Adam Gemilis Ehrgeiz ist geweckt
Adam Gemili – dieser Sprinter wurde nicht umsonst Großbritanniens Nachwuchsathlet des Jahres. Gerade einmal 20 Jahre alt, hat sich das britische Talent seinen Platz in den Geschichtsbüchern schon gesichert. Der Youngster wechselte erst vor knapp zwei Jahren vom Fußball zur Leichtathletik – und lief bei seiner ersten WM neben Usain Bolt im 200-Meter-Finale auf Anhieb als Fünfter ins Ziel.
Es ist ein Anzeichen dafür, wie weit Adam Gemili in seiner noch jungen Sprintkarriere bereits gekommen ist. Nachdem er beim Diamond League Meeting in Zürich (Schweiz) die zweitschnellsten 100 Meter seines Lebens gelaufen war, kritisierte er sich selbst stark für sein „Müll-Rennen“. Er wurde Achter in einem Feld, das Usain Bolt (Jamaika) dominierte.10,06 Sekunden standen für ihn im Ziel zu Buche – eine mehr als beachtliche Zeit und nur eine Hundertstelsekunde über seiner bisherigen Bestleistung, mit der er 2012 den U20-WM-Titel gewonnen hatte. Doch das war eben nicht gut genug für Adam Gemili. „Ich bin buchstäblich direkt aus dem Block gefallen“, bemängelte der U23-Europameister über 100 Meter damals. „Ich glaube, wenn ich einen guten Tag erwischt hätte, hätte ich unter 10 Sekunden laufen können.“
Club der 9-Sekunden-Sprinter
Zu gerne wäre er seinem Landsmann James Dasaolu in den Club der „Unter-10-Sekunden-Sprinter“ gefolgt. Große Ziele für einen Athleten, der erst seit einem Jahr der Erwachsenen-Klasse angehört. Und noch viel mehr für einen, der erst vor knapp zwei Jahren vom Fußball zur Leichtathletik wechselte – und noch im selben Jahr bei der U20-EM Silber über 100 Meter und mit der britischen Sprint-Staffel holte.
„Nachdem ich im vergangenen Jahr mit nur sechs, sieben Monaten Vorbereitungszeit 10,05 Sekunden gelaufen bin, sehe ich nicht, warum ich nicht eines Tags auch unter 10 Sekunden laufen können soll“, sagt Großbritanniens Nachwuchs-Athlet des Jahres jetzt. „Ich muss einfach weiterhin so sprinten, wie ich das eben tue und dann werde ich hoffentlich eines Tages die Ziellinie überqueren und eine 9,9 auf der Anzeigetafel sehen. Das wäre toll.“
Zweiter Brite unter 20 Sekunden
Die Ansprüche des jungen Athleten kommen nicht von ungefähr - sie wuchsen mit dem Erfolg. Der Ehrgeiz, weitere schnelle Zeiten zu laufen, wurde spätestens bei der WM in Moskau (Russland), seinem internationalen Debüt bei den „Großen“, geweckt.
Dort schrieb der damals 19-Jährige Geschichte. In seinem WM-Halbfinale sprintete er 19,98 Sekunden – und zog als Zweitschnellster der Halbfinal-Läufe noch vor Usain Bolt (Jamaika) ins Finale ein. Adam Gemili ist erst der zweite Brite, der über 200 Meter unter 20 Sekunden blieb. Bestzeiten von unter 20 Sekunden über 200 und unter 10 Sekunden über 100 Meter kann bisher noch kein Brite aufweisen.
Usain Bolt gab im Callroom Tipps
Klar, dass dieses Ausnahmetalent in Moskau auch der Konkurrenz auffiel. Als er sich im Callroom auf das erste WM-Finale seines Lebens vorbereitete, erhielt der Brite Ratschläge von einem, der wissen muss, wie man schnell sprintet: Usain Bolt. Scherzhaft hatte der Doppel-Weltmeister ihn gefragt, was er im Callroom des 200-Meter-Finales zu suchen habe, er sei doch ein 100-Meter-Spezialist?
Doch dann nahm der Sprintkönig dem Nachwuchstalent die Angst vor dem kommenden Rennen. „Er sagte, ich solle es einfach genießen und von der Erfahrung der anderen Sprinter profitieren“, sagte Adam Gemili später.
Sein Vorteil: mentale Stärke
Inzwischen ist er auch mental in den Reihen der besten Sprinter der Welt angekommen. Ein Jahr zuvor noch wäre er von so vielen Stars um sich herum abgelenkt gewesen, gibt Adam Gemili zu. Aber seit seinem Durchbruch in Moskau (Russland) sei das die Art von Gesellschaft, in die er gehöre. „Ich denke, dass ich mein Recht hier zu sein verdient habe, weil ich respektable Zeiten gelaufen bin. Dennoch ist es immer noch eine große Ehre für mich, gegen sie anzutreten“, sagte er.
„Das Finale in Moskau zu erreichen und als Fünfter zu beenden, hat mir einen unglaublichen Schub Selbstbewusstsein gegeben. Jetzt muss ich in meine Fähigkeiten vertrauen und darauf, dass ich in die Gruppe dieser Jungs gehöre.“
John Regis, britischer Rekordhalter über 200 Meter, glaubt fest daran, dass der 19-Jährige seinen Rekord von 19,87 Sekunden aus dem Jahr 1994 brechen wird. „Ich mag Adam Gemilis Einstellung. Er rennt jedes Rennen wie ein Finale. Er ist so jung und furchtlos, ich glaube nicht einmal, dass er vor Usain Bolt Angst hat“, sagt John Regis. „Ich weiß, dass mein britischer Rekord von diesem Jungen geklaut werden wird. Falls er den bricht, bin ich der Erste der aufsteht und ihm gratuliert.“
Neue Trainingsgruppe, neue Reize
Mit dem Wechsel der Trainingsgruppe sind die Weichen für 2014 gelegt. Ab sofort trainiert der WM-Finalist zusammen mit seinem Landsmann und Disziplinkollegen James Dasaolu unter Steve Fudge im britischen Loughborough.
James Dasalou schaffte 2013 bei den britischen Meisterschaften in 9,91 Sekunden den Durchbruch, wurde damit zweitschnellster Brite der Geschichte über 100 Meter – und hatte mit seinem neuen Trainingspartner Adam Gemili einen an seiner Seite, der sich mit ihm freute.
„Usain Bolt und Yohan Blake trainieren zusammen und sie sind die schnellsten Jungs der Welt. Also glaube ich, dass es nicht so schlecht sein kann, wenn James und ich zusammen trainieren“, sagte Gemili.
Positives Zeichen für britischen Sprint
Adam Gemili glaubt, dass es nationalen Szene nur gut tut, wenn die zwei größten Konkurrenten zusammen trainieren. „Für den britischen Sprint ist es gut, dass James schon eine neun vor dem Komma stehen hat. Hoffentlich werden wir noch mehr Briten sehen, die an diese Marke heransprinten und sie schließlich unterbieten“, sagt er. „Wenn wir weiter so arbeiten und uns entwickeln, weiß ich nicht, warum wir in ein paar Jahren nicht drei Briten in den 100- und 200-Meter-Finalläufen haben könnten, so wie die Jamaikaner.“
Große Vorhaben, für einen Athleten, der gerade erst am Anfang einer aussichtsreichen Karriere steht – und jetzt schon Pläne für die Zeit danach schmiedet: „Wenn ich meine Sprint-Karriere beendet habe, mache ich vielleicht einen Halbmarathon und eines Tages würde ich gerne einen Marathon laufen.“ Der Hunger des jungen Athleten ist noch lange nicht gestillt.