Aileen Herrmann will den Sprung schaffen
Aileen Herrmann hat schon mal gedanklich finnischen Boden betreten, mit einem Bein und ganz vorsichtig. Für die noch 17-jährige Hochspringerin liegt eins von drei Tickets für die Junioren-Europameisterschaft Ende Juli in Tampere bereit, nachdem sie in Garbsen und Zweibrücken die 1,82 Meter überspringen, auf dem kleinen Exerzierplatz in der Rosenstadt sogar eine neue persönliche Bestleistung mit 1,84 Meter aufstellen konnte.
Aileen Herrmann nimmt Kurs auf Tampere (Foto: Gantenberg)
Fest rechnet nun die junge Erfurterin damit, dass sich Ariane Friedrich und Annabella Scherer höhenmäßig zu ihr gesellen und der heiße Tanz um die prestigeträchtigen Plätze und Platzierungen gerade erst begonnen hat. Spätestens bei der Vergabe der A-Jugendmeisterschaft in Fulda soll es hoch hergehen. "Da ist das letze Wort noch nicht gesprochen. Mal sehen, wer das Rennen macht." Vorteil Erfahrung
Einen kleinen Vorteil kann die deutsche A-Jugendmeisterin des letzten Jahres für sich verbuchen, denn sie hat durch die Teilnahme an der Junioren-Weltmeisterschaft auf Jamaika enorm an Erfahrung gewonnen. "Nach so einem Wettkampf wird man ruhiger", ist sie überzeugt und verweist auf die schönste aber auch schwierigste Herausforderung in ihrer Karriere.
"Die Jamaikaner sind da mit einer Euphorie herangegangen, das ganze Stadion hat gebebt", bekommt sie noch heute eine Gänsehaut, "die Reggae–Musik hat einen allerdings ganz schön rausgebracht." Beim Einspringen stand sie völlig neben sich und bescherte ihrer Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen ein paar graue Haare. Mit einem siebten Platz erfüllte sie dann schließlich doch die Erwartungen.
Stagnation, wie während der Hallensaison, dafür ist die selbstbewusste Schülerin überhaupt nicht zu haben. Dann setzt sie schon mal selbst Akzente im Training und verblüfft ihren Coach Konrad Ackermann mit neuen Ideen.
Dafür liest sie Bücher, die sich mit ihrer Sportart beschäftigen, fragt viel oder versucht Übungen ins Training einfließen zu lassen, die sie auf Lehrgängen gelernt hat. "Ich habe das Talent zum Trainerberuf", verrät sie recht überzeugend und liebäugelt schon mit einem Sportstudium nach erfolgreich absolviertem Abitur in zwei Jahren.
Kajsa Bergqvist als Vorbild
Ihr großes Vorbild ist Kajsa Bergqvist, "weil die am höchsten springt." Beim Trainingslager an der Côte d'Azur hätte sie gerne mal einen Blick ins Stadion von Monaco geworfen, um ihr Idol beim Training zu beobachten. Aber dafür fehlte die Zeit. So musste sie Vorlieb mit der Website der Europameisterin von München nehmen, um ihren Hunger an neuen Ideen zu stillen. Nicht mehr lange, dann kann die erfolgreiche Schwedin einen Gegenbesuch abstatten, denn im Rahmen eines Schulprojektes arbeitet die Sportgymnasiastin eifrig an ihrer eigenen Homepage.
Angefangen hat die gebürtige Mühlhausenerin vor etwa zehn Jahren mit der Leichtathletik. Zuerst beim SV 1899 Mühlhausen. Da trainierte sie unter Peter Grünenberg, dem Entdecker von Elena Herzenberg. "Die beiden letzten Jahre ging es dann ganz schön drunter und drüber", beschreibt sie ihre Wechselrallye zuerst zur LG Ohra Hörsel und schließlich zum Erfurter LAC. Hier stimmen jetzt die Bedingungen für die aufstrebende Hochspringerin, die ihren Alltag mit "Schule-Training-Schule-Training ..." beschreibt, "eigentlich lebe ich so ziemlich für meinen Sport und für die Schule." Einmal in der Woche schaut Teamleiter Dr. Wolfgang Killing vorbei und sie feilen gemeinsam an ihrer Hochsprungtechnik.
Anschluss an die deutschen Spitze halten
Geschockt war sie im Februar, als ihre Freundin Melanie Skotnik zum Höhenflug auf 1,97 Meter ansetzte. "Natürlich habe ich mich auch für sie gefreut, denn sie hat es verdient, aber ich war gerade dabei Anschluss zu finden", erinnert sich Aileen Hermann, "jetzt stehen da 1,97 Meter und die anderen haben gleich nachgezogen." Aber man sollte nicht denken, dass die zielstrebige Athletin jetzt den Kopf hängen lässt: "In drei bis vier Jahren möchte ich auch diese Höhe springen."
Da hilft manchmal auch eine kleine Wette unter Kolleginnen. So meinte sie in Garbsen zu Daniela Rath: "In Zweibrücken springst du 1,95 und ich die 1,85 Meter." Am Ende war die Leverkusenerin auf 1,97 Meter davon geeilt und für Aileen Herrmann standen "nur" 1,84 Meter in der Ergebnisliste.
Eine Enttäuschung? Keineswegs, denn die forsche Athletin hat (noch) andere Ziele, als die jetzt für die Weltmeisterschaft in Paris qualifizierte Daniela Rath. Zu weit soll sich die deutsche Spitze allerdings nicht von ihr entfernen, dafür will sie schon am Wochenende beim Hochsprungmeeting in Sinn sorgen.