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Aikan Graham tritt in große Fußstapfen

Er stand zuvor nie in einer DLV-Bestenliste und zunächst auch nicht im Meldeverzeichnis für die U23-DM. Umso mehr sorgte Aikan Graham am Wochenende in Wetzlar für Aufsehen. Der Sprössling prominenter Eltern ist in Austin (Texas) beheimatet, hat sich kurzfristig aber dem LAC Erdgas Chemnitz angeschlossen – um an der U23-EM teilzunehmen. Das Ziel verfehlte der 21-Jährige zwar, eine Zukunft im DLV-Trikot scheint aber trotzdem nicht ausgeschlossen.
Harald Koken

Er galt buchstäblich als unbeschriebenes Blatt und hätte bei der U23-DM in Wetzlar allzu gerne Tabula rasa gemacht, also alle Mitbewerber hinter sich gelassen und das Ticket zur U23-EM gelöst. Aber: An Gold und Silber preschte Aikan Graham knapp vorbei, an der DLV-Norm für das kontinentale Junioren-Championat ebenfalls. Dennoch sorgte der 21-Jährige für Gesprächsstoff, denn er setzt sozusagen eine Familientradition fort.

Vater Winthrop Graham (Jamaika), 1991 WM- und 1992 Olympia-Zweiter, darf zweifelsohne als Langhürden-Legende bezeichnet werden. Sein Hausrekord steht seit 1993 bei 47,60 Sekunden. Mutter Yvonne Mai startete für den SC Neubrandenburg und hatte 1989 ihr bestes internationales Jahr. Da wurde sie in der Halle WM-Zweite und EM-Dritte. Die Bestzeiten: 800 Meter 1:58,32 min, 1.500 Meter 4:01,84 min, 3.000 Meter 8:37,07 min, 5.000 Meter 15:07,91 min.

Sächsischer Dialekt

Die heute 49-Jährige, aufgewachsen im sächsischen Erdmannsdorf, wurde im Sommer 1990 bei der Gala nach dem „Olympischen Tag“ im Berliner Palasthotel vom flotten Jamaikaner umschwärmt. Sie heirateten und ließen sich in Austin nieder. Am 5. Juli 1993 kam Sohn Aikan zur Welt. „Soccer, Theater und Xbox“, gibt er als besondere Interessenschwerpunkte an – in stark sächsisch  geprägtem, aber fließendem Hochdeutsch.

„Als ich klein war, hat meine Mutter nur Deutsch mit mir gesprochen. Und der Dialekt färbt ab“, so die Erklärung. Und: „Ich bin häufig im Sommer in Deutschland gewesen und in Sachsen sogar zur Schule gegangen.“

Zur Leichtathletik fand er mit 13 und absolvierte zunächst ein breitgefächertes Grundlagentraining. Die persönliche Bestzeit über 400 Meter Hürden steht seit dem letzten Monat bei 51,14, die DLV-Mindestleistung für einen Start bei der U23-EM bei 51,00 Sekunden. „Da das nicht geklappt hat, fliege ich am Donnerstag wieder nach Hause”, demonstriert Aikan Graham Gelassenheit.

Start für Deutschland möglich

Eine Zukunft im DLV-Trikot scheint dennoch nicht ausgeschlossen, auch wenn er drei Staatsangehörigkeiten besitzt. „International wird er bisher für die USA geführt. Aber er hat noch keinen Einsatz für den US-amerikanischen Verband, könnte sich also noch für Deutschland entscheiden“, erklärt Manfred Mamontow, beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) stellvertretender Referatsleiter Veranstaltungsmanagement und Wettkampforganisation.

Der Start in Wetzlar wurde möglich, weil der DLV die für seinen US-Klub gelaufene Zeit als Norm anerkannte – und der LAC Erdgas Chemnitz ihn als Mitglied aufnahm. „Da habe ich mich eineinhalb Wochen vor dem Wettkampf in Wetzlar angemeldet“, so Aikan Graham, der daheim Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Personalmanagement studiert. Den Kontakt zu LAC-Geschäftsführer Thomas Schönlebe, 1987 Weltmeister über 400 Meter, brachte die Mutter auf den Weg – und sorgte somit dafür, dass ihr Sohn hierzulande nun kein unbeschriebenes Blatt mehr ist.

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