roos aus dem Zehnkampf-Team aus und formulierten ihre Kritik und Bedenken in einem offenen Brief, den die <link http: www.faz.net aktuell sport mehr-sport athleten-trainer-reagieren-auf-achtkampf-idee-mit-protest-15092859.html _blank link zum>FAZ am Donnerstag zitierte. „Für uns ist der Zehnkampf eine Ideologie. Er ist seit seiner Olympischen Einführung vor 105 Jahren zu einer Marke in Deutschland und aller Welt geworden“, heißt es in diesem. „Wenn mir Zehnkampf am Herzen liegt und ich nicht einverstanden bin, ist Austritt ohne Diskussion die denkbar schlechteste Möglichkeit“, entgegnete Paul Meier.

„Traditionelle Werte wichtig für den Bestand einer Sportart“

Für den Leitenden Direktor Sport im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) Idriss Gonschinska sind die Überlegungen zur besseren Präsentation des Mehrkampfs nicht neu. In IAAF-Gremien zur Anpassung des Siebenkampfs an den Zehnkampf ist er selbst an den Diskussionen beteiligt und bewertet das Thema der „Gender Equality“ als durchaus interessant. Die Vehemenz und Emotionalität, mit der in Deutschland nun aber der Achtkampf diskutiert beziehungsweise abgelehnt wird, hat auch ihn überrascht.

„Wir alle haben ein Interesse daran, den Mehrkampf noch besser und greifbarer zu präsentieren. Und ich finde es toll, dass die Leute so emotional hinter dem Mehrkampf stehen und überlegen, wie sie ihn voran bringen können“, sagt er, fügt aber auch hinzu: „Deutschland ist ein Land mit einer großen Zehnkampf-Tradition. Und ich bin davon überzeugt, dass trotz allen Fortschritts traditionelle Werte für den Bestand einer Sportart wichtig sind.“

Mehrkampf-WM als Alternative?

Eine Leichtathletik ohne Zehnkampf könne er sich nicht vorstellen. Dafür aber andere Innovationen. Eine Mehrkampf-WM zum Beispiel: Ein Event von den Jugend- bis hin zu den Aktivenklassen mit Teamwertungen, bei dem nur die Allrounder im Mittelpunkt stehen und bei dem – anders als jetzt bei den größten Mehrkampf-Meetings in Götzis (Österreich) und Ratingen – auch internationale Medaillen vergeben werden. 

Es dürfte eine Idee sein, die auch Paul Meier gefallen könnte. „Es geht mir doch nicht primär um einen Achtkampf. Mir geht es darum, dass wir uns aktiv damit beschäftigen, wie wir die Zukunft unserer Sportart sichern können und die Attraktivität steigern können“, erklärte er in einem <link http: zehnkampfteam.de news news-detailansicht tx_news mir-geht-es-darum-wie-wir-die-zukunft-unsere-sportart-sichern-und-ihre-attraktivitaet-steigern-koennen _blank link zum interview beim>Interview auf den Seiten des Zehnkampf-Teams.

Dafür, dass neue Ideen demnächst wieder gemeinsam diskutiert, abgewogen und dann auch vertreten werden, will sich Idriss Gonschinska einsetzen. „Ich sehe mich für den Moderationsprozess in der Verantwortung“, erklärte er. 

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