Adi Zaar - „Gewisse Bescheidenheit tut gut“
Adi Zaar ist seit Juli im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) als Teamleiter Lauf im Nachwuchsbereich aktiv. Der 45-Jährige bringt dabei seine Erfahrung als Betreuer der deutschen Basketball-Nationalmannschaft ein und legt deswegen großen Wert auf den Teamgedanken im Sport. „Man muss seine Stärken in ein Team einbringen, um Erfolg zu haben“, sagt Adi Zaar im Interview.
Kurz bevor die deutsche Basketball-Nationalmannschaft die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking (China) geschafft hat, haben Sie Ihren Job als Teambetreuer gegen ihren neuen Job als DLV-Teamleiter Lauf eingetauscht. Schlechtes Timing, oder nicht?Adi Zaar:
Natürlich war es schade, dass ich nicht mit in Peking war. Aber die Freude auf meine neue Aufgabe hat überwogen. Bei meinem letzten Länderspiel in Berlin, das deutsche Team traf auf Polen, bin ich rührend verabschiedet worden. Die Basketballer werden auch immer „meine Jungs“ bleiben, und ich habe mich riesig über deren Qualifikation für die Sommerspiele gefreut. Es wären aber ohnehin nicht meine ersten Olympischen Spiele gewesen - 1992 war ich mit dem Nationalteam in Barcelona.
Wie sind Sie zu Ihrer neuen Aufgabe im Deutschen Leichtathletik-Verband gekommen?
Adi Zaar:
In der Vergangenheit bin ich immer zweigleisig gefahren. Neben meinen Jobs als Betreuer des Basketball-Nationalteams und der Bayer Giants Leverkusen (ehemaliger Erstligaklub, d. Red.) habe ich eine Leichtathletik-Gruppe beim TSV Bayer 04 Leverkusen trainiert. Im Sommer 2007 haben mich Jürgen Mallow (damaliger DLV-Cheftrainer, d. Red.) und Henning von Papen (Disziplintrainer Mittelstrecke, d. Red.) gefragt, ob ich mir ein Engagement im Leichtathletik-Verband vorstellen könne. Natürlich konnte ich, schließlich war es immer mein Traum, als hauptamtlicher Trainer zu arbeiten. Die Gespräche wurden konkreter, seit Anfang Juli arbeite ich jetzt als Teamleiter.
Was kann man sich unter dem Terminus „Teamleiter Lauf Nachwuchs der Altersgruppen U18 bis U23“ konkret vorstellen?
Adi Zaar:
Beispielsweise helfe ich momentan einigen Athletinnen und Athleten bei der Umsetzung einer dualen Karriereplanung. Das heißt, dass ich sie dabei unterstütze, Sport und Ausbildung miteinander zu vereinbaren. Ich führe Gespräche mit Schulen, Universitäten oder Ausbildungsstätten und stoße dabei zum Glück auf offene Ohren. Dazu greife ich den Bundestrainern unter die Arme, wenn es um Organisation und Planung geht. Und ich betreibe viel Kontaktpflege, reise zu den Athleten an die Standorte und zu den Wettkämpfen und repräsentiere dort den DLV. Ein persönliches Gespräch ist mir ja immer lieber als nur der Telefonhörer.
Was sind Ihre Wünsche und Ziele als Teamleiter?
Adi Zaar:
Zunächst wünsche ich mir, dass die Bundestrainer und ich ein gutes Team bilden. Als solches verstehen wir uns ja auch. Wir wollen die Drop-out-Quote - also die Anzahl an Leichtathleten, die ihre Karriere im Juniorenalter beenden - verringern. Da sieht es im Laufbereich gerade düster aus. Außerdem müssen wir auf internationaler Ebene mehr Präsenz zeigen und es in die Endläufe schaffen. Mit Antje Möldner, Carsten Schlangen und Sabrina Mockenhaupt konnten sich in diesem Jahr drei Athleten bei den Olympischen Spielen positiv in Szene setzen. Ich denke aber, zehn bis 15 Starter aus Deutschland auf den Distanzen zwischen 800 Meter und Marathon sind bei internationalen Großereignissen durchaus realistisch.
Kommt Ihnen Ihre eigene Sportkarriere als Hochspringer bei Ihrer neuen Aufgabe zu Gute?
Adi Zaar:
Na ja, ich bin zwei Meter hoch gesprungen und war nie in der nationalen Spitze. Allerdings habe ich von meinen Trainern das gelernt, auf was es im Sport ankommt: die harte Arbeit, der Teamgedanke und das Fairplay. Das möchte und kann ich nun weitergeben.
Als Heimtrainer des Junioren-Europameisters über 800 Meter, Robin Schembera, sowie von Annett Horna, Sabrina Buchrucker und Lena Klaassen sind Sie ja bereits ganz schön eingespannt. Inwiefern lässt sich das mit Ihrem neuen Job vereinbaren?
Adi Zaar:
Da haben Sie recht. Eine 60- bis 70-Stunden-Woche bekomme ich locker hin. Die Verbandstermine haben aber Vorrang. Mein Leben besteht aus Sport, so habe ich mir das eben rausgesucht.
Gibt es denn keine Konflikte zwischen Ihrer Rolle als Heimtrainer und Ihrer Aufgabe als Teamleiter im Verband?
Adi Zaar:
Ich denke, dass ich totale Neutralität bewahren werde. Meine Arbeit mit den Läuferinnen und Läufern in Leverkusen lege ich übrigens offen. In unser Training kann jeder Einblick haben.
Sie sagten einst: „Wir müssen den Teamgedanken noch mehr in die Leichtathletik transportieren.“ Wie soll das in der Praxis ausschauen?
Adi Zaar:
Die Leichtathletik ist kein Mannschaftsport, das ist klar. Athleten müssen auch mal egoistisch ein. Allerdings bin ich prinzipiell für einen Mix aus Teamsport- und Individualsportprozessen. In Leverkusen haben wir ein Stützpunktpartnertraining mit dem LC ThüringenGas Erfurt aufgebaut. Wir tauschen uns aus, statten uns gegenseitige Besuche ab und bündeln die Kräfte. Robin Schembera und der Erfurter Sebastian Keiner trainieren gemeinsam und pushen sich gegenseitig. Sie bilden ein Team, wenn auch ein kleines. Dieses Konzept will ich 2009 weiter ausbauen, damit alle Kaderathleten davon profitieren.
Was können denn die Leichtathleten noch von den Basketballern lernen?
Adi Zaar:
Dass man seine Stärken in ein Team einbringen muss, um Erfolg zu haben. Nehmen wir Dirk Nowitzki als Beispiel: Obwohl er mit Abstand der beste deutsche Basketballspieler ist, ist er ein echter Teamspieler. Auf dem Platz passt er wie selbstverständlich zum besser postierten Mitspieler. Und wenn das Hotel mal keine vier Sterne hat, nörgelt er nicht rum und verlangt ein schöneres Zimmer, nur weil er der Star ist. Ich denke, den Leichtathleten tut eine gewisse Bescheidenheit auch gut, ohne dass sie dabei ihr Ego aufgeben müssen.